Am Standort San Luis Potosi in Mexiko entsteht für die BMW Group eine hochmoderne Anlage mit dem weltweit ersten durchgängigen Smart-Factory-Konzept von Dürr, welche die Anforderungen an eine vernetzte Industrie-4.0-Produktion erfüllt. Die Lackiererei wird im ersten Schritt für eine Kapazität von 30 Fahrzeugen in der Stunde ausgelegt, allerdings mit der Möglichkeit, den Durchsatz später auf die doppelte Kapazität zu erweitern. Nur der Bereich Grundlack wird von vorn herein für 60 Fahrzeuge in der Stunde konzipiert. BMW wird auch in dieser Anlage mit seinem bewährten, vollautomatischen IPP (Integrated Paint Process) arbeiten, bei dem auf den Füller und damit auf eine Trocknungsphase verzichtet wird.
Multifunktionale Karosseriespeicher
Mit Blick auf das Anlagenlayout setzt Bietigheimer Anlagenbauer auf ein einfaches Industriegebäude ohne Zwischenebenen im Zusammenspiel mit multifunktionalen Karosseriespeichern in Hochregallagertechnik. Dieses Konzept bietet den Vorteil einer Sortierung der Fahrzeuge mit wahlfreiem Zugriff, was einen zusätzlichen Farbsortierspeicher der herkömmlichen Art überflüssig macht. Durchgängig werden smarte Lösungen in die jeweiligen Prozesse integriert – von der Vorbehandlung (VHB) über die kathodische Tauchlackierung (KTL) und die Spritzkabinen mit Applikationstechnik bis hin zu den Trocknern. Außerdem gehören die Abwasseranlage, die Installationen zur Vollentsalzung des Wassers sowie die Hallenbelüftung zum Leistungsumfang von Dürr.
Für einen effizienten Lackauftrag sorgen in San Luis Potosi insgesamt 30 EcoRP E/L133i Roboter der neuesten, dritten Generation. Diese agieren in den Decklack- und Klarlacklinien wahlweise auf einer oben oder unten verlaufenden Schiene. Sie werden sowohl in der Außen- als auch in der Innenlackierung sowie als Haubenöffner eingesetzt. Erstmals auf dem amerikanischen Kontinent kommt dabei der neue Dürr-Lackierroboter mit der Cloud-fähigen Steuerung EcoRCMP2 zum Einsatz. Diese bietet eine integrierte Sicherheitssteuerung zur Arbeitsraum- und Geschwindigkeitsüberwachung der Roboter sowie ermöglicht die Vernetzung der Roboterdaten mit der übergeordneten Wartungssoftware und Anlagensteuerung.
Dem Verschleiß auf der Spur ist in Mexiko die ebenfalls erstmals eingesetzte Software EcoScreen Maintenance Assistant. Sie ermittelt den Anlagenzustand anhand der Nutzungsdaten, dazu dienen zum Beispiel die Schaltzyklen der Ventile oder Belastungsprofile der Servomotoren der Roboter. Dies ermöglicht eine vorbeugende Instandhaltungsplanung, anstatt sich pauschal an vorgegebenen Wartungsintervallen orientieren zu müssen. Letztendlich ermöglicht das eine Erhöhung der Anlagenverfügbarkeit.
In der Applikationstechnik minimiert das Zusammenspiel von Dosierpumpe, Farbwechsler, Zerstäubergeneration EcoBell3 und dem preisgekrönten Zerstäuberreiniger EcoBell Cleaner D2 den Farbverlust und den Spülmittelverbrauch beim Farbwechsel. Zum Lieferumfang gehören hier auch die Farb- und Dickstoffversorgung sowie 25 Sealing-Roboter der EcoRS-Serie, die an den Karosserien vollautomatisch Nähte abdichten, Dämmschutzmatten und Unterbodenschutz aufspritzen und filigrane Nahtlinien an den sichtbaren Stellen im Türbereich ziehen.
Selbstregelnde Trockenabscheidung
Bei der Lacknebelabscheidung in der Spritzkabine hat sich die BMW Group in San Luis Potosi erneut für die Trockenabscheidung mit dem EcoDryScrubber entschieden. Der bayerische Automobilhersteller war 2010 der erste OEM, der in seinem Werk in Regensburg auf diese Technologie setzte, die inzwischen in mehr als 75 Lackierlinien weltweit im Einsatz ist. Das Erfolgsgeheimnis ist die Einsparung von bis zu 60 Prozent der Energie in der Lackierkabine. Durch den kompletten Verzicht auf Wasser und Chemikalien kann mit bis zu 90 Prozent Umluft produziert werden. Dies reduziert den Aufwand für die Konditionierung von Frischluft und ist der entscheidende Faktor für die sehr gute Energieeffizienz der Spritzkabine. Den Wirkungsgrad verbessert hier die erstmalig eingesetzte Systemsoftware V5.X, die die Beladung des Steinmehls mit Overspray optimieren kann.
Bei den Trocknern nutzt BMW künftig die vollautomatische Frisch- und Abluftsteuerung EcoSmart VEC, die ein bedarfsgerechtes Luftmanagement ermöglicht. Statt eines konstanten Volumenstroms wird die Frisch- und Abluft in Abhängigkeit von Anzahl und Position der Fahrzeuge gesteuert, die sich aktuell im Trockner befinden. Eine weitere Maßnahme zur Energieeinsparung ist die Rückgewinnung der Abwärme aus den thermischen Abluftreinigungen (Ecopure TAR) der Trockner. Die Abwärme wird mit Hilfe eines Abhitzekessels als Heißwasser den Produktionsanlagen wieder zur Verfügung gestellt. Zur Reduzierung der Lösemittelemissionen wird der Abluftstrom aus den Klarlackkabinen als weitere Umweltschutzmaßnahme über eine Ecopure KPR-Aufkonzentrierung abgereinigt, bevor er die Anlage verlässt.
Auch die Dokumentation und Wartung wird smart: Statt Papierordner zu wälzen bietet die elektronische Dokumentation EcoDocu über QR-Codes den direkten Zugriff auf alle anlagenrelevanten Daten und ermöglicht später im Betrieb eine reibungslose Ersatzteilbestellung. Ab August 2018 soll die Anlage bei BMW in San Luis Potosi ihren Betrieb aufnehmen.