
LPW Reinigungssysteme GmbH
Geschäftsfelder: Infrarot- und Ultraviolett-Strahler, -Systeme und Lösungen für Anwendungen in industrieller Produktion, Umweltschutz, Medizin und Kosmetik, Forschung und analytischen Messverfahren
Zielgruppen: Industrielle Reinigungsanlagen und zugehörige Dienstleistungen
Mitarbeiter: 85
Jahresumsatz: ca. 18 Mio. Euro
Gesprächspartner: Gerhard Koblenzer, geschäftsführender Gesellschafter
Herr Koblenzer, zuerst wieder eine Rückblende. 2024 war wie erwartet herausfordernd - wie verlief das zu Ende gehende Jahr aus Ihrer Perspektive?
Das Jahr 2024 war mit einer Vielzahl von Erwartungen verbunden. Gerade die neuen Geschäftsfelder z.B. in der Hochvakuumtechnik, der E-Mobilität, in der Luft- und Raumfahrttechnik und auch in Teilen der Medizintechnik hatten ihre Beschaffungsplanungen auf einen Produktionsbeginn im Jahr 2025 ausgerichtet. Das hat sich auch deutlich bei den Anfragen und Projekten über den Jahreswechsel widergespiegelt und hält auch erfreulicherweise weiterhin an.
Durch eine Vielzahl von Ursachen werden die Investitionsentscheidungen jedoch nicht oder nur in geringem Umfang getroffen. Waren es zu Beginn des Jahres vor allem die mittelständischen Kunden in den Lieferketten der großen OEM´s und Tier 1, die aufgrund der wirtschaftlichen Unsicherheiten ihre Investitionen zurückhielten, sind es inzwischen auch die Großunternehmen, die Ihre Investitionsvorhaben verschieben. Das belastete das Jahr 2024 und trübt auch deutlich die Erwartungen für das kommende Jahr, speziell für das erste Halbjahr.
Die Gründe sind vielfältig. Im Automobilsegment erkennt man nahezu einen Stillstand. Das alte Geschäft „Powertrain“ ist faktisch nicht mehr vorhanden, die neuen Aufgaben kommen nicht zum Laufen, nicht nur in Deutschland. Ein kleines Strohfeuer ist bei der Produktion von Großdieseln zu verzeichnen.
Luft- und Raumfahrt bewegt sich in kleinen Schritten mit teils völlig neuen Themen, Defense stockt und die Nachfrage aus der Medizintechnik ist aktuell ebenfalls verhalten. Im letzten Quartal 2024 wurden zudem eine Vielzahl von Beschaffungsvorhaben in der Hochvakuumtechnik gestoppt und ins neue Jahr verschoben. Auslöser waren die vermeintlich schlechten Geschäftszahlen der großen OEM´s in Europa und den Staaten. Insgesamt befindet sich die Industrie weltweit im Umbruch.
Die letzten Wochen waren turbulent – die deutsche Regierung ist zerbrochen und die Welt wirft einen bangen Blick auf die USA nach der Trump-Wiederwahl. Woran denken Sie gerade, wenn Sie auf das Jahr 2025 blicken?
Politik hat keinen direkten Einfluss auf weltweite Trends und die damit verbundenen strukturellen Veränderungen, u. a. in der industriellen Produktion. Sie kann sie nicht erzeugen und auch nicht wirksam verhindern, schafft aber wesentliche Rahmenbedingungen dafür, ob diese schneller oder langsamer umgesetzt werden und wie man letztendlich auf sie reagiert. Leider erzeugt sie aktuell, nicht nur in Deutschland, maximale Verunsicherung und damit Planungsunsicherheit. In einer wirtschaftlichen schwierigen Zeit, mitten in einem industriellen Strukturwandel, werden die alten Industrien geschwächt und die neuen perspektivisch nicht unterstützt. Die Folge ist eine toxische Investitionszurückhaltung in nahezu allen Industriebereichen. Auch ist die Frage erlaubt, wie sich der Regierungswechsel im kommenden Jahr in den USA auf die wirtschaftlichen Perspektiven auswirkt. Hier ist nahezu jedes Szenario möglich und in letzter Konsequenz sind die Auswirkungen im hohen Maße davon abhängig, wie Europa und vor allem Deutschland auf mögliche Veränderungen reagiert. Es bleibt spannend.
2024 hatten viele Unternehmen der Teilereinigungsbranche noch Aufträge aus dem Vorjahr in der Tasche. Wie ist derzeit die Auftragslage und das Auftragspolster und wie schätzen Sie die Entwicklung für 2025 ein?
