passt coating: Durchaltewillen und Visionen als Rezept zum Erfolg

Wie ein Lohnbeschichter vom unwirtschaftlichen Betrieb zum Vorzeigeunternehmen wurde

Lackierroboter und Mensch
Bei passt coating unterstützen zwei Roboter die Lackierer. Das Teaching erfordert zwar anfangs etwas Gewöhnung, ist aber leicht erlernbar (Bild: passt coating)

Es muss nicht immer eine investitionsgewaltige technologische Komplettsanierung sein. Ein Lohnbetrieb, der 2019 beinahe abgewickelt worden wäre, konnte unter neuer Führung und mit hochmotivierten Mitarbeitern in eine neue Zukunft starten. Die Basis hierfür legte eine umfangreiche Optimierung der Abläufe und Strukturen – aber auch zwei Lackierroboter.

Die Geschichte der passt coating begann Ende 2019 und ist von viel Dynamik geprägt. Der Betrieb geht zurück auf Stebler Blech, ein Hersteller von Blechteilen, der seit über 140 Jahren am Standort Nunningen in der Schweiz produziert und dabei bis zu 150 Mitarbeiter beschäftigt hatte. „Ich kam 2015 als Fertigungsleiter in das Unternehmen und sollte den Betrieb optimieren“, blickt Alexander Pätzold, Gründer und Geschäftsführer der passt coating AG, zurück. „Allerdings wurde der Betrieb in den folgenden Jahren Schritt für Schritt aufgespalten.“ 2018 war dann die gesamte Blechfertigung aufgelöst und übrig blieb eine Lackiererei, die fortan kein Inhouse-Beschichter mehr war, sondern auf dem freien Markt als Lohnbeschichter bestehen musste. Pätzold gelang es zwar, Aufträge zu gewinnen und den Betrieb zu stabilisieren, jedoch erkannte er, dass grundlegende strukturelle und konzeptionelle Anpassungen notwendig wären, um die Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern. Er entwickelte daraufhin ein Konzept für mehr Wirtschaftlichkeit und Produktivität – doch es stellte sich heraus, dass eine Umsetzung zu diesem Zeitpunkt nicht möglich war. Bei Pätzold reifte in der Folge die Idee, den Betrieb zu übernehmen. Doch auf ein erstes Kaufangebot konnte er aufgrund unrealistischer Preisvorstellungen nicht eingehen. Dennoch verfolgte Pätzold den Gedanken der Übernahme weiter und machte sich als Vorbereitung mit der passt consulting AG selbständig. Gleichzeitig übernahm er mittels eines Mandatsvertrages den Vertrieb für seinen ehemaligen Arbeitgeber.

„Ende 2019 erhielt ich dann die Information, dass für den Betrieb ein Konsultationsverfahren beantragt worden war, der Betrieb also abgewickelt werden sollte“, berichtet er. „Ich nahm sofort Kontakt auf und diesmal konnten wir uns preislich einigen. Darauf folgte eine sehr dynamische Woche, in der ich nonstop unterwegs war und mit den wichtigsten Kunden evaluierte, ob sie bei einer Geschäftsübernahme weiterhin mit uns zusammenarbeiten würden. Kurz gesagt, die Rückmeldungen waren sehr ermutigend.“

Der letzte Kunde, den Pätzold auf dieser Tour besuchte, war die Huber AG. Hier traf er auf Markus Lisser, dem er im Rahmen des Gespräches von seinem Konzept für sein neues Unternehmen erzählte. „Wir hatten uns erst einmal im Leben gesehen und sofort war ein großes gegenseitiges Vertrauen da“, zeigt sich Pätzold noch heute beeindruckt.

„Markus war sehr interessiert an meiner Unternehmung und meinen Plänen. Innerhalb von nur zwei Treffen wurden wir uns einig, dass er als Geschäftspartner bei passt coating einsteigt und sich an der Finanzierung beteiligt. Damit hat er einen ganz entscheidenden Beitrag für die positive Entwicklung der passt coating geleistet – und tut es bis heute durch unsere sehr konstruktive Zusammenarbeit.“

Doch diese positive Entwicklung änderte nichts daran, dass es nun in kürzester Zeit sehr viel zu erledigen gab – von der Finanzierung bis zur endgültigen Vertragsunterzeichnung.

