Klarlacke mit Effekt

Außergewöhnliche Designs durch stratifizierende Effektpigmente erzielen

Fraunhofer IPA stratifizierende Klarlackystem
Bei weißen Farbtönen schwächt das in ihnen enthaltene Titandioxid durch diffuse Lichtstreuung Effektpigmente stark ab oder verhindert ihre Wirkung. Stratifizierende Klarlacksysteme können dieses Problem lösen.

Das Fraunhofer IPA bringt Effektpigmente in die Klarlack- und nicht in die Basislackschicht ein. Damit lassen sich neue Stylings kreieren und die Effektausprägung deutlich steigern.

Effektfarben machen Oberflächen in besonderer Weise lebendig. In der Automobilbranche haben sie daher einen hohen Stellenwert. Traditionell werden Effektfarben durch die Pigmentierung der Basislackschicht realisiert. Dabei ist jedoch von Nachteil, dass besonders bei gut deckenden Basislacken nur ein Bruchteil der Effektpigmente sichtbar ist. Der Großteil der übrigen Farbpigmente wird abgedeckt. Vor allem bei weißen Farbtönen schwächt das enthaltene Titandioxid durch diffuse Lichtstreuung die Effekte stark ab oder verhindert sie sogar komplett. Dieses Problem können sogenannte stratifizierende Klarlacksysteme lösen. Die Klarlacke enthalten die Effektpigmente in basislacknahen Bereichen. Auf diese Weise wird auch der gewünschte Perleffekt erreicht, sodass bei stratifizierenden Klarlacken der Perlmuttglanz aus der Tiefe zu kommen scheint. Im Klarlack trifft der einfallende Lichtstrahl viel intensiver auf die Effektpigmente als in hochpigmentierten Basislacken. Dadurch lassen sich dann besonders brillante, robuste und auch sehr ausgeprägte Effekte erreichen, obwohl die Pigmentierungshöhe oft nur einen Bruchteil eines Basislacks ähnlicher Effektausprägung ausmacht.

Effektipgmente Fraunhofer IPA
Die Detailansicht bei direkter Beleuchtung zeigt sowohl den Sparkle- als auch den Aufhellungseffekt (gegenüber der Referenz-Uni-Farbe), die durch Effektpigmente im Klarlack erhalten werden können (Bild: Fraunhofer IPA)

Effiziente und robuste Effektdesigns

Die mit Klarlacken erzielbaren Farbeffekte erweisen sich im Vergleich zu Effekten aus Basislacken auch bei der Applikation als wesentlich robuster. Denn im Klarlack spielt für die Effektausprägung immer die Gesamtheit der Effektpigmente eine Rolle, wohingegen im Basislack nur die oberen, dem einfallenden Licht zugänglichen Bereiche intensiv wirken. Abweichungen in der Orientierung beziehungsweise der vertikalen Verteilung der Effektpigmente treten deshalb visuell kaum oder überhaupt nicht in Erscheinung. Die oben genannten Aspekte lassen sich jedoch nur dann realisieren, wenn sich die Effektpigmente bei oder nach der Applikation in den unteren Bereichen der Klarlackschicht anreichern, das heißt in Richtung Basislackschicht stratifizieren. Nur in diesem Fall bildet sich eine im wesentlichen pigmentfreie obere Klarlackschicht aus, die dafür sorgt, dass sich keine negativen Auswirkungen auf den Oberflächenglanz, die Performance und Witterungsbeständigkeit ergeben. Auch im Hinblick auf die Polierbarkeit und Reparaturfähigkeit des Decklacks sind dann keine nachteiligen Aspekte zu erwarten. Denn im Schadensfall wird die beschädigte Fläche aufpoliert und gegebenenfalls mit einem etablierten, konventionellen Reparaturlack ausgebessert. Falls der Schaden tiefergehend und eher großflächig sein sollte, kann mit einem stratifizierenden Reparaturdecklacksystem ausgebessert werden.
Das Fraunhofer IPA beschäftigt sich seit längerer Zeit mit stratifizierenden Lacksystemen, bei denen nicht – wie üblich – Bindemittelkomponenten, sondern die Pigmente selbst stratifizieren. Pigmente besitzen den Vorteil, dass bereits etablierte Lackaufbauten nicht oder nur unwesentlich durch Zugabe geringer Mengen der stratifizierenden Pigmente verändert werden müssen.

Oberflächenmodifizierung kontrolliert Pigment-Stratifizierung

Da die Komponenten des Beschichtungsstoffs nur geringfügig angepasst werden müssen, können Lackieranlagen mit den ursprünglichen Einstellungen weiterbetrieben werden. Zudem sinkt das Risiko, dass die zur Freigabe notwendigen Abprüfungen fehlschlagen. Zur Pigmentstratifizierung wird eine spezielle Oberflächenmodifizierung für Pigmente und Partikel angewendet, die am Fraunhofer IPA entwickelt worden ist. Die Triebkraft zur Stratifizierung beruht nach dieser Methode auf thermodynamischen Effekten, welche durch eine gezielte Steuerung von Oberflächenenergien an den jeweiligen Pigmentoberflächen verursacht wird. Auf diese Weise lassen sich kontrolliert die gewünschten Effekte durch die auf diese Weise behandelten Pigmente im Klarlack
bewirken.

Abbildung 1 und 2 (oben): Nachweis der Pigmentstratifizierung mittels Laser-Scanning-Mikroskopie durch Auswertung der Partikelanzahl im oberen Viertel einer Klarlackschicht für ein kommerzielles Effektpigment (oben) und das entsprechend zusätzlich oberflächenmodifizierte Effektpigment (unten). Abbildung 1 macht die in Automobil-Klarlacken erzielbare Stratifizierung von Effektpigmenten mittels Laser-Scanning-Mikroskopie deutlich. Wird der Pigmentanteil im oberen Viertel der Lackschicht für ein nicht modifiziertes und für das entsprechend oberflächenmodifizierte Pigment verglichen, so lässt sich feststellen, dass das oberflächenmodifizierte Pigment im oberen Viertel der Lackschicht deutlich gegenüber dem statistischen Wert von 25 % Pigmentanteil abgereichert ist, während das nichtmodifizierte Pigment, vermutlich infolge einer verminderten Benetzung, sich oberflächlich sogar anreichert.

Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA
www.ipa.fraunhofer.de