Schichtcharakterisierung von diamantähnlichen Beschichtungen (DLC, ta-C) von ANTACON

Relevant für: Nanoindentation, DLC-Schichten

Das UNHT3 Ultra-Nanoindentationsgerät mit der patentierten Oberflächenreferenzierung (Bilder und Grafiken: Anton Paar)

Durch Kombination des Laser-Abscheidungsverfahrens mit dem Laser-Temperprozess ist es der ANTACON GmbH aus Mittweida gelungen, extrem harte DLC-Schichten mit geringen inneren Spannungen herzustellen. Mit Hilfe der Ultra-Nanohärteprüfung von Anton Paar können die mechanischen Eigenschaften dieser Schichten quantitativ analysiert werden. Es wurden Eindringhärten bis zu Hit = 61GPa gemessen.

 

1 Herstellung der Hochleistungs- beschichtungen von ANTACON

1.1 Motivation

Im industriellen Umfeld entstehen ökonomische Verluste durch Verschleiß, welcher direkt und/oder indirekt Kosten verursacht. Maßgebliche Faktoren sind hier bspw. kostenintensive Neuanschaffungen, notwendige Überarbeitungen, Produktionsausfälle und Wartungskosten. Der jährliche wirtschaftliche Schaden wird allein in Deutschland auf ca. 2 - 7 % des BIP geschätzt. Neben den ökonomischen Aspekten spielen für produzierende Unternehmen zunehmend auch ökologische Faktoren eine zentrale Rolle. So werden etwa 23 % des weltweiten Energieverbrauchs durch tribologische Kontakte verursacht. Die Einführung fortschrittlicher tribologischer Technologien kann die globalen CO2-Emissionen kurzfristig um bis zu 1.460 Mio. Tonnen CO2-Äquivalent reduzieren [KHOL]. ANTACON sieht ihre Innovation als Teil dieser neuen Technologien, um damit einen Beitrag zu einer nachhaltigeren Wirtschaft zu leisten.

Aufgrund unsicher gewordener Lieferketten und stetig steigender Rohstoffkosten durch disruptive Ereignisse hat die Industrie ein großes Bedürfnis nach zuverlässigen Werkzeugen und Maschinen­komponenten, welche die Prozesssicherheit in den Produktionsketten erhöhen und Ausfallzeiten sowie die Wiederbeschaffungskosten minimieren. So kommt es nicht selten vor, dass bspw. nicht das verschlissene Werkzeug der Hauptkostenverursacher ist, sondern der dadurch entstehende Produktionsausfall bei Werkzeugwechsel oder ein zu hoher Anteil an Ausschuss während der Produktion. Der Anwender profitiert direkt sowie indirekt durch die Verwendung von superharten Hochleistungsbeschichtungen und erreicht dadurch gegenüber seinen Marktbegleitern einen Wettbewerbsvorteil. So kann z.B. ein Automotive-Zulieferer durch den Einsatz von anwendungsspezifisch designten ANTACON-Beschichtungen die Standzeit seiner Werkzeuge und Komponenten deutlich verlängern und dadurchsignifikant seine Kosten und Ausfallzeiten reduzieren.

1.2 Herstellung von spannungsfreien DLC- Beschichtungen

In der Beschichtungstechnologie wird für Dünnschichten die Schichthärte als Eindringhärte (HIT) in Gigapascal (GPa) angegeben. Die betrachtete Härteskala reicht dabei von 0 bis 100 GPa, wobei das Maximum der Härte des Diamanten entspricht. Konventionelle Verschleißschutzschichten weisen Eindringhärten von oft weniger als 25 GPa auf. Unter Verwendung spezieller Verfahren ist es möglich, kohlenstoffbasierte Schichten zu erzeugen, die aufgrund ihrer Zusammensetzung, Morphologie und schlussendlich der daraus  resultierenden Eigenschaften, dem Diamanten ähneln. Solche Schichten werden DLC (abk. Diamond-Like Carbon) genannt und werden schon seit vielen Jahren in industriellen Anwendungen eingesetzt.