 

Optimierte Aufhängung für die Lackierroboter
Die Aufhängung der Teile wurde für die Lackierroboter optimiert, damit diese präzise und mit möglichst kurzen Wegen arbeiten können (Bild: passt coating)

Handelsregister schießt quer

Nachdem die Übernahme in Rekordzeit vollzogen war, sollte die Eröffnung am 1. Februar 2020 stattfinden. Doch es kam zu einer Verzögerung durch das Amt für das Handelsregister, das auf Grund der voherigen Anstellung bei Stebler Blech die Rolle des neuen Geschäftsführers im Management des vormaligen Betriebs überprüfte. Als neuer Eröffnungstermin stand nun der 1. März im Kalender.

„Unsere Bemühungen, das Amt noch vom 1. Februar als Eröffnungstermin zu überzeugen, scheiterten und wir mussten einen Weg finden, diese Phase zu überwinden, ohne dass es für die Kunden zu Verzögerungen oder Nachteilen kam“, schildert Pätzold die schwierige Lage. „Wir konnten also nicht einfach vier Wochen abwarten. Zum Glück fanden wir einen Weg, die Aufträge fristgerecht abzuarbeiten und auszuliefern, nicht zuletzt, weil alle Mitarbeiter mit großem Engagement mitzogen und an die Zukunft des Unternehmens glaubten.“

Corona-Pandemie kurz nach Betriebsaufnahme

Kaum war diese Herausforderung gemeistert, begann die Corona-Pandemie und die passt coating hatte in der Hochphase mit über 60 Prozent Personalausfällen zu kämpfen. Noch dazu beschäftigte der Betrieb Mitarbeiter aus dem Elsass, für die es keine staatliche Unterstützung gab wenn sie in der Schweiz arbeiteten. Pätzold setzte in dieser Zeit darauf, den gesamten Produktionsbetrieb so gut wie möglich aufrecht zu erhalten und griff auf temporäre zusätzliche Arbeitskräfte zurück, was erhebliche und in dieser unternehmerischen Phase schwerwiegende Zusatzkosten verursachte. „In der zweiten Corona-Welle hatte ich dann dazugelernt“, schmunzelt der Geschäftsführer. „Ich konzentrierte mich auf die Beschichtung als Kerngeschäft und setzte Mitarbeiter aus den anderen Unternehmensbereichen bei Bedarf flexibel rund um die Beschichtung ein.“

Doch es blieb wenig Zeit zum Atemholen, kaum einen Monat nach Abflauen der ersten Corona-Welle warnte ein Großkunde, der immerhin ein Viertel des Umsatzes des jungen Unternehmens ausmachte, dass er in einem dreiviertel Jahr schließen würde. „So schnell kann man keinen größeren Kunden als Ersatz aufbauen“, umreißt der CEO die Brisanz der Nachricht. „Ich sah als einzige Strategie die Flucht nach vorne: Wir gründeten zusammen mit den Projektleitern des schließenden Betriebes eine neue Unternehmung, die gegenüber dem eigentlichen Auftraggeber der Blecharbeiten, der Stadler Rail, als Generalunternehmer auftrat und Blechbearbeitungsdienstleistungen einkaufte. Passt coating beschichtete dann die Bauteile. Auch wenn sich die Zusammenarbeit inzwischen wieder aufgelöst hat – dieser Schritt verschaffte uns 2021 die nötige Zeit, neue Kunden zu akquirieren.“

Aufhängung für Handbeschichtung
Aus ergonomischen Gründen müssen bei der Handbeschichtung die Teile wesentlich raumfordernder aufgehängt werden (Bild: passt coating)

Enormer Optimierungsbedarf

Parallel zu diesen Turbulenzen gab es innerbetrieblich große Herausforderungen zu meistern. Zwar konnte sich Pätzold glücklich schätzen, Fachpersonal mit teilweise 30 Jahren Erfahrung übernommen zu haben. Doch der Beschichtungsbetrieb war als Inhouse-Beschichter für ein spezifisches Teilespektrum ausgelegt worden. Insbesondere hatte man früher rund 80 Prozent Aluminium beschichtet, außerdem Chromstahl und eher selten Stahl. Dementsprechend war die Vorbehandlung konzipiert und für alle Prozesse rund um die Phosphatierung stand ausschließlich die letzte Zone der mit fünf Jahren noch geradezu neuwertigen Durchlauf-Vorbehandlungsanlage zur Verfügung – denn Stahl war ja selten. Deshalb musste in dieser Kammer sowohl vorbehandelt und phosphatiert als auch gespült werden, was Taktzeiten von bis zu 14 Minuten verursachte. Das führte durch das veränderte Teilespektrum, bei dem Stahl zum häufigsten Substrat geworden war, zu erheblichen Kapazitätseinbußen.

