Den Keimen keine Chance lassen

Thermisches Spritzen schützt wirksam Spritzdüsen und Ventile in der Lebensmittelindustrie vor unerwünschten Verunreinigungen und Verschleiß

Vielfalt zeichnet den Maschinenbau aus und ebenso das thermische Spritzen. Dank der zahlreichen Kombinationsmöglichkeiten von Werkstoffen findet fast jede technische Herausforderung innerhalb einer Maschine mittels einer thermischen Spritzschicht ihre Lösung.

 

Oberflächenrauigkeitsmessung an Wellenhülse
Oberflächenrauigkeitsmessung an Wellenhülse für Dichtungsbereich (Bild: rhv)

Verpackung und Hygiene spielen in der Lebensmittelindustrie eine besonders wichtige Rolle. Hier eingesetzte Materialien müssen nicht nur lebensmittelecht und widerstandsfähig gegen Säuren, Laugen und heiße Dämpfe sein. Sie müssen sich auch einfach reinigen lassen. Diese Bedingungen erfüllen Bauteile aus Hochleistungskeramiken. Sie bieten hervorragende Hygieneeigenschaften und werden vor allem an schwer zugänglichen Stellen von Lebensmittelanlagen eingesetzt. Zumeist sind dies Ventile oder Dichtungen, die sich nur mit sehr hohem Aufwand reinigen und von Keimrückständen befreien lassen. Für die Hersteller von Lebensmittelprodukten ist dies eine große Herausforderung, denn nirgendwo in der Industrie ist Hygiene so wichtig wie in der Lebensmittelindustrie und in der ihr zugeordneten Verpackungstechnik. Die verarbeitenden Unternehmen erwarten von den Lieferanten ihrer Produktionstechnik daher Produkte, die sich leicht reinigen lassen, antimikrobiell sind und gleichzeitig die Lebensmittel nicht verunreinigen.
Die Lösung heißt hier: antimikrobielle Keramik. Ihr Einsatz hilft Schimmel und die Ansammlung von Keimen bereits im Ansatz zu vermeiden. Eine weitere Herausforderung ist die Reinigung der Anlagen. Der VDMA schätzt den zeitlichen Anteil der Reinigung in der Lebensmittelproduktion auf 20 bis 30 Prozent. Damit macht die Reinigung der Anlagen einen erheblichen Anteil der für die Produktion zur Verfügung stehenden Zeit aus. Da eine Reinigung nur durch eine Demontage der Systeme erfolgen kann, sind Ventile und andere unzugängliche Stellen in der Regel das schwächste Glied in der Kette.

Drahtflammgespritzte Karbidschicht
Drahtflammgespritzte Karbidschicht ohne mechanische Nachbearbeitung (Bild: rhv)

Die Reinigung der Anlagen optimieren

Die Grundlage, um Reinigungsabläufe optimieren zu können, bilden Komponenten, die erst gar nicht verschmutzen können oder in denen sich keine Keime festsetzen. Glatte Oberflächen mit Rauigkeiten unter 0,8 Mikrometern gehören ebenso dazu wie totraumfreie Konstruktionen und Anlagen, die vollständig leerlaufen. Keramik wird in verschiedenen Komponenten von Spritzdüsen bis hin zu Ventilen eingesetzt. Vor allem im Inneren der Anlagen sind Keramiken nach wie vor der Werkstoff Nummer eins. Um die Reinigung zu optimieren und an die Anforderungen anzupassen, hilft ebenfalls der Einsatz antimikrobieller Keramik.
Wichtig ist auch, dass keramische Verschleißschutzschichten beispielsweise Wellenabsätze oder Kolbenstangen für Rührwerke oder Mischanlagen oder die Dichtflächen von Pumpen für Flüssigkeiten, beständig sind. Denn die Hauptbelastung für thermisch gespritzte Beschichtungen in der Lebensmittelindustrie liegt im abrasiven Verschleiß. Die genannten Maschinenkomponenten liegen häufig in „Totzonen“, welche vor allem während des Betriebs der Anlage nur schlecht überwacht oder gereinigt werden können. In Einzelfällen muss die Komponente sogar ausgebaut werden. In der Regel wird in einem solchen Fall eine Ersatzkomponente in der Reinigungsphase eingebaut, um Standzeiten zu minimieren. Viele der verwendeten Reinigungsmittel (etwa Hypochlorid oder quartäre Ammoniumverbindungen) sind in Hinblick auf die Umweltverträglichkeit bedenklich. Denn Lebensmittel müssen letztlich hygienisch einwandfrei und frei von unerwünschten Rückständen durch Reinigungs- und Desinfektionsmittel sein.
Das thermische Spritzen bietet ein noch nicht genutztes Potential, antimikrobielle Beschichtungen für hochbeanspruchte Komponenten zu realisieren. Das hat auch die rhv-Technik beschäftigt. Das Unternehmen trägt mit seinem Wissen um das thermische Spritzen und der mechanischen Bearbeitung dazu bei, Verschleiß, Korrosion, Antihaftbedingungen, Fördermöglichkeiten oder elektrische Leitfähigkeit in den Griff zu bekommen und Maschinen zu High-End-Geräten werden zu lassen.