Ein besonderer Vertreter der DLC-Schichten ist tetraedrisch amorph gebundener wasserstofffreier Kohlenstoff (ta-C). Dessen Eingruppierung ist im ternären Phasendiagramm (vgl. Abbildung1) für DLC- Schichten dargestellt, wobei  sich seine herausragenden Eigenschaften, wie z.B. superhart, verschleiß-  und  reibungsmindernd, korrosionsbeständig etc. aus dem über 60 % hohen Anteil von sp3-hybridisiertem Kohlenstoff ergeben. Aufgrund bisher bestehender Herausforderungen bei der Herstellung von ta-C Beschichtungen werden diese oft nur bis zu einer max. HIT von ca. 45 GPa und einer max. Schichtdicke von 1 pm bis 1,5 pm angeboten. Ursache   dafür sind hohe kompressive Schichteigenspannungen, die sich während der Schichtzeugung aufbauen. Da Schichthärte und Schichteigenspannungen miteinander korrelieren, muss bei bisher etablierten Herstellungsverfahren ein Kompromiss zwischen Schichthärte und daraus resultierenden Schichteigenspannungen und der dadurch maximal möglichen Schichtdicke eingegangen werden. Andernfalls führen die Eigenspannungen dazu, dass superharte DLC- Beschichtungen bereits bei Schichtdicken von weniger als 1 pm tendenziell delaminieren und/oder mechanisch instabil sind, was deren Anwendungsfähigkeit stark einschränkt.

Dieses Problem konnte durch die Innovation der ANTACON GmbH gelöst werden. ANTACON nutzt eine patentierte Technologie, die es ermöglicht, superharte und gleichzeitig spannungsfreie DLC- Schichten (ta-C) mechanisch stabil zu erzeugen. In Abbildung 2 ist anschaulich der Beweis mittels Rockwell-Eindringprüfung gezeigt. Die so erzeugte Kalotte in der ta-C Beschichtung (vgl. Abbildung2, unten) weist durch Reduktion der Schichteigenspannungen vergleichend zu der unentspannten ta-C Beschichtung (vgl. Abbildung2, oben) keine schollenartigen Ablösungen großer radialer Ausdehnung auf, womit gezeigt werden konnte, dass die Haftfestigkeit signifikant gesteigert werden konnte. Diese Verschleißschutzlösung von ANTACON ist damit weltweit einzigartig.

Diese DLC-Beschichtungen und das Beschichtungs­verfahren haben neben den in Tabelle 1 beschriebenen Eigenschaften folgende Besonderheiten:

  • extreme Schichthärte (> 60 GPa) und gleichzeitig spannungsfrei
  • beliebige ta-C-Schichtdicke einstellbar
  • deutliche Steigerung der .^mechanischen
  • Stabilität und sehr gute Schichthaftung (vgl. Abbildung 2)
  • glatte Schichtoberfläche mit Ra < 0,1 pm, (ohne Nachbehandlung)
  • chemisch inert und biokompatibel
  • kein Verzug oder Härteabfall bei temperaturempfindlichen Materialien (Tprozess < 90 °C)

 

Schichteigenschaften von ANTACON ta-C

Material:

C

Struktur:

amorph

Nano-Härte Hit [GPa]:

bis zu 70

Schichteigenspannungen [GPa]:

ca. 0,1

maximale Schichtdicke [pm]:

beliebig

p (trocken gegen Stahl)

0,1

Mittlere Rauheit Ra [pm]:

< 0,1

Abscheidungstemperatur [°C]:

< 90

max. Einsatztemperatur an Luft [°C]:

< 500

Tabelle 1: Übersicht der Eigenschaften von ta-C von ANTACON.

Abbildung 3 zeigt eine schematische Darstellung des kombinierten Laserpuls-Abscheidungs- und Temperprozesses zur Herstellung von ANTACON DLC-Schichten im Vakuum. Zunächst wird ein Laserstrahl (Ablationslaser) auf das Target (Quelle für die schichtbildenden Teilchen) fokussiert und erzeugt so einen gerichteten Teilchenstrom, der sich in Richtung des zu beschichtenden Objektes (Substrat) bewegt. Während der Schichtabscheidung kommt ein weiterer Laser zum Einsatz, der die aufwachsende Schicht tempert. Dadurch ist es möglich, maximal harte, spannungsfreie und beliebig dicke ta-C-Schichten zu erzeugen, welche sich durch eine hohe mechanische Belastbarkeit und Widerstandsfähigkeit auszeichnen.

Abbildung 3: Schematische Darstellung des kombinierten Abscheidungs- und Entspannungsprozesses.