Priorität Nummer eins bestand deshalb in der Erhöhung der Kapazität der Vorbehandlungsanlage für Stahl. Weiterhin sollten in der gesamten Anlage Taktzeitüberschreitungen eliminiert werden. 150 Messpunkte und eine Auswertung über die Siemens-Steuerung legten offen, wann und warum welches Gehänge mehr als sieben Minuten stand. In kürzester Zeit wurden 22 KVP, also kontinuierliche Verbesserungsvorschläge, generiert und umgesetzt.

Anlagentechnik mit Fluidisierbehälter
Ein minimaler Umbau am ersten Ofenplatz schuf eine Angelierzone, seitdem kann optimal ohne Taktverluste eingebrannt werden (Bild: passt coating)

Share-Flächen statt Regale in der Logistik

Ein weiterer zentraler Schritt, die Auslastung der Lackiererei zu verbessern, lag in der vorgelagerten Teilelogistik. Bisher waren diese in Regalen eingelagert worden und die Beschichter mussten vor der Abarbeitung des Beschichtungsauftrages sowohl die Teile als auch das entsprechende Pulver zusammensuchen, um ihre Warenträgerbestücken. Dann erst konnten sie ihrer eigentlichen Aufgabe nachgehen – dem Beschichten. Daraus folgten unnötige Stillstandszeiten der Beschichtungsanlage. Als Lösung führte Pätzold sogenannte Share-Flächen ein, auf denen die Teile mehr oder weniger im Anlieferungszustand auf Paletten lagern.

Ein „Water-Spider“ kümmert sich nun um einen konstanten Materialfluss und darum, dass die Beschichter ihre Arbeit nicht unterbrechen müssen. Inspiriert ist der Begriff des Water-Spiders durch ein als Taumelkäfer bekanntes Insekt – Mizusumashi auf Japanisch. Dieses Insekt scheint zwischen Wasser und Luft hin und herzutaumeln, wenn es sich schnell fortbewegt. Genauso soll der Water-Spider die gesamte Produktion von der Fertigung bis zur Logistik im Blick haben und auf Entwicklungen reagieren, bevor die Fertigung stockt. Bei passt coating sucht der Water-Spider die Ware zunächst entsprechend der Aufträge zusammen, besorgt das benötigte Pulver und adressiert auch das Thema Maskierung. Zudem erfolgt bei Kleinteilen schon im Share-Bereich die Bestückung der Warenträger.

„Seitdem ist die Einschleusung der Warenträger in die Beschichtungslinie stets in sieben Minuten abgeschlossen“, verkündet der CEO das Ergebnis. Weiter stellte sich heraus, dass der Förderer fast 50 Prozent schneller laufen könnte. Dafür musste die Programmierung allerdings so geändert werden, dass die Warenträger vor geschlossenen Türen warten, bis diese vollständig geöffnet sind und dann mit voller Geschwindigkeit einfahren. Bisher waren die Warenträger langsam auf die öffnende Tür zugefahren, was deutlich mehr Zeit gekostet hat.

Taktzeit verschwendet wurde auch, weil bei einem Positionswechsel der Warenträger der nachfolgende Warenträger erst losfuhr, sobald der erste Warenträger sein Ziel erreicht hatte. Es folgte etwas Programmierarbeit und schon verfuhren alle Positionen gleichzeitig. Apropos gleichzeitig – beim Einfahren eines Warenträgers öffneten sich sämtliche Zwischentüren in der Vorbehandlungsanlage bis zu den Türen des Haftwassertrockners und verursachten so erhebliche Wärmeverluste. Ebenfalls unnötige Wärmeverluste entstanden, weil die Türen auch dann öffneten, wenn ein Leertakt anstand, also kein bestückter Warenträger einfuhr – zum Beispiel beim Hochfahren der Anlage am Morgen. Für diese erheblichen Verbesserungen waren nur einige Programmierarbeiten notwendig.