Verteilerwelle mit Chromoxid-Beschichtung
Verteilerwelle mit Chromoxid-Beschichtung im Plasmaverfahren schleifend nachbehandelt (Bild: rhv)

Die verborgenen Talente thermischen Spritzens

Das Unternehmen zeigt auf der Surface Technology im Juni in Stuttgart, wie es die oben genannten Probleme löst. Es präsentiert dort eine verschleißbeständige Keramikschicht mit antimikrobieller Wirkung, die beispielsweise für Dichtsysteme in der Lebensmitteltechnik bereits hervorragende Ergebnisse erzielt hat. Kern der Neuerung ist die Erkenntnis, dass das thermische Spritzen ein noch nicht genutztes Potential bietet, antimikrobielle Beschichtungen für hochbeanspruchte Komponenten zu realisieren.
Thermische Spritzprozesse sind „Verfahren, bei denen Spritzzusätze innerhalb oder außerhalb der Spritzpistole / des Brenners bis zum plastischen oder geschmolzenen Zustand aufgeheizt und dann auf eine vorbereitete Oberfläche geschleudert werden“ (DIN EN ISO 14917:2017, [9]). Die auf der Oberfläche auftreffenden Spritzzusatzpartikel formen eine Schicht auf der Oberfläche. Deren Schichtdicke kann eine hohe Bandbreite erreichen: von wenigen Mikrometern (≈ 20 μm) bis hin zu mehreren Millimetern (≈ 2-3 mm). Die Wahl der thermischen und kinetischen Energiequelle ist sehr vielfältig: Es können wahlweise ein Plasma, eine Verbrennungsflamme, ein Lichtbogen, ein Laser, eine Explosion oder ein erwärmtes Gas genutzt werden. Auch bei den Spritzzusätzen gibt es zahlreiche Möglichkeiten: Sie können als Stab, Draht, Suspension oder Pulver vorliegen. Die gängigste Form stellt das konventionelle Spritzpulver dar.

 

Fördertopf beschichtet mit Hartmetall-Oberfläche „as sprayed“.
Fördertopf beschichtet mit Hartmetall-Oberfläche „as sprayed“ (Bild: rhv)

Für alle Werkstoffe geeignet

Ein großer Vorteil thermischer Spritzverfahren beruht auf der Flexibilität des atmosphärischen Beschichtungsprozesses. Mittels angepasster thermischer Spritzverfahren können nahezu alle Substratmaterialien (Metalle, Keramiken, Glas, Holz, Kunststoffe) mit nahezu beliebigen Werkstoffen und Werkstoffkombinationen beschichtet werden. Verschiedenste Beschichtungen aus Metallen, Keramiken, Cermets und Kunststoffen sind industriell etabliert. Aufgrund des hohen Freiheitsgrades bei der Auswahl und Kombination von Substrat- sowie Schichtwerkstoff finden thermisch gespritzte Beschichtungen in verschiedensten industriellen und kommerziellen Einsatzgebieten Verwendung. Thermische Spritzschichten lassen sich spritzrau oder mechanisch bearbeitet verwenden. Durch eine anschließende mechanische Bearbeitung mittels Drehens oder Schleifens lassen sich hochgenaue und anwendungsbezogen definierte Maßtoleranzen und Oberflächengüten erzeugen. Durch die Entwicklung einer speziellen antimikrobiellen thermischen Spritzschicht konnte rhv-Technik die Bandbreite dieser vielfältigen Technologie um ein Vielfaches steigern und damit neue Einsatzmöglichkeiten in der Lebensmitteltechnik eröffnen. Das Unternehmen entwickelt gemeinsam mit seinen Kunden passgenaue Lösungen.

Rybak + Hofmann rhv-Technik GmbH & Co. KG
www.rhv-technik.de