Dr. Herrmann GmbH: Den Einfluss von Schichtdicken systematisch ermitteln

Einfluss applizierter Schichtdicken auf die Oberfläche von Strukturlacken – analysiert mit einem 3D-Profilometer

Profilometer
Seit Januar verfügt die Dr. Herrmann GmbH & Co. KG über ein Profilometer, mit dem Oberflächen im Nanometerbereich analysiert werden können (Bild: Dr. Herrmann GmbH & Co.KG)

Ein neues Messgerät führte zu der Idee einer systematischen Analyse des Einflusses von Schichtdicken auf die Ausbildung der Oberfläche von Strukturlacken – heraus kamen interessante Erkenntnisse.

Bisher gibt es keine systematische Analyse der Strukturausbildung von Struktur-Pulverlacken – das bedeutet, wie grob ein Grobstrukturlack oder wie fein ein Feinstrukturlack ist, liegt im Ermessen und der Beschreibung der Lackhersteller. Es gibt keinerlei Normung. Weiterhin ist über den Einfluss der Schichtdicke bezüglich der Strukturausbildung bisher wenig bekannt, außer dass viele Lackhersteller Schichtdicken von etwa 70 bis 80 μm empfehlen. Aber was passiert genau bei zu hohen oder zu niedrigen Schichtdicken?

Bei der Dr. Hermann GmbH & Co. KG kommt seit Januar ein neues Analysegerät zum Einsatz, ein sogenanntes 3D-Profilometer. Es verfügt über zwei optische Laser und kann so die Struktur einer Oberfläche in Z-Richtung mit einer extrem feinen Auflösung von 100 nm erfassen. Die Probe wird dabei über einen automatisch verfahrenden XY-Tisch unter den Lasern bewegt und so systematisch abgerastert. Am Ende lassen sich nicht nur die größten Höhen und Tiefen ausgeben, sondern die tatsächliche Oberfläche kann berechnet und dargestellt werden.

Ein Gedanke, dieses immerhin etwa 60.000 Euro teure Gerät anzuschaffen, lag unter anderem darin, die Oberfläche von gestrahlten Bauteilen in Bezug auf ihre Struktur und vor allem auch den Flächengewinn hin analysieren zu können. Denn klassische Rauheitsmessungen und die daraus resultierenden Ra oder Rz Werte sind bezüglich der tatsächlich generierten Oberfläche und deren Struktur nur bedingt aussagefähig, schließlich werden hierbei nur einige wenige Messpunkte berücksichtigt. Um das neue Gerät auszuprobieren, entstand deshalb die Idee, den Einfluss der Schichtdicke auf die Oberflächen von Struktur-Pulverlacken zu ermitteln. Ebenso wie glatt verlaufende Pulverlacke sind diese seit vielen Jahren nicht mehr aus dem Alltag der Beschichter wegzudenken. Insbesondere Feinstrukturlacke erfreuen sich einer immer größer werdenden Beliebtheit.

Nicht allen Beschichtern ist jedoch bewusst, welchen Einfluss die applizierte Schichtdicke auf die Beschaffenheit und Eigenschaften der späteren Lackfilme hat. Abweichungen von den im Produktdatenblatt angegebenen Werten kommen jedoch in der Praxis, insbesondere bei komplex geformten oder großen Bauteilen, durchaus häufiger vor. Um hier systematische Ergebnisse zu erhalten, wurden Probenbleche mit handelsüblichem Grobstruktur- beziehungsweise Feinstrukturpulver beschichtet. Für die Referenzproben realisierte man Schichtdicken von 70 bis 80 μm, wie es die Datenblätter der Lackhersteller üblicherweise als Standardwerte angeben. Daneben erfolgte auch die Untersuchung an Musterblechen mit 40 μm und mit 140 μm Lackfilmdicke. Diese Proben stellen beispielhaft zu geringe sowie zu hohe Schichtdicken dar.

Grob- und Feinstrukturlacke verhalten sich konträr

Beim Vergleich der beiden Typen von Strukturlacken zeigen sich interessante Unterschiede bezüglich ihres Verhaltens im Hinblick auf die in den Versuchen realisierten Schichtdicken. Weist eine Grobstrukturbeschichtung bei Schichtdicken um 80 μm eine vollständige Lackbedeckung des Substrats sowie eine deutlich ausgeprägte Struktur von erkennbar abgegrenzten Erhöhungen und Vertiefungen auf, so zeigt der Lack bei Schichtdicken um 40 μm ein gänzlich anderes Erscheinungsbild. Diese deutlich geringeren Schichtdicken erlauben keine vollständige Ausbildung der Grobstruktur. Es wird eine Oberfläche mit einer erhöhten Anzahl an Bergen und Tälern geschaffen.

Besonders kritisch ist die Tatsache, dass in den Talbereichen keine ausreichende Lackbedeckung vorliegt und sogar die blanke, also unbeschichtete Metallsubstratoberfläche zu erkennen ist. Umgekehrt verschwimmt der Struktureindruck des Lacks bei höheren Schichtdicken immer mehr, so dass bei einer Schichtdicke von etwa 140 μm eine signifikant flacher strukturierte Oberfläche mit geringeren Abweichungen zwischen Berg- und Talbereichen entsteht.