Roboter erfordern keine Generalsanierung – die Anlagentechnik samt Fluidisierbehälter blieben bei passt coating weitgehend unangetastet. (Bild: passt coating)

Vorbehandlung komplett umgestellt

An der Vorbehandlungsanlage kam noch weiterer Verbesserungsbedarf ans Licht, so zeigte sich, dass ein Mitarbeiter fast einen 3/4 Tag mit der Betreuung der Anlage zu tun hatte und auch der Wasserverbrauch erschien unnötig hoch. In Zusammenarbeit mit Nabu erfolgte dann eine komplette Umstellung der Prozesse. In der ersten Vorbehandlungszone finden nun die Eisen-Phosphatierung sowie zwei Spülprozesse statt, in der zweiten Zone folgen das Beizen und Entfetten für Aluminium, außerdem zwei Spülprozesse. In der dritten Zone wird noch einmal gespült, während in der vierten Zone Aluminium oder Stahl mit Norinse-Passivierungen behandelt werden. So konnte insbesondere die Dauer der Stahlvorbehandlung auf sieben Minuten deutlich reduziert und damit in den Takt  gebracht werden. „Seitdem ist die Anlage außerdem abwasserfrei“, freut sich Pätzold.

„Wir sparen insgesamt bis zu einem Drittel der Kosten.“

Weil seitdem 1.250 Kubikmeter Wasser pro Jahr weniger aufbereitet werden müssen, sank unter anderem die Laufzeit des Verdampfers um 30 Prozent, der Verbrauch der Ionen-Austauscher-Patronen reduzierte sich entsprechend, außerdem sanken die Chemieund Entsorgungskosten von Verdampferkonzentrat. Seitdem liegt der Betreuungsaufwand der Anlage pro Tag im Regelfall nur noch bei einer halben Stunde. „An dieser Stelle möchte ich Tomasz Benert und seinem Team bei Nabu für die wirklich gute und engagierte Arbeit danken, die bei uns geleistet wurde“, zollt Pätzold Anerkennung.

Nadelöhr Pulverofen

Bei genauer Betrachtung des Einbrennprozesses zeigte sich, dass auch hier Taktzeit verschenkt wurde, denn bei der Beschickung des Ofens ließ die Anlagensteuerung zwischen jedem bestückten Warenträger, eine Lücke von genau einem Warenträger. Selbstverständlich erfolgten hier so schnell wie möglich Umprogrammierarbeiten. Doch bei der wirtschaftlich optimalen Ofenbeschickung kam es bei Farbwechseln zu Partikelkontaminationen. Diese ließen sich auf eine fehlende Angelierzone im Einlaufbereich des Ofens zurückführen, weil der Luftstrom stark genug war, noch nicht angeschmolzene Pulverpartikel aufzuwirbeln und zu verteilen. Eine Nachrüstung außerhalb des Ofens erschien aus Platzgründen schwerlich umsetzbar. Petzold beschloss kurzerhand, in der ersten Zone des Ofens die Ausströmöffnungen für die warme Luft zu verschließen. Seitdem stehen die Warenträger einen Takt in unbewegter heißer Luft und die Farbpartikelkontaminationen sind Geschichte.

Vorbehandlung für Stahl
Bestückung und Abnahme der Teile erfolgen im Takt von sieben Minuten. Durch die Lackierroboter stieg die Anlagenkapazität bereits um 25 Prozent – bei konstanter Belegschaft. (Bild: passt coating)

Wiederinbetriebnahme der zweiten Lackierkabine

Um die Kapazität weiter zu erhöhen, sollte die zweite vorhandene Lackiererkabine wieder in Betrieb gehen – doch das war leichter gesagt als getan und erforderte umfangreiche Instandsetzungsarbeiten, denn die Kabine war über längere Zeit nicht genutzt und auch bei der Wartung vernachlässigt worden. Obwohl alle diese Maßnahmen in erheblichem Maße Kapazitätssteigerungen zur Folge hatten, wurde 2022 eine Grenze sichtbar, als immer mehr Aufträge hereinkamen.