Der Motivationlevel in der Branche ist aktuell so niedrig, wie der Auftragseingang. Der Auftragseingang in 2024 war zudem unbefriedigend und sehr inhomogen. Als Folge waren viele Unternehmen gezwungen für Teile ihrer Belegschaft Kurzarbeit anzumelden oder Personal abzubauen. Dennoch gehen wir als LPW mit einem vernünftigen Basisauftragsbestand in das neue Jahr. Wie in den Jahren zuvor erzeugen die Auftragsverteilung und die jeweiligen -volumen eine sehr schwankende Kapazitätsauslastung. Die entscheidende Frage ist, wie sich der Geschäftsverlauf im ersten Quartal entwickelt.
Das kommende Jahr bietet aber auch Chancen. Weltweit steigen perspektivisch die Anforderungen an die technische Sauberkeit in den Prozessketten, gerade in den zukunftsträchtigen HighTech-Branchen. Als Konsequenz wird auch der Bedarf an hochwertigen industriellen Reinigungsanlagen in den kommenden Jahren deutlich steigen.
Prinzipiell gute Aussichten für all jene Unternehmen, die sich mit sauberen Produktionsprozessen beschäftigen. Das bringt kurzfristig zwei wesentliche Aufgabenstellungen, die zu lösen sind:
Wir verzeichnen einen deutlich ansteigenden Bedarf an Support bei dem Aufbau hochsauberer Prozesse und einem erweiterten Prozessverständnis in nahezu allen Branchen. Das wirkt sich auch auf die Nachfrage nach angepassten Reinigungslösungen und den begleitenden Dienstleistungen aus.
Zum anderen muss die wirtschaftlich gebeutelte Zulieferindustrie in nahezu allen Branchen bei der Optimierung bestehender Kapazitäten und Ergänzung mit bezahlbaren Lösungen zur Erhöhung der Qualität der Reinigung und im Prozess unterstützt werden. Das bietet in unserem Hause große Chancen u. a. für unsere Lohnreinigungs- und Consultingsparte und auch für unsere modularen Standardlösungen zum schrittweisen Aufbau hochsauberer Prozessketten.
Die Leitmesse der Reinigungsbranche, die Parts2clean, ist auf 2025 verschoben worden. Ist es noch zu früh zu sagen, welchen neuen Trends sich ergeben, oder zeichnet sich jetzt schon ab, was die bestimmenden Themen sein werden?
Die Branche hat sich in den vergangenen Jahren stark verändert. War die Feinst- und Ultra-Feinstreinigung in den letzten 20-30 Jahren im Wesentlichen eine Aufgabenstellung für Mehrbad-Ultraschallanlagenanbieter für Aufgaben z.B. in Teilen der Medizintechnik, der optischen Industrie oder der Waferreinigung, zeichnete sich in den letzten 10-15 Jahren ein Trend zu den neuen Aufgaben in der Hochvakuumtechnik, der Sensor- und Analysegerätetechnik, der additiven Fertigung und auch bei neuen Aufgabenstellungen in der Luft- und Raumfahrt ab. Der Kern dabei war und ist die Kombination aus komplexen Bauteilen mit deutlich höheren Reinheitsanforderungen. Also das, was man heute als High Purity bezeichnet. Auf diese Veränderungen hat sich die Messelandschaft bisher noch nicht wirklich eingestellt.
Als das deutschsprachig dominierte Automobilgeschäft noch gut lief gut, war der Fokus klar auf den bekannten marktdominierenden Anlagenbauern, ihren Lieferketten und dem begleitenden Maschinenbau. So hatte sich auch die Messelandschaft ausgerichtet. Gerade die parts2clean war vom Charakter eine Messe für industrielle Teilereinigung, im deutschsprachigen Raum mit dem genannten Fokus.
Nun ist der Markt international, hochflexibel und prozesskettenorientiert geworden. Das bildet die Messe aktuell noch nicht ab. Es fehlt das internationale Publikum, die Aussteller im Bereich Monitoring, Medien, Verpackung & Logistik sowie all jene, die sich mit sauberen Umgebungsbedingungen auseinandersetzen. Der Wechsel auf einen 2-jährigen Turnus ist die Konsequenz daraus. Er gibt den Ausstellern die Möglichkeit andere Netzwerke aufzubauen und jene Veranstaltungen zu besuchen, die den Alltagsmarkt besser repräsentieren. Die parts2clean muss Antworten für die Treiber der neuen Aufgaben (OEM´s und zentrale Tier 1) und ganz wichtig für die mittelstandbasierten Zulieferketten geben können.
Während die LPW sich bereits früh auf diesen Trend eingestellt hatte, wurde dieser Trend in den vergangenen Jahren von dem Großteil der Branche weitestgehend vernachlässigt. Das hat sich 2020/2021 schlagartig geändert und wird sich mit etwas Optimismus auch in den kommenden Jahren in der Messe- und Veranstaltungslandschaft widerspiegeln. Inzwischen ist ja jeder ein wenig High Purity.