1.3 Nutzen & Anwendungsbereich superharter ta-C Beschichtungen

Der Nutzen besteht einerseits in der nachgewiesenen Verlängerung der Standzeit von Werkzeugen und Komponenten um bis zu Faktor 10 im Vergleich zu bisher etablierten Verschleißschutz-Beschichtungen.
Andererseits ermöglichen die Beschichtungslösungen von ANTACON eine bedeutende Verbesserung der Energie- und Ressourceneffizienz sowie der Prozesssicherheit von tribologischen Systemen.

Die DLC-Beschichtungen wie z.B. sTAC60® (HIT ≥ 60 GPa) von ANTACON sind für Anwender interessant, die mit herkömmlichen Verschleißschutz- beschichtungslösungen unzufrieden sind oder deren Anwendung ein maximales Maß an Verschleißschutz bieten sollen. Zu nennen wären hier z.B. die Beschichtung von mit Öl gefüllten Prüfmessspitzen sowie das Stanzen von Duplexstahl.

Der Fokus liegt auf der Veredelung von stark beanspruchten Produkten wie Werkzeugen und Maschinenkomponenten. Durch die Minimierung von Zusatzarbeiten wie bspw. Nachbearbeitung, Regeneration und Logistik, lassen sich Prozesskosten nachhaltig reduzieren.

Neben der Standzeiterhöhung und Reibungs- minimierung sind Anwendungsfälle in den Bereichen Barrierewirkung, Antihaftung oder Hoch- geschwindigkeitsapplikationen spannend. Generell reicht das Anwendungsspektrum von den Marktsegmenten Automobilindustrie, Maschinen-, Anlagen- und Werkzeugbau über Mikroelektronik, Medizintechnik und Kunststoffverarbeitung bis hin zur Luftfahrtechnik sowie Lebensmittel- & Pharmaindustrie.

2 Schichtcharakterisierung mit Anton Paar Instrumenten

Mehrschichtsystemen erfordern eine präzise Analyse der charakteristischen Werkstoffeigenschaften bis weit in den nanoskalierten Messbereich. Durch die Naniondentation (Instrumentierte Eindringprüfung nach ISO 14577) kann die Untersuchung von mechanischen Eigenschaften oberflächennah realisiert werden. Wichtigste Messergebnisse sind die Härte (HIT) und der E-Modul (EIT). Bei der instrumentierten Eindringprüfung wird über einen Be- und Entlastungsvorgang, mittels eines Prüfkörpers bekannter Geometrie, in einem Werkstoff Last und Eindringtiefe kontinuierlich gemessen. Ziel ist die Ermittlung der elasto-plastischen Eigenschaften, wobei die Eindringhärte HIT eine Kenngröße ist, die den Verformungswiderstand bzw. die verbleibende Beschädigung beschreibt. Im Folgenden wird die Analyse der vorgestellten Hartstoffschicht präsentiert und diskutiert.

Abbildung 6: Schematische Darstellung der Eindringkurve bei instrumentierter Eindringprüfung.

2.1 Instrumentierte Eindringprüfung

Die Instrumentierte Eindringprüfung ist eine Methode die es erlaubt lokal eng begrenzt mechanische Werkstoffeigenschaften zu ermitteln. Die Technologie eignet sich sowohl für Festkörper als auch für Schichten. Während der Eindringprüfung werden Prüflast und Eindringtiefe des Prüfkörpers über den gesamten Be- und Entlastungszeitraum kontinuierlich erfasst. Ergebnis ist die Last-Eindringtiefe-Kurve (siehe Abbildung 6). Mit Hilfe der Oliver&Pharr Methode werden Härte und E-Modul ermittelt. [OLPH] Neben Eindringmodul und Härte können aus diesen Messungen weitere Messwerte wie z.B. der elastische Energieanteil an der Eindringarbeit ηIT ermittelt werden. Dieser Wert wird wie folgt berechnet [ISO]:

Abbildung 7: Illustration der Berechnung der Eindringarbeit.

Der die Anwendung angepasst  sind unterschiedliche Prüfkörpergeometrien in Nutzung, üblicherweise wird eine Berkovich-Pyramide verwendet. Die Belastung und Entlastung sowie weitere Modulationen wie z.B. das Halten einer konstanten Kraft für eine eingestellte Dauer können variabel eingestellt werden. [FICR] Der ultrahochauflösende Nanoindenter UNHT³ mit Realkraft- und Tiefensensor eignet sich, um die mechanischen Eigenschaften eines Materials in nanoskalierten Messbereichen zu untersuchen.