„Wir standen vor der Wahl, trotz einer sehr volatilen Lage neue Beschichter mit einer unsicheren Job-Perspektive einzustellen oder auf Automatisierung zu setzen. Und ich möchte ein zuverlässiger Arbeitgeber sein“, erklärt der CEO seine Überlegungen. Noch als COO für die Stebler Blech hatte sich Pätzold mit dem Thema Roboterautomatisierung beschäftigt, doch der damals veranschlagte Invest von etwa 500.000 Euro erschien ihm für die Unternehmensgröße als nicht vertretbar. Also wanderte das Thema vorerst zu den Akten. In seinem Businessplan für die passt coating AG hatte er eine Roboter-Automatisierung prinzipiell aufgenommen, allerdings erst für 2024. Doch es war offensichtlich an der Zeit, diese Maßnahme vorzuziehen. „Wieder riefen die Anbieter etwa 500.000 Euro auf, doch das war für uns nun als junges Unternehmen in einem schwierigen Umfeld erst recht nicht machbar“, schildert Pätzold. In der Regel kombinieren die Anbieter von Roboterlösungen mit der Automatisierung auch andere technologische Umrüstungen und Erweiterungen, die stets auch neue Anlagentechnik vorsehen. „Hier wird aus meiner Sicht und meinen jetztigen Erfahrungen sehr kompliziert gedacht und eine unnötige Hemmschwelle aufgebaut“, kommentiert Pätzold. „Erst als ich auf der PaintExpo 2022 Nimrod Malinas von k.lips traf, die unter anderem die Lesta-Roboter aus Italien vertreiben, kam ich mit dem Projekt weiter. Ich schilderte ganz offen unsere Ziele und Möglichkeiten und bekam schnell eine Zusage, dass das Projekt in einem Kostenrahmen von etwa 250.000 Euro umsetzbar sein würde. Dabei griffen wir so viel wie möglich auf bereits bei uns vorhandene Anlagentechnik zurück.“

Roboter im Brownfield

Deshalb wurde keine neue Kabine gebaut, stattdessen stellte man die Roboter im Bereich der zuvor für die rein manuelle Beschichtung gedachten Bereiche auf. Sie lassen sich allerdings so zur Seite fahren, dass nach wie vor auch eine manuelle Beschichtung möglich ist.

Vorbehandlung für Stahl
Die Vorbehandlung für Stahl wurde vollständig überarbeitet, um den Takt halten zu können (Bild: passt coating)

Für die Applikationstechnik setzt Pätzold auf MS Design. „Aus meiner Sicht hat MS sehr ergonomische, leichte Handbeschichtungspistolen entwickelt und auch die Pulverzerstäubung ist sehr gut. Außerdem war das Untenehmen flexibel genug, um auf unsere Bedürfnisse einzugehen und auch die Roboter-Applikation mit minimalem Aufwand umzusetzen“, erklärt Pätzold. „Noch dazu haben die Vertriebspartner stets ein offenes Ohr, wenn es Probleme zu lösen gibt.“

Den Bedarf für eine Pulverrückgewinnung oder eine Schnellwechselkabine sieht der CEO in seinem Betrieb nicht. „So etwas mag für große Beschichter bei großem Flächendurchsatz und vielen Quadratmetern flächiger Teile sinnvoll sein, für uns steht das Kosten-Nutzen-Verhältnis in keinem günstigen Zusammenhang. Deshalb fahren wir auf Verlust, dadurch können wir in fünf Minuten einen Farbwechsel durchführen.“ Diesbezüglich spielt die Roboterautomatisierung ihren Vorteil des hohen Erstauftragswirkungsgrades aus, der ähnlich ist wie bei einer Handbeschichtung. Bei einer Automatikkabine wären die Verluste ohne Rückgewinnung dagegen sehr groß. Nicht vergessen werden darf auch, dass eine Kreislaufführung des Pulverlackes nicht unerhebliche Betriebs- und Investitionskosten verursacht.

Workshop: Robot-Date

Das Thema Kostenreduzierung und Kapazitätserhöhung ist für Lohnbeschichter mehr denn je brandaktuell und so entstand auf dem Pulversymposium in Dresden im Januar zusammen mit der K.Lips AG aufgrund des regen Interesses die Idee eines Workshops bei der passt coating AG, bei dem die Teilnehmer die Roboterapplikation sowohl in der Praxis begutachten als auch selbst das Teachen der Roboter ausprobieren können sollten.