Die Automobilindustrie könnte auch 2025 noch einer schwierigen wirtschaftlichen Lage sein. LPW und andere Unternehmen haben schon vor Jahren begonnen, zu diversifizieren. Auf welche Branchen und Märkte werden Sie 2025 setzen?
Welche Wahl hat man aktuell? Der Markt stellt die Anforderungen und man muss entsprechend breit genug aufgestellt sein, um darauf schnell und auf fachlich hohem Niveau reagieren zu können. Die Branchen sind bekannt und die Anforderungen entwickeln sich relativ klar und schnell.
Der aktuelle Spagat tut weh, ist aber Teil des Alltags in den letzten Jahren. Da das „alte“ Geschäft faktisch gestorben ist und die neuen Marktsegmente starken Schwankungen unterliegen, ist eine Spezialisierung nur schwer möglich. Diese ist dann wieder möglich, wenn die Märkte sich beruhigt haben und mit einer mittelfristigen Perspektive ihre Prozesse umstellen. Dann steigt in Folge die Investitionsbereitschaft der mittelständischen Zulieferindustrie.
Wie sieht die Situation speziell in den USA aus? Erwarten Sie, dass die neue Regierung ab Januar ihre angekündigte protektionistische Politik tatsächlich so umsetzt, und was wären die Folgen für uns?
Ja, wird sie! Bei direktem lokalem Wettbewerb auf dem nordamerikanischen Markt wird es sicher deutlich schwieriger. Die Branche der industriellen Reinigungstechnik würde natürlich, gerade bei einfacheren Anwendungen, auch davon betroffen sein. Im hochwertigen Bereich mit Anforderungen an einen hohen Automatisierungsgrad oder Anforderungen in der Feinst- und Ultra-Feinstreinigung wird der Bedarf, mangels lokaler Wettbewerber, weniger beeinflusst sein.
Antwortet die EU mit Gegenmaßnahmen, was zu erwarten ist, wird es aber auch für US-Unternehmen schwieriger die eigenen Produkte auf dem europäischen Markt zu verkaufen. Viele Europäer versuchen nun ein Standbein in den Staaten aufzubauen. Aber auch die Gegenreaktion ist erkennbar. Die dadurch entstehenden Lücken in Europa müssen geschlossen werden. Gerade Firmen aus Asien, und nicht nur aus China, erkennen diesen Trend und planen bereits heute entsprechende Investitionen auf dem europäischen Markt. Das betrifft u. a. die Hochvakuumtechnik als auch Bereiche der Medizintechnik.
Was muss eine zukünftige Bundesregierung tun, um die deutsche Wirtschaft wieder zu stärken?
Grundlagen für mittelfristige und langfristige Planungen schaffen. Wir können nicht über den Preis mit dem Rest der Welt konkurrieren. Produktqualität, Innovationsgrad und unsere Kernkompetenzen, die wir in Zentraleuropa besser können als der Rest der industrialisierten Welt, müssen die Argumente liefern. In Zentraleuropa sind wir durch die Qualifikation auf allen Ebenen und die sachfokussierte Kommunikation die Prozessmacher und -optimierer in der industriellen Welt.
Zusätzlich schaffen stabile Rahmenbedingungen bei den Energiekosten oder durch Reduzierung der organisatorisch-bürokratischen Vorgaben der Politik, aber auch der Großunternehmen, Planungssicherheit und erhöhen die so dringend benötigte Flexibilität.
Zu den Ausblicken auf 2025: Nachhaltigkeit, Energieeffizienz und Automatisierung waren industrieweit auch 2024 sehr präsent und werden es vermutlich auch im nächsten Jahr bleiben. Spielt das bei Ihren Kunden auch eine große Rolle und wie wirkt sich das konkret aus? Gibt es etwa einen Trend hin zu Niedertemperatur-Reinigung?
Nur eine kleine Anmerkung in Kurzfassung: Kaltreinigen ist immer dann perfekt, wenn die Trocknung mit technisch einfachen Mitteln realisierbar ist. In allen anderen Fällen macht es energetisch keinen Sinn für die Trocknung ein Mehrfaches an Energie in den Isolator Luft zu stecken um eine geringe Einsparung in den Reinigungs- und Spülbädern zu realisieren. Da gibt es intelligentere Ansätze. Echte Nachhaltigkeit bedeutet Ressourceneffizienz bei der Gewährleistung von Verfügbarkeit und validierbarer Qualität. Der Schlüssel zu mehr Effizienz steckt in der Automatisierung und in einem neuen Monitoring-Verständnis, weit über die Reinigungsanlage hinaus. Vernetzte und flexibel auf Veränderungen reagierende Prozessketten erlauben immer nur den Ressourceneinsatz, der für die jeweilige Aufgabe in diesem Moment erforderlich ist. Und nicht mehr. Davon sind wir jedoch im Alltag noch weit entfernt. Es erfordert hier einen völlig neuen Mindset.