Feinstruktur: Barrierewirkung nimmt mit der Schichtstärke ab

Das untersuchte Feinstrukturpulver zeigt gegenüber dem Grobstrukturpulver einen visuell kaum wahrnehmbaren Einfluss der applizierten Schichtdicke auf die optische Beschaffenheit der Lackfilmoberfläche. In der direkten Gegenüberstellung der mikroskopischen Aufnahmen der einzelnen Oberflächen in den Abbildungen 2 bis 7 zeigt sich dies besonders deutlich. Bei genauerer Betrachtung der Lackfilmoberflächen mittels 3D-Profilometer lässt sich jedoch auch beim Feinstrukturpulver ein eindeutiger Schichtdickeneinfluss auf die Oberflächenstruktur feststellen (siehe Abbildungen 8 bis 13). Völlig konträr zum Grobstrukturlack bildet sich bei geringer Schichtdicke die gleichmäßigste oder auch feinste Lackstruktur aus. Mit steigender Schichtdicke wird die Lackstruktur gröber – wenn auch verglichen mit dem Grobstrukturpulver immer noch sehr fein – und die Unterschiede zwischen Tal- und Bergbereichen steigen an.

Grobstrukturlacke zeigen einen deutlich ausgeprägteren Einfluss auf die applizierten Schichtdicken als dies bei Feinstrukturlacken der Fall ist. Neben der geringeren Sensibilität gegenüber veränderlichen Schichtdicken weist Feinstrukturpulver allerdings ein umgekehrtes Verhalten hinsichtlich steigender Schichtdicken zur Porendichtigkeit, also der Barrierewirkung, auf.

Grobstruktur: Strukturen verschwimmen mit der Dicke

Untersuchungen zeigten, dass Grobstrukturlacke bei geringen Schichtdicken eine sehr deutlich abgezeichnete Oberflächenstruktur aufweisen, welche in den Tälern nur über eine Mit steigender Schichtdicke verschwimmt die Oberflächenstruktur bei Grobstrukturlacken immer mehr, die mangelnde Lackbedeckung in den Tälern stellt dann naturgemäß kein Problem mehr dar.

Feinstrukturpulver verhalten sich hier konträr. Auf dünn beschichteten Bauteilen bilden sich „sanfte“, fast glatte Lackfilmoberflächen mit vollständiger Bedeckung des Substrats aus, mit steigenden Schichtdicken nimmt allerdings die Oberflächenstruktur zu. Dies bewirkt eine Verstärkung des Gradienten zwischen Min- und Max-Bereichen der Lackschicht und hat dann erstaunlicherweise einen negativen Einfluss auf die Lackbedeckung in den Tälern.

Zu geringe Schichtdicken in Tälern von Strukturlacken führen zu einer unzureichenden Barrierewirkung des Lackfilms in diesen Bereichen. Im Einsatz kommt es mitunter zu einem vorzeitigen Versagen des Korrosionsschutzes und damit zur Bildung von Korrosionsprodukten. Um die unterschiedlichen Barrierewirkungen der einzelnen untersuchten Lackfilmproben aufzuzeigen, wurden diese einer elektrischen Porendurchschlagprüfung in Anlehnung an DIN 55670 unterzogen.

Wie in Tabelle 1 ersichtlich, spiegeln sich die zuvor visuell bestimmten Trends des jeweiligen Verhaltens von Grob- und Feinstrukturlack bei unterschiedlichen applizierten Schichtdicken auch in den Ergebnissen der Durchschlagprüfung wider. So steigt das Verhältnis der angelegten Spannung gegenüber der Schichtdicke (V/μm) beim Grobstrukturlack mit steigender Schichtdicke an, beim Feinstrukturpulver fällt es ab. Zu erklären ist dies möglicherweise mit den Struktur-Additiven, die in einem Feinstruktur-Lack in wesentlich größerer Zahl vorhanden sind, als bei einem Grobstruktur-Lack. Steigt nun die Schichtdicke bei einem Feinstrukturlack, nimmt die Konzentration dieser Additive so zu, dass relativ viel Lack verdrängt wird und es entsprechend zu schlechteren Eigenschaften bezüglich der Porendichtigkeit kommen kann. Wichtig ist festzuhalten, dass sich diese reduzierte Barrierewirkung optisch nicht feststellen lässt, sondern nur durch einen Durchschlagtest.

Erstes 3D-Profilometer in der Oberflächenbranche

3D-Profilometer werden üblicherweise in der Elektronikindustrie zur Analyse und Fehlersuche bei mikroskopisch kleinen Bauteilen wie Chips eingesetzt.

„Soweit ich weiß, sind wir die einzigen, die ein solches Gerät in diesem Kontext benutzen“, schmunzelt Andreas Dittrich, der federführend die Versuche betreute. „So wie wir überraschende Erkenntnisse bei der Analyse der Strukturlacke gewinnen konnten, so bin ich überzeugt, dass uns das neue Gerät in vielen Bereichen helfen wird, die Charakteristika von Beschichtungsfehlern physikalisch zu verstehen und damit einen Hebel erhalten, um diese zu beseitigen.“

Dr. Thomas Herrmann, Andreas Dittrich

Dr. Herrmann GmbH & Co. KG
www.dr-herrmann-gmbh.de