Anlässlich der 32. Fachtagung Industrielle Teilereinigung in Dresden gibt der Fachverband industrielle Teilereinigung e.V. (FiT) am morgigen Mittwoch den Sieger der dritten Runde des mit 10.000 Euro dotierten FiT2clean Award bekannt. Der Verband verleiht den Preis jährlich für herausragende Leistungen und Lösungen zu einer aktuellen Herausforderung in der industriellen Teilereinigung.
Bewerben konnten sich die Unternehmen aus der Teilereinigung auf drei Themengebieten: Innovation, Ökologie und QS-Rein 4.0. Die Jury hat mittlerweile aus allen Bewerbungen drei Finalisten ausgewählt, die ihre Bewerbung auf der Fachtagung Industrielle Bauteilreinigung am 11. September 2024 in Dresden vorstellen.
Laborextraktion mittels CO2-Schneestrahlen
Der erste Finalist ist die ACP Systems AG in Ditzingen. Sie hat ein Verfahren entwickelt, um bei Sauberkeitsanalysen im Labor erstmals CO2-Schnee als Extraktionsmedium einzusetzen. Das CO2-Schneestrahlen ist ein etabliertes Verfahren zur industriellen Bauteilreinigung. Es ist laut Anbieter effektiver darin, kleine Partikel unter 50 Mikrometer zu entfernen, als das Absaugen oder Abblasen mit Druckluft. In der Halbleiterbranche werden mit dem Verfahren partikuläre Verunreinigungen bis in den Sub-Mikrometer Bereich entfernt. Das CO2 als Reinigungsmedium ist chemisch inert, nicht elektrisch leitfähig und hinterlässt keinerlei Rückstände auf den Bauteilen. Wird das Schneestrahlen als Extraktionsverfahren für Partikel eingesetzt, können Bauteile deshalb nach der Sauberkeitsprüfung direkt wieder in die Produktionsline eingeschleust und verwendet werden.
Nach Stand der Technik wird die technische Sauberkeit von Bauteilen durch Abreinigung im Labor (Extraktion) mit einem flüssigen Medium geprüft. Die Auswertung erfolgt durch Filtration der Flüssigkeit und Auszählen der Partikel auf der Filteroberfläche mittels Mikroskops (VDA 19.1). Allerdings können die auf Sauberkeit geprüften Bauteile nicht mehr in die Produktion zurückgeführt und müssen entsorgt werden. Das kann dazu führen, dass Baugruppen mit einem Wert von teils mehreren tausend Euro je Baugruppe verschrottet werden müssen. Bei der Extraktion mit Luft über Abblasen oder Absaugen der Partikel vom Bauteil lässt die Reinigungswirkung für Partikel kleiner 50 Mikrometer stark nach. Haften Partikel aufgrund der Anwesenheit von filmisch/chemischen Rückständen fester an einer Oberfläche, können selbst größere Partikel mit Luft nicht mehr prozesssicher abgelöst und in der Sauberkeitsanalyse erfasst werden.
Kostengünstige Reinigung von Leiterplattenmagazinen
Der zweite Finalist, die Kist + Escherich GmbH aus München, hat sich Herausforderungen in der Elektronikfertigung angenommen: Dort werden Leiterplattenmagazine für den innerbetrieblichen Transport von Leiterplatten genutzt. Beim Einsatz solcher Leiterplattenmagazine in Bestückungsautomaten sammeln sich in den Magazinschlitzen Partikel an, die in nachfolgende Produkte oder Prozesse verschleppt werden können. Insbesondere leitfähige Partikel können zu Defekten oder Ausfällen an elektronischen Bauteilen führen.
Derzeit werden diese Transportbehälter gar nicht oder nur punktuell von Hand gereinigt. Eine Reinigung ist Waschanlagen ist teuer, zeitaufwendig, ressourcenintensiv und in der Trocknung kompliziert, weshalb sie nur in Einzelfällen erfolgt.
Der Anbieter hat deshalb nach eigenen Angaben eine Neuheit für die Reinigung entwickelt. Sie ermöglicht ein allseitiges, berührungsloses und trockenes Verfahren. Die integrierte elektrostatische Entladung ist für ESD-Anwendungen optimiert und entspricht der aktuellen Norm IEC 61340-5-1:2016, Restladung (Ionengleichgewicht) < 35 Volt. Die Staub- und Fremdpartikel werden mittels ionisierter Druckluft durch rotierende Düsen von der Oberfläche gelöst, von einem Absaugstrom erfasst und einer integrierten Filtereinheit zugeführt. Die Reinigungsmaschine kann sowohl inline als auch offline eingesetzt werden, auch eine Beschickung über Transportsysteme ist möglich. Die Anlagen sind für unterschiedliche Magazingrößen programmierbar.
Partikelfracht per App messen
Dritter Bewerber um den Fit2Clean Award ist die PartikelART Solution GmbH aus Dortmund. Sie fokussiert die zu geringe Messhäufigkeit der Partikelfracht auf Bauteilen und Behältern. Grund sind die hohen finanziellen und zeitlichen Aufwände zu Erstellung einer Sauberkeitsanalyse nach VDA19.1. Gleichzeitig zeigen die Sauberkeitslabore in den Unternehmen eine sehr hohe Auslastung auf, was die Reaktionszeit auf kritische Verschmutzungen unannehmbar verlängert. Eine weitere Herausforderung ist ein alternativer Ansatz zur fehlerbehafteten Klassifikation von Partikeln in metallisch (glänzend) und nicht metallisch (glänzend) mit polarisiertem Licht und manueller Nachkontrolle.
Das Unternehmen hat dazu eine App entwickelt, die es erlaubt, mittels handelsüblichen Smartphones Partikel zu vermessen und Partikel in metallisch, nicht-metallisch und Fasern zu klassifizieren. Als Optik dient die Kamera des jeweiligen Smartphones, die mit vier bis zwölf Megapixeln die fehlende optische Vergrößerung des Mikroskops kompensiert. Damit ist es möglich, Partikel ab 200 Mikrometern im One-Shot-Verfahren zuverlässig zu vermessen. Vergleichsmessungen des Fraunhofer IPA sowie der Firma CleanControlling zeigen Messabweichungen von weniger als 10 Prozent.
Neben der Überwachung der Partikelfracht pro Bauteil ist mit der App darüber hinaus die Ermittlung des Oberflächensauberkeitswerts oder – im Rahmen der Analyse der Umgebungssauberkeit – die Ermittlung des Illig-Werts möglich. Die größere Fläche führt zwar zu einer Verringerung der Genauigkeit der Vermessung des einzelnen Partikels, die jedoch durch die Messung in Größenklassen in diesem Anwendungsfall unerheblich ist. Die Analyse mit der App ist in jedem Fall kostengünstiger und schneller als eine Standard-Sauberkeitsanalyse.