Mit Easy-to-clean Bakterien bekämpfen

Wie eine dünne Polymerschicht Bakterien fernhält

Hydrophiles Polymer
100 Gramm des hydrophilen Polymers reichen je nach Oberflächenbeschaffenheit für 100 bis 200 Quadratmeter aus. Bakterien, Biofilm und Verschmutzung können sich an der beschichteten Oberfläche nicht halten (Bild: Flux Polymer)

Das hydrophile Polymer eines Start-ups wird gelöst auf Kunststoffe und lackierte Metalle aufgesprüht. Es schützt diese dauerhaft vor Bakterien- und Biofilmhaftung. Der Beschichtungsvorgang dauert nur wenige Minuten und ist anwendbar auf Medizinprodukten und Möbeln gleichermaßen wie auch auf Touchscreens oder Lichtschalter.

Krankheiten lassen sich am wirksamsten bereits im Ansatz bekämpfen. Das bedeutet, Keimen und Bakterien keine Chance zur Verbreitung zu geben. Wie die Pandemie eindrücklich gezeigt hat, stellen vor allem mit Keimen kontaminierte Oberflächen ein potenzielles Risiko für die Übertragung und Verbreitung von Krankheiten dar. Um Oberflächen keimabweisend zu auszustatten, existieren eine Vielzahl an Möglichkeiten.

Eine davon ist, Oberflächen antibakteriell zu beschichten. In der Mehrzahl setzen diese antibakteriellen Beschichtungen bakterizide Substanzen wie beispielsweise Silber und Antibiotika frei oder sind selber bakterizid, wie im Fall von Titanoxid. Doch die WHO warnt immer wieder vor dem übermäßigen Einsatz antibakterieller Mittel, da diese die Hauptursache für die Entwicklung von arzneimittelresistenten Bakterien darstellen, die eine der größten Bedrohungen für die globale Gesundheit sind.

Aufbissschiene
Eine entsprechend ausgestattete Oberflächenbeschichtung sorgt dafür, dass Produkte in der Medizintechnik hygienisch rein bleiben (Bild: Flux Polymer)

Easy-to-clean statt bakterizid

Es verlangt jedoch nicht jede für Oberflächen konzipierte Anwendung den Einsatz toxischer Agenten. Flux Polymers verwendet beispielsweise keine bakteriziden Beschichtungen. Stattdessen lässt eine passive Beschichtung Bakterien einfach abrutschen – kurz gesagt: nicht bakterizid, sondern easy to clean. Doch wie funktioniert dieses Verfahren im Detail und was macht es so einfach?

Um die Anhaftung der Bakterien zu verhindern, verwendet Flux Polymers ein UV-reaktives, hydrophiles Polymer. Dieses wird zunächst gelöst und anschließend auf die jeweils zu behandelnden Oberflächen aufgebracht. Dies kann durch Aufsprühen oder eine Tauchbeschichtung geschehen. Zudem muss das zu beschichtende Material nicht vorbehandelt oder aktiviert werden – eine einfache Reinigung genügt. Durch die anschließende Belichtung mit UV-Licht wird die Beschichtung im letzten Schritt innerhalb von wenigen Sekunden dauerhaft an die Oberfläche gebunden. Dabei wird in Sekundenschnelle die Grenzflächenspannung des Kunststoffs erhöht, was seine Benetzbarkeit mit Wasser verbessert und die Bakterien keinen Halt mehr finden lässt.

Da der Prozess insgesamt sehr einfach ist, kann er leicht in bestehende Produktionsprozesse integriert werden. Eine schnelle nachträgliche Beschichtung produzierter Objekte ist auf diese Weise ebenfalls möglich.

 

Wassertropfen auf Polypropylen
Physikalischer Effekt: Benetzung eines Wassertropfens auf beschichtetem (links) und unbeschichteten (rechts) Polypropylen (Bild: Flux Polymer)

Ohne Einsatz von toxischen Substanzen

Das Ergebnis ist sehr wirkungsvoll: Die patentierte Beschichtung verhindert das Anhaften von Bakterien sowie von Biofilm aufgrund eines rein physikalischen Effekts. Es werden keine toxischen Substanzen freigesetzt und Bakterien können daher auch keine Resistenzen ausbilden. Das Verfahren ist zudem schnell und wirkt sich nicht nachteilig auf das behandelte Material aus. Die Beschichtung ist lediglich zehn Nanometer dünn, was dafür sorgt, dass weder die Optik noch die Haptik des beschichteten Materials verändert werden. Außerdem ist sie dank der Behandlung mit UV-Licht permanent mit der Oberfläche verbunden und übersteht Licht, Hitze und andere physikalische Einwirkungen, solange das Hauptmaterial nicht abgetragen wird.

Das Verfahren eignet sich für nahezu alle Kunststoffe und Verbundwerkstoffe und kann bei entsprechender Grundierung selbst auf Metalle aufgebracht werden. Dadurch ergeben sich viele mögliche Einsatzfelder. Nicht nur für Medizinprodukte und Krankenhausmöbel eignet sich die Beschichtung, auch Touchscreens und Tastaturen oder Türgriffe und Lichtschalter werden wirkungsvoll geschützt. Wasser- und Abwasserleitungen sowie -tanks oder Membranen und Filter sind weitere Anwendungsfelder. Dabei bietet die Beschichtung zusätzliche nützliche Eigenschaften: Ein Anti-Fog Effekt sowie Haftungsverbesserungen für Klebeverbindungen werden derzeit ebenfalls untersucht und getestet. Darüber hinaus ist  das verwendete Polymer modifizierbar, so dass es künftig möglicherweise auch auf anderen Oberflächen aufgebracht werden oder zusätzlich aktiv gegen Bakterien wirken kann.

Auf dem Weg in die Anwendung

Mit der Zulassung des Patents und einer Finanzierung des Startups im Frühsommer des vergangenen Jahres wurden inzwischen wichtige Voraussetzungen geschaffen, das Verfahren zur Anwendung zu bringen. Derzeit testet Flux Polymers die neue Beschichtung in Zusammenarbeit mit Firmen unterschiedlichster Branchