BMW: Oversprayfrei zum individuellen Design

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Zwar ist es durch hochentwickelte Zerstäubertechnologien und Lacknebelabbscheide-Verfahren inzwischen möglich, den Ressourcenverbrauch für Lackierprozesse im Automobilbereich zu minimieren. Aber viel besser als weniger Overspray ist natürlich kein Overspray.

Noch vor einigen Jahren erschien ein Serienprozess mit einem oversprayfreien Lackierverfahren geradezu utopisch. Doch dann präsentierte Dürr mit dem EcoPaintJet einen ersten funktionierenden Applikator samt Prozess. Ende 2020 stellte dann ein renommierter bayerischer Automobilhersteller der Fachpresse den ersten Serienprozess für eine oversprayfreie aufgetragene Kontrastlackierung vor. Allerdings konnte der zu diesem Zeitpunkt eingesetzte eingesetzte EcoPaintJet-Applikator stets immer nur alle Düsen gleichzeitig öffnen oder schließen und benötigte von daher stets eine An- und Auslaufstrecke von einigen Zentimeter. Ein selektive Applikation in der Mitte einer Fläche war somit nicht möglich.

Inzwischen hat sich die Technologie schon wieder weiter entwickelt und das BMW Group Werk Dingolfing pilotiert mit dem EcoPaintJet Pro das aktuelleste oversprayfreie Lackierverfahren. Dabei besteht die wichtigste Weiterentwicklung darin, dass die Düsen des EcoPaintJet pro einzelnen ansteuerbar sind, sodass individuelle Farbmuster an fast beliebigen Positionen auf der Karosserie möglich sind. Das bedeutet völlig neue Möglichkeiten, auch im Serienbetrieb grafische Elemente auf Karosserien darzustellen.

Erstmalig bei BMW zum Einsatz kommt die neue Technologie bei 19 BMW M4 Coupés, die mit einer individuellen Bicolor-Lackierung und M4-Kennzeichnung auf Motorhaube und Heckklappe im Werk Dingolfing vom Band rollen. „Wir haben höchste Ansprüche an unsere Produktion hinsichtlich Effizienz, Nachhaltigkeit und Digitalisierung“, äußert Milan Nedeljkovic, Produktionsvorstand der BMW AG. „Diese smarte Lackiertechnologie vereint sämtliche Ansprüche an einen innovativen Produktionsprozess und bietet darüber hinaus einen einzigartigen Kundennutzen.“

Die BMW Group entwickelte gemeinsam mit dem Maschinen- und Anlagenbauer Dürr das neue Applikationsverfahren mit dem EcoPaintJet Pro für die Verarbeitung der Wasserbasislacke und des 2K-Klarlacks. Bei einem klassischen Lackierprozess für eine Automobilkarosserie wird der Lack mit einer Rotationsglocke mit 35- bis 55.000 Umdrehungen pro Minute zerstäubt und der Auftragswirkungsgrad durch elektrostatische Aufladung der Lacktröpfchen verbessert. Das neue Verfahren kommt dagegen ohne Elektrostatik und arbeitet mit einer Strahlapplikation, näherungsweise so ähnlich wie bei einem Tintenstrahldrucker. Eine Düsenplatte formt hierbei feine Lackstrahlen, die eine randscharfe Applikation mit variablen Lackierbreiten zwischen einem und etwa 50 Millimeter ermöglichen. Um hier reproduzierbare Übergänge und Bewegungsmuster gewährleisten zu können, ist eine extreme Präzision der Roboter- und Applikationstechnik notwendig, die weit über das hinausgeht, was konventionelle Lackierprozesse erfordern. Das neue Verfahren erlaubt sowohl klassische Zweifarblackierungen wie ein Kontrastdach, aber auch das Aufbringen von Streifen und Mustern. Derartige Mehrfarblackierungen konnten bisher nur durch manuelles Abkleben, sogenanntes Maskieren, realisiert werden. Mit der neuen Technologie entfällt der dafür erforderliche Material- und Personalaufwand, so dass die Umsetzung zu geringeren Kosten realisiert werden kann. Das neue Verfahren verhindert außerdem den Overspray – ein wichtiger Beitrag für eine nachhaltigere Produktion. Denn wenn keine Lackabscheidung  erforderlich ist, reduzieren sich die erforderlichen Luftmengen bei der Kabinenbelüftung. Bei  rund 7.000 Betriebsstunden folgen daraus immerhin Energieeinsparungen von mehr als 6.000 Megawattstunden  und ein reduzierter CO2-Footprint von annähernd 2.000 Tonnen  pro Jahr. Mit der Lackierung der Kleinserie M4 Coupé erprobt die BMW Group die Möglichkeiten  des neuen Verfahrens. Die Unikate werden zunächst im Fuhrpark des Unternehmens  eingesetzt. Ein Serieneinsatz des pilotierten Lackierverfahrens soll bereits  ab 2022 im Produktionsnetzwerk der BMW Group erfolgen. Die Entwicklung der neuen Lackiertechnologie wird bei BMW außerdem bereits für weitere Serienanwendungen  fortgeführt. 

Auch wenn das neue Verfahren bisher überwiegend für horizontale Flächen eingesetzt werden kann, ist zu erwarten, dass es in der Zukunft möglich sein wird, mit dem neuen Lackierverfahren jedes Bauteil im Fahrzeugexterieur zu lackieren und dem Kunden Individualisierungsmöglichkeiten nahezu ohne Einschränkungen anbieten zu können. Dass sich das Lackieren ohne Overspray künftig in immer mehr Anwendungen etablieren wird, davon sind nicht nur die Entwickler bei Dürr überzeugt.

 

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