Das LPW-Applikationsengineering arbeitet an diesen Themen, mit externen Partnern, seit Jahren mit steigendem Erfolg.
Was ist Ihre ganz persönliche Prognose für 2025 und wohin wird die Reinigungsbranche im neuen Jahr hinsteuern?
2025 wird nochmal ein sehr schwieriges und überaus forderndes Jahr. Im schlechtesten Fall müssen wir damit rechnen, dass sich das Jahr 2024 wiederholt. In jedem Fall wird es zu Beginn eine erhebliche Herausforderung mit stark negativen Einflüssen auf die Unternehmen, unabhängig von ihrer Größe, speziell in den ersten sechs Monaten. Die Firma LPW ist jedoch später in die wirtschaftlich schwierige Situation eingestiegen, wir haben aber die reelle Chance diese wieder schneller hinter uns zu bringen, da wir uns technologisch bereits vor vielen Jahren auf die aktuellen Veränderungen eingestellt haben.
Das geht nicht ohne Veränderungen und erfordert ein vorurteilsfreies Überdenken der eigenen Aktivitäten und Strukturen. Ich erwarte jedoch auf Grund der aktuellen Projekte eine positive Entwicklung ab dem 2./3. Quartal 2025, mit positiven Auswirkungen auf den Jahreswechsel 2025/2026. Voraussetzung ist jedoch, dass keine neuen Krisen entstehen, die die eigene Resilienz vor gänzliche neue Herausforderungen stellt.
Sie sprachen davon, dass die Bedeutung von sauberen Produktionsprozessen in den kommenden Jahren in vielen Branchen zunehmen wird. Was bedeutet das für die Branche?Betrachtet man die mittel- und langfristigen Investitionsprognosen in Bezug auf die Reinraumtechnik, so rechnen die Institute mit einem durchschnittlichen Wachstum von 5% / Jahr. In manchen Branchen, wie zum Beispiel der Medizintechnik oder der Halbleiterindustrie, sogar deutlich höher.
Was hat das mit uns zu tun? Da Reinräume nicht sauber machen, besteht ein stetig steigender Bedarf an sauberen Produktionsketten und an der integrierten Reinigungstechnik, die den Transfer aus dem Produktionsumfeld in diese sauberen Umgebungsbedingungen sicherstellen kann und muss. Und das unter prozesssichererer und nachvollziehbarer Anhebung des Niveaus der technischen Sauberkeit.
In Zukunft wird die Konzentration auf diesen Teilprozess von entscheidender Bedeutung sein. Für dieses Quality Gate erfordert es einer engen und klar definierten Zusammenarbeit zwischen z.B. dem Reinraumbauer, dem Vorprozesseigner und dem Planer der zugehörigen Reinigungstechnik.
Aus unserem Alltag bei LPW der vergangenen Jahre durften wir lernen, dass die Diskussion mit dem Kunden nicht mit der Reinigungsanlage beginnt. Vielmehr stehen die Sicherstellung der Reinigbarkeit oder auch Cleanability im Vorprozess, die Qualität der eingesetzten Medien und Hilfsstoffe, die Qualifikation der Mitarbeiter sowie der sichere und saubere Transfer der Bauteile in saubere Umgebungsbedingungen im Fokus. Eine technisch fordernde Diskussion um Schnittstellen und Prozessketten, mit dem Ziel einen ambitionierten Grad an technischer Sauberkeit zu erzeugen und zu halten. Die Qualität und Funktionalität der Reinigungstechnik wird dabei vorausgesetzt und ist die Konsequenz aus den vorhergehenden Gesprächen.
Das hat auch Folgen auf die Netzwerke und die Kooperationen mit anderen Unternehmen. War man bisher fokussiert auf die Reinigungstechnik und die zugehörigen Verfahren, die Chemie und die Medienaufbereitung, steht nun die intensivere Zusammenarbeit mit Akteuren in den Vor- und Folgeprozessen im Zentrum der Aufmerksamkeit.
„Wie übernehme ich die Bauteile aus dem Vorprozess?“, „Wie definiere und realisiere ich die Schnittstelle in den Reinraum?“ oder „Wie schaffe ich ein teilprozessübergreifendes Monitoring?“ sind zum Beispiel übliche und notwendige Fragestellungen.
Lieferanten von Reinigungsanlagen werden zunehmend zu Dienstleistern in hochsauberen Prozessketten, mit einer starken Anlagenbausparte.