„Generell sind moderne Wasserlacke deutlich anwenderfreundlicher, als man ihnen nachsagt“, meint Reinhard Huber, gelernter Tischler und Anwendungstechniker bei der Adler-Werk Lackfabrik Johann Berghofer GmbH & Co KG im österreischen Schwaz. Bei vielen Wasserlacken verläuft die Trocknung etwas langsamer als bei Lösemittellacken. „Wichtig sind dabei die richtigen Umgebungsbedingungen. Ideal ist ein klimatisierter Trockenraum mit regulierter Luftfeuchtigkeit, in dem die Luft in Bewegung ist“, sagt Huber. In der Industrie ersetzte bisher oft ein Ofen diesen Trocknungsraum, wobei auch hier die Luftzirkulation wichtig war.
Lacktrocknung erfordert viel Energie
Doch starke Schwankungen bei Energiepreisen und zeitweise Angst vor einem Gasmangel lassen andere Trocknungsmöglichkeiten interessant erscheinen. Denn man benötigt viel Energie für das Trocknen von Wasserlacken: Ungefähr 2350 bis 2500 Kilojoule sind für die Verdunstung von einem Liter Wasser erforderlich. Grund genug, den Trocknungsprozess genau unter die Lupe zu nehmen und nach Effizienzpotenzialen zu suchen. Die Harter GmbH in Stiefenhofen hat es getan und bietet Anlagen zur Kondensationstrocknung auf Wärmepumpenbasis an. Ein Vorteil dieses Verfahrens ist die Schnelligkeit: Im Vergleich zu konventionellen Verfahren wie der Heißlufttrocknung oder einfachen Gebläsetechniken lässt sich laut Harter mit der Kondensationstrocknung bis zu 50 Prozent der Zeit einsparen.
Auch die Hellmann-Hygrex GmbH in Kaltenkirchen bietet ein eigenes Trocknungsverfahren an, das deutlich weniger Energie als konventionelle Trockner verbraucht – bis zu 80 Prozent. Ein Trockenluftgenerator des Unternehmens erzeugt mit einem Kilowatt Antriebsleistung circa drei bis Kilowatt Kälteleistung (Kondensation von Wasser) und vier bis fünf Wärmeleistung (Erwärmung der Trockenluft), wie bei einer Wärmepumpe.
Schonende Trocknung für Holzsubstrat gut geeignet
Dem empfindlichen Substrat Holz kommt das Verfahren entgegen: Die wässrigen Lacke werden ohne thermische Belastung getrocknet. Die Gefahr einer Hautbildung ist dabei deutlich geringer, als bei einer thermischen Trocknung oder bei Infrarot-Bestrahlung.
Was in der Praxis erreicht werden kann, zeigen Projekte von Harter. In einem Fall wollte ein Hersteller von Fensterrahmen die Niedertemperaturtrocknung wegen schonender Entfeuchtung, des sicheren Prozesses und zur Energieeinsparung einsetzen. Harter rüstete dazu eine bereits bestehende Trockenkammer mit Kettenförderer auf sein Verfahren um.
In einem zweiten Fall wollte ein Hersteller von Bierbankgarnituren die Qualität der Lackierung verbessern und eine Blockfestigkeit erreichen, den Nachfolgeprozess in der Produktion sicherstellen, die Taktzeit verkürzen, die Produktionskapazitäten erhöhen, Energie sparen und überdies eine Neuanlage in extrem enge Platzverhältnisse integrieren. Harter baute dafür einen Trockenschrank in einer Nische ein und installierte das Wärmepumpenmodul im ersten Stock. Beiden Anlagenteile sind über eine isolierte Verrohrung verbunden.
Auch Infrarot-Trocknung entwickelt sich weiter
Doch auch andere Trocknungsverfahren entwickeln sich weiter. So hat zum Beispiel die Excelitas Noblelight GmbH in Hanau Carbon-Infrarotstrahler auf den Markt gebracht. Während konventionelle mittelwellige Strahler mit einer Heizwendel aus legiertem Widerstandsdraht aus Eisen, Chrom und Aluminium ausgestattet sind, findet sich bei den neuartigen Strahlern dort ein Carbonband. Sie geben ebenfalls die sehr wirksame mittelwellige Infrarot-Strahlung ab, bieten jedoch zusätzlich hohe Flächenleistungen und kurze Reaktionszeiten.
Bei der Trocknung mit Infrarot-Bestrahlung wird ein Teil der Strahlung im Material absorbiert, ein Teil wird reflektiert und der Rest durchdringt die Materialien. Dabei hat jedes Material sein eigenes Absorptionsspektrum, also den Bereich, in dem die elektromagnetischen Strahlen am besten aufgenommen werden. Trifft man diesen Bereich optimal, dann erfolgt die Erwärmung des Materials schneller und effektiver.
Die Wellenlänge der Infrarot-Strahlung hat einen erheblichen Einfluss auf den Prozess, wie Excelitas Noblelight berichtet. Kurzwellige Strahlung dringt tief in massive Teile ein und durchwärmt diese schnell und gleichmäßig. Mittelwellige Strahlung wird verstärkt an Oberflächen wirksam, außerdem wird sie von Wasser, Glas und vielen Kunststoffen gut absorbiert und in Wärme umgesetzt.
Schnelle Trocknung hat je nach Anwendung Vorrang
Wie sich Infrarot-Strahler in der Praxis sinnvoll einsetzen lassen, erläutert Noblelight anhand eines Beispiels: Bei der Fertigung von Möbeln werden Paneele aus unbehandeltem Holz farbig gebeizt und dann mit einem UV-Lack beschichtet. Die Beize muss vollständig getrocknet sein, bevor der UV-Lack aufgebracht werden kann. Farbbeizen auf Wasserbasis können hier Probleme verursachen, denn Wasser trocknet relativ langsam.
Ein schottisches Unternehmen verglich bei der Suche nach einer effizienten Trocknung verschiedene Verfahren. Sie zogen zunächst Gaskonvektionsöfen in Betracht, verwarfen aber diese Mögilchkeit: Sie hätten eine Stellfläche mit einer Länge von etwa 20 Metern benötigt und für die vollständige Trocknung wäre eine Verweilzeit von etwa 30 Minuten erforderlich gewesen. Schließlich entschied man sich für zwei mittelwellige Infrarot-Module von Noblelight.
Noch schneller geht das Aushärten der Lacke mit UV-Strahlung. Allerdings funktioniert das nur mit speziellen UV-Lacken. Genau genommen trocknen diese Lacke auch nicht: Der Übergang vom flüssigen Lack zur festen Lackschicht erfolgt über eine chemische Reaktion, die Lackmoleküle vernetzen miteinander. Aus diesem Grund ist eine „UV-Trocknung“ nur sehr bedingt mit anderen Verfahren vergleichbar. SI
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