Am 9. März erschienen rund 30 Roboter-Interessierte in Nunningen und nahmen mit großem Interesse die RoboterApplikation in der Fertigung in Augenschein. Anschließend stand in einem temporär eingerichteten Technikum ein Lackierroboter für Versuche zur Verfügung. Der von K.Lips aufgestellte Lesta-Roboter wird durch Druckluft von seinem Eigengewicht entlastet und beim Programmieren mitsamt der Pistole vom Bediener entlang der gewünschten Lackierbahnen geführt. Sämtliche Bewegungen werden aufgezeichnet, sodass der Roboter sie anschließend wiederholen kann. Deutlich wurde dabei, dass das Teachen mit einem zwar gewichtsentlasteten, aber nicht lange bei uns war, hatte das gleich am ersten Tag drauf, die längste Einarbeitungszeit bei uns betrug zwei Tage“, berichtet Pätzold. „Man muss lernen, wie man den Kugelkopf vorne bewegt und natürlich macht man die Handbewegungen etwas anders als bei der freien Handbeschichtung. Das wird aber schnell gelernt.“

Die Robotersteuerung bietet außerdem die Möglichkeit, die Verfahrgeschwindigkeit des Roboters um bis zu 50 Prozent zu beschleunigen oder zu verlangsamen, so können in gewissen Grenzen zu langsame Teach-Bewegungen, aber auch sowohl zu dünne als auch zu dicke Schichtstärken ausgeglichen werden – genauso variable Fördergeschwindigkeiten.

Insgesamt zeigte die Veranstaltung, dass eine Roboter-Automatisierung mit einem einfachen Teaching-Prozess auch für Pulverbeschichter mit vielen unterschiedlichen Teilen von Vorteil sein kann, insbesondere weil die manuelle Vorund Nachbeschichtung entweder komplett überflüssig wird oder zumindest erheblich reduziert werden kann. Zusammen mit Finanzierungsoder Leasingskonzepten gibt es gute Gründe für Lohnbeschichter, eine solche Automatisierungslösung zumindest intensiv zu prüfen.

Robot-Date
Beim Robot-Date bei passt coating kamen rund 30 Roboter-Interessierte, begutachteten die Fertigung und nutzten auch die Gelegenheit zum Praxistest (Bild: passt coating)

Festes Technikum in Nunningen

Das Interesse jedenfalls ist da, deswegen wird im Gebäude der passt coating im zweiten Stock, wo bisher ausschließlich Nasslackbeschichtungen erfolgten, eine kleine Roboterapplikationslösung als dauerhaftes Technikum für K.Lips aufgebaut, die sowohl nassbeschichten als auch pulvern kann. Ein kleiner Hängeförderer sorgt für fertigungsnahe Bedingungen. Und für passt coating besteht so die Möglichkeit, die Automatisierung auch im Bereich der Nasslack-Beschichtung und auch für Kleinteile zu nutzen und so bei Bedarf den Durchsatz in der großen Beschichtungslinie zu erhöhen.

Roboter als Chance, nicht als Arbeitsplatzkiller

„Mein Ziel war es, durch die Installation der Roboter die Beschichtungskapazität um 30 Prozent zu steigern. Wir fahren ein überlappendes 2-Schichtmodell, bei dem ich bisher in vier Stunden pro Tag personell nur eine Kabine betreiben konnte. Nun können wir voll durchfahren und sind schon jetzt nach wenigen Monaten bei 25 Prozent ange- kommen“, zeigt sich Pätzold zufrieden. „Ich denke wir sollten Roboter in der Lackiererei nicht als Jobvernichter, sondern als Chance zur Sicherung der bestehenden Arbeits- plätze und des Unternehmens betrachten. Denn es wird in den nächsten Jahren immer schwieriger werden, geeignete Mitarbeiter zu finden, die den nicht immer angenehmen Job eines Beschichters gerne und langfristig machen möchten. In dem Moment, wo ich einen Anwendungstechniker suche, der mit einem Roboter zusammenarbeitet, lassen sich die jungen Leute sofort begeistern. Ich denke wir müssen lernen, das für eine Ro- boterautomatisierung nicht immer der ganz große Investitionsrahmen notwendig ist. Un- sere Umsetzung zeigt, dass man mit einem auch für kleinere Beschichter leistbaren Aufwand an Installation und Investition ein ausgezeichnetes Ergebnis erzielen kann.“

passt coating AG

www.passt-coating.ch