Zwei unabhängige Tiefen- und Lastsensoren bieten echte Kontrolle von Last und Eindringtiefe. Darüber hinaus bietet der UNHT³ die patentierte Oberflächenreferenztechnologie: Eine Referenz- prüfspitze überwacht die Oberflächenposition der Probe, während eine Messprüfspitze die Messungen durchführt. Hiermit werden Probleme mit thermischem Drift und Gerätesteifigkeit eliminiert. Diese einzigartige Bauweise ermöglicht eine breite Palette an Eindringtiefen (von wenigen nm bis hin zu 100 μm) und Prüflasten (von wenigen μN bis zu 100 mN).

Abbildung 8: Das UNHT3 Ultra-Nanoindentationsgerät mit der patentierten Oberflächenreferenzierung

2.2 Messvorgang

Die Parameter und Durchführung werden auf Basis vorangegangener Untersuchungen gewählt. Folgende Parameter werden angewendet:

• Quadratischer Kraftauftrag (Be- und Entlastung)

• Max. Kraft: 20 mN • Haltedauer bei konstanter Kraft: 20 s

• Belastungs- und Entlastungdauer: 30 s

Es werden 5 Messungen mit einem Abstand von ca. 20 µm durchgeführt.

2.3 Ergebnisse und Vergleich mit konventionellen DLC-Schichten

Die aufgezeichneten Kurven der ta-C Schicht von ANTACON sind in der Abbildung 9 dargestellt. An der Form der Kurven ist eindeutig zu erkennen, dass ein hartes Material gemessen wurde, da Be- und Entlastungskurven einen annähernd gleichen Verlauf haben.
Die maximale Eindringtiefe liegt bei ca. 130 nm.
Folgende Werte werden für Härte, E-Modul und Verschleißbeständigkeit berechnet:


• HITta-C = 61,5 GPa ± 5,9 GPa

• EITta-C = 630,4 GPa ± 82,4 GPa

• ηITta-C = 97 % ± 2,8 %

Abbildung 9: Kraft-Eindring-Kurven der fünf Messungen.

Für eine bessere Einordnung von HIT und EIT können diese mit konventionellen DLC-Schichten verglichen werden, welche mit derselben Methode gemessen werden:

• HITDLC = 26,5 GPa ± 0,5 GPa

• EITDLC = 214,8 GPa ± 2,5 GPa

• ηITDLC = 71,5 % ± 0,9 %

Bei diesem Vergleich wird deutlich, dass die vorgestellten ta-C Schichten von ANTACON nachweißlich deutlich höhere mechanische Werte erzielen als herkömmliche DLC-Schichten.

2.4 Zusammenfassung

Die mechanischen Eigenschaften der vorgestellten ta-C Schicht wurden mit der instrumentierten Eindringprüfung untersucht. Die Messergebnisse zeigen, dass die Härte der neuentwickelten DLC- Schichten mehr als doppelt so hoch ist wie die von konventionell hergestellten DLC-Schichten. Weitere Kennwerte wie E-Modul und Verschleißbeständigkeit wurden ebenfalls wesentlich höher bestimmt. Durch die superharten DLC-Beschichtungen von ANTACON sind deutliche Steigerungen der Standzeit von Komponenten bzgl. Verschleißresistenz in tribologischen Systemen realisierbar.

3 Referenzen

[KHOL] K. Holmberg, A. Erdemir, Friction 5, Issue 3 (2017), 263-284

[JROB] J. Robertson, Mater. Sci. Eng. R Rep. 37, Issues 4-6 (2002), 129-281

[OLPH] W.C. Oliver, G.M. Pharr, J. Mater. Res.7, (1992), 1564-1583

[ISO] ISO 14577:2015 Metallic materials — Instrumented indentation test for hardness and materials parameters

[FICR]  A.C. Fischer-Cripps, “Mechanical Engineering Series - Nanoindentation”, Volume 3 (2011), 32-37, Springer-Verlag

Kontakt

Anton Paar GmbH
www.anton-paar.com

Kontakt:

Paul Pavlov

Tel: +49(0)711 72091-676

paul.pavlov@anton-paar.com