CVD-Diamantbeschichtung steigert Standzeit beim Bohren im CFK-Alu-Stack

Anzeige Vakuumtechnologie |

Tausende Nietlöcher mit konstanter Präzision in CFK-Alu-Komposite für Flugzeugteile einzubringen, das verlangt exakt ausgelegte VHM-Bohrer hoher Qualität. Eine österreichischer Hersteller von Präzisionswerkzeugen konstruiert diese in kurzer Zeit – und steigerte dabei im jüngsten Projekt die Standzeit um 130 % im Vergleich zu Kundenvorgaben.

Carbonfaserverstärkte Kunststoffe (CFK) begeistern Konstrukteure im Flugzeug-Leichtbau, treiben Zerspanungsexperten aber den Schweiß auf die Stirn, wie der Beschichtungsspezialist Oerlikon Balzers mitteilt. Auf seinem Weg durch ein Komposit trifft ein Bohrer mal auf superfeste Kohlenstofffasern und weicheres Epoxidharz, bei Schichtverbundmaterial auch mal auf Lagen aus Titan oder duktilem Aluminium mit völlig anderen Zerspanungseigenschaften. Zu verhindern ist dabei vor allem Delamination, also Faserausrisse beim Ein- und Austritt des Bohrers. Denn diese führen letztlich zu abweichenden Toleranzen in Bezug auf Durchmesser, Form und Oberflächengüte der vielen Tausend Löcher, die Nieten zur stabilen Montage der Bauteile aufnehmen sollen.

Jede Werkzeuganwendung erst genau untersuchen

Eine äußerst knifflige Aufgabe, für die der österreichische Präzisionswerkzeughersteller Scheinecker aus Steinhaus bei Wels, der 2025 sein 50-jähriges Bestehen feiert und 35 Jahre Know-how im Einsatzfeld Luft- und Raumfahrt mitbringt. „Wir durchleuchten jeden Anwendungsfall bis aufs Kleinste vor Ort beim Kunden, bevor die Konstruktion ins Spiel kommt“, sagt deshalb Dino Lirk, Technischer Leiter bei Scheinecker.

So war es auch, als ein renommierter Flugzeughersteller anklopfte und nach einem Bohrer fragte, der die Bearbeitung nach einer Materialänderung besser als das bisherige Werkzeug bewältigen könnte. Dabei ging es um Stackmaterial aus mehreren Carbonfaser- und Aluminiumlagen für Bauteile im Flügelbereich eines Passagierflugzeugs. Um solche heterogenen Werkstoffe prozesssicher über eine lange Einsatzzeit hinweg sauber zu zerspanen, müssen Substrat, Geometrie, Mikroschneidenstruktur und Beschichtung des Werkzeugs genau zusammenpassen. Die Österreicher achten bei der Auslegung der Geometrie auf Spanfluss, kontrollierten Spanbruch wie auch Werkzeugstabilität. Der Fokus liegt zudem auf Oberflächengüte, Rundlaufgenauigkeit und Steifigkeit des Bohrers.

Beschichtung macht das Werkzeug stärker

Weil die Beschichtung eine maßgebliche Rolle für beste Performance spielt, griff Scheinecker zu Baldia Composite DC, einer Diamantbeschichtung des Oberflächenspezialisten Oerlikon Balzers. Speziell entwickelt für die Bearbeitung von Komposit-Werkstoffen, schützt die nanokristalline CVD (Chemical Vapour Deposition)-Schicht gegen Verschleiß durch hochabrasives CFK und thermische Belastung wie auch gegen Anhaftungen und Gratbildung durch Aluminium.

Dabei beschränken sich die Fähigkeiten dieser Diamantbeschichtung nicht nur auf das Bohren von CFK oder Stack-Materialien mit Titan oder Aluminium. Auch Aluminiumlegierungen mit mehr als 12 % Siliziumanteil mit bewältigen mit Baldia Composite DC beschichtete Werkzeuge sehr gut. Ein weiteres Einsatzgebiet sind nach Angaben des Herstellers präzise Graphitformen.

Mikrometergenaue Beschichtung zum Einhalten enger Toleranzen

Oerlikon Balzers erzeugt den Oberflächenschutz laut eigener Mitteilung mikrometergenau und kontrolliert die Schichtdicke auf präzise Einhaltung von Toleranzwerten, die in der Mitte der geltenden Ober- und Untergrenzen liegen. Typische Schichtdicken liegen zwischen 4 und 15 µm. Somit ermöglicht Baldia Composite DC sehr enge Toleranzen von Werkzeugdurchmesser und Bohrungen. Eine spezielle Vorbehandlung unterstützt nochmals die Erhaltung sehr scharfer Schneidkanten, hoher Prozesssicherheit und konstanter Bohrungsqualität. Die Schichthärte HIT liegt zwischen 80 und 100 GPa, gemessen durch Nanoeindringung nach ISO 14577. Bei Multilayer-Schichten kann die Härte der einzelnen Schichten variieren und die Härte kann an die jeweilige Anwendung angepasst werden. Als maximale Anwendungstemperatur nennt der Hersteller etwa 600 °C als Erfahrungswert aus der Praxis, je nach dem vorhandenen Druck.

Scheinecker konstruierte das VHM (Vollhartmetall)-Werkzeug für den Einsatz in einer halbautomatischen Bohrvorschubeinheit (ADU/Advanced Drilling Unit) – ein Novum, denn die besagten Bauteile wurden zuvor nur manuell gebohrt. Vermessen und produziert wurden Geometrie samt Bohrer mit sehr hohem Aufwand und modernsten Maschinen. Tests liefen auf eigenen Stationen wie auch beim Kunden.

Über 130 % mehr Standzeit in nur vier Wochen

Schon beim ersten Versuch wurden 600 Bohrungen mit einem Werkzeug erzielt, inzwischen sind es weit über 1.000. „Mit 1.000 Bohrungen liegen wir schon 130 % über den Kundenanforderungen. Durch weitere Anpassungen der Schichtdicke und Geometrien sind noch um bis zu 30 % höhere Standzeiten zu erwarten“, bilanziert Lirk. Dabei vergingen von der ersten Besichtigung des Bauteils bis zum fertigen, angelieferten Werkzeug nur rund vier Wochen – kein Sonderfall, sondern die durchschnittliche Durchlaufzeit bei Scheinecker. Marktüblich seien mehr als zehn Wochen, sagt Lirk.

Standzeit wie auch Umsetzungstempo waren nicht zuletzt das Ergebnis der Zusammenarbeit mit Oerlikon Balzers. „Wir fragen bei solchen Projekten gleich nach allen maßgeblichen Faktoren und entscheiden dann aufgrund unserer Erfahrung recht schnell, welche Schicht in welcher Dicke in Frage kommt. Von Scheinecker erhalten wir frühzeitig alle nötigen Infos, sodass wir Testwerkzeuge schnell beschichten und liefern können“, erläutert Dirk Schmidt, Product & Key Account Manager Diamond bei Oerlikon Balzers.

„Aus solchen Gründen arbeiten wir ausschließlich mit Oerlikon Balzers als Beschichtungspartner zusammen“, erläutert Ulrike Scheinecker-Graul. Die Geschäftsführerin von Scheinecker erhielt gewissermaßen eine Bestätigung für das gute Teamwork direkt vom Kunden: Dieser bezeichnete die mit dem Bohrwerkzeug erzielten Kosten pro Bohrloch als bisher bestes Resultat, das er in einem solchen Projekt je erreichen konnte.

Zurück