30 Prozent leichter

Erhebliche Materialeinsparungen bei Fahrwerkbauteilen durch Einsatz von Zinklamellenbeschichtung möglich

Fahrwerk Beschichtung Dörken
Leichter bauen: Im Fahrwerksbereich erlaubt eine Optimierung des Beschichtungssystems die Reduzierung von Sicherheitszuschlägen gegen Korrosionsschäden.

Versuche haben gezeigt, dass ein verbesserter Korrosionsschutz mit Zinklamellen es möglich macht, ohne Sicherheitseinbußen die Materialstärken bei Fahrwerksteilen zu reduzieren.

Material einzusparen und dadurch leichtere Bauteile zu ermöglichen, spielt im Rahmen der Nachhaltigkeit in der Automobil- und Nutzfahrzeugbranche eine wichtige Rolle. Zu den Fahrwerkbauteilen, bei denen durch die Leichtbauweisen besonders viel Gewicht gespart werden kann, gehören Gelenke außerdem Bremsen, Federn, Lenkung und Räder. Wie eine aktuell von Dörken beauftragte Studie zeigt, hängt der notwendige Materialeinsatz nicht nur von der mechanischen Belastung eines Bauteils im Betrieb ab. Insbesondere zusätzliche Sicherheitsmargen an strukturell relevanten Bauteilen, die während der Bauteillebensdauer zu erwartende Korrosionsschäden Rechnung zu tragen, treiben das Bauteilgewicht nach oben. Um also alle Potenziale nutzen zu können, erfordert Leichtbau mit korrosionsanfälligen Werkstoffen stets auch eine Optimierung des Korrosionsschutzes. Ein treffendes Beispiel hierfür sind Fahrwerkselemente im Auto, die auch in Extremsituationen die Kräfte zwischen Fahrzeug und Fahrbahn zuverlässig übertragen müssen. Die in diesem Verbund verbauten Teile sind im Straßenverkehr extremen Belastungen ausgesetzt – etwa durch dynamische Fahrmanövern oder u schnelles Überfahren eines Speedbreakers oder anderer Fahrbahnschäden und Hindernisse.

Hohe Belastung der Fahrwerkskomponenten

Die mitunter komplexen Achskonstruktionen moderner Fahrzeuge verfügen über zahlreiche Quer-, Längs- und Verbundlenker. Bei diesen je nach Fahrzeugklasse aus Stahl oder Aluminium hergestellten Bauteilen gilt es, konstruktiv bei minimalem Gewicht im Rahmen der zu erwartenden Betriebslast und Lebensdauer ein Versagen auf Knicken auszuschließen. Vor allem bei Fahrwerkselementen aus Stahl spielt die zu erwartende Korrosion eine entscheidende Rolle bei Dimensionierung. Üblich sind für Fahrwerkslenker deshalb großzügige Wandstärken von 2,6 mm. Wer einen Blick unter ein gebrauchtes Fahrzeug wirft, kann oft schon nach wenigen Jahren im Bereich der Fahrwerksteile erstaunlich viel Rost entdecken. Üblich ist hier eine KTL-Beschichtung, die vor allem für komplizierte Strukturen und Innengeometrien gut geeignet ist. Allerdings ist eine KTL-Beschichtung in der Regel relativ dünn und damit unter mechanischen Belastungen nicht sehr robust. Außerdem schützt sie nur passiv vor Korrosion. Kommt es zu einer Beschädigung bis zum Substrat, kommt es zur Korrosion. Nachdem sich die Fahrwerkselemente im Unterbodenbereich befinden, ist es unausweichlich, dass früher oder später aufgewirbelte Steine und andere Gegenstände entsprechende Beschädigungen verursachen.

Fahrwerkslenker acs - Automotive Center Südwestfalen
Klassische Fahrwerkslenker sind in der Regel KTL-beschichtet und konstruktiv je nach Fahrzeug für Knicklasten von etwa 35 KN ausgelegt (Bild: acs - Automotive Center Südwestfalen)

Reduktion der Wanddicke

Vor diesem Hintergrund stellte sich Dörken bei der Entwicklung zukunftsweisender Korrosionsschutzsysteme für den Leichtbau die Frage: Welche Potenziale hinsichtlich der Gewichtseinsparung bietet die Wanddickenreduktion speziell bei Fahrwerksbauteilen? Im Rahmen einer vom ACS (Automotive Center Südwestfalen) durchgeführten Studie wurde dies anhand des vereinfachten Modells eines Fahrwerkslenkers nach den Eulerschen Knickfällen untersucht. Per Finite-Elemente-Methode galt es zunächst zu ermitteln, wie sich das vereinfachte Modell eines Fahrwerksträgers, in dem Fall ein U-Profil aus Stahl mit 2,6 mm Blechdicke, unter Knickbelastung verhält. Ein aus Knicken erfolgte erst bei 49,2 kN, wohingegen sich die Anforderungen der OEMs – je nach Fahrzeugmodell – auf etwa 35 kN belaufen. Dieser Sicherheitszuschlag von 15.000 Newton entspricht immerhin fast der Hälfte der geforderten Belastung. Als nächstes galt es, mittels einer Finite-Elemente-Simulation herauszufinden, bis zu welcher Blechdicke das U-Profil unter der geforderten Knicklast reduziert werden kann. Hierfür erwies sich eine Blechdicke des U-Profils von 2 mm als ausreichend. Daraus ergibt sich immerhin eine mögliche Massenreduktion von bis zu 30 Prozent. Nun galt es, in praktischen Versuchen den Einfluss der Korrosion auf die mechanischen Eigenschaften des Prüfkörpers mittels 3-Punkt-Biege-Versuch (in Anlehnung an DIN EN ISO 14125) zu prüfen. Hierfür wurde zunächst ermittelt, welche Biegesteifigkeit das Profil mindestens erfüllen muss. Bei einer Referenz-Blechdicke von 2 mm ergab sich eine errechnete Biegesteifigkeit von 3,1 kN/mm.  Bei den nun folgenden Versuchen gingen 2 mm-U-Profile mit einem hochleistungsfähigen Zinklamellen-Basecoat sowie -Topcoat von Dörken gegen 2,6 mm dicke U-Profile mit einer Phosphatierung und KTL-Oberfläche ins Rennen. Die Prüfkörper wurden im Knick-Bereich einem Steinschlag (DIN EN ISO 20567) sowie drei Korrosionsbelastungen ausgesetzt: der Salzsprühnebelprüfung nach DIN EN ISO 9227, dem beschleunigten Korrosionstest II (ACT II) und der VDA-Prüfung (gemäß VDA 233-102).

 

Fahrwerkslenker Studie Dörken acs - Automotive Center Südwestfalen
Die für die Studie erstellte vereinfachte Form eines Fahrwerkslenkers: U-Profil mit Materialstärke 2,6 Millimeter (Länge 300 Millimeter).

Zinklamellenbeschichtung mit bester Performance

Bei dem mit einem Zinklamellensystem beschichteten Prüfkörper mit 2 mm Wandstärke konnte in keinem der drei Korrosionstests Rotrostbefall festgestellt werden. Dabei wurden trotz immenser Materialersparnisse Prüfzeiten von 1.000 Stunden in der Salzsprühnebelprüfung und jeweils sechs Zyklen in den Klimawechseltests erreicht. Des Weiteren ließ sich – sowohl belastet als auch unbelastet – bei der 3-Punkt-Biegeprüfung eine Biegesteifigkeit zwischen 3,2 und 3,4 kN/mm feststellen. Das KTL-beschichtete 2,6 mm-U-Profil zeigte bei gleichem Versuchsaufbau erkennbaren Rotrost-Befall. Ohne Korrosion wurde eine Biegesteifigkeit von circa 4 kN/mm ermittelt, im codierten Zustand sank diese auf Werte zwischen 3,8 und 3,9 kN/mm. Die Studie zeigt: Die in der Praxis als Sicherheitskomponente eingeplanten höheren Wandstärken können mit Hilfe eines Zinklamellenbeschichtungssystems eingespart werden. Ein effektiver Korrosionsschutz kann somit – bei gleicher Bauteilperformance – zu Gewichtseinsparungen von rund 30 Prozent führen.

 

Kraft-Wege-Diagramm Dörken
Beispiel eines Kraft-Weg-Diagramms aus einem 3-Punkt-Biege-Versuch (Bild: Dörken)

Fazit: 30 Prozent Gewichtseinsparung möglich

Neben der Gewichtseinsparung kommt es auch noch zu einer Einsparung von CO2-Emissionen. Im Rahmen des Projektes konnte an einer Bauteilgruppe rund 800 Gramm Gewicht eingespart werden. Bei 3,1 Millionen produzierten Fahrzeugen in Deutschland im Jahr 2021 entspräche das einer Stahlmenge von 2.480 Tonnen. Die Emissionen, die hierdurch eingespart werden könnten, beziffern sich auf rund 3.720 Tonnen CO2. Im Vergleich dazu müsste man mit einem Auto bei einem Verbrauch von fünf Litern Diesel auf 100 Kilometer 16,2 Millionen Kilometer fahren, um auf die gleiche Emission zu kommen.

Ewald Dörken AG
www.doerken.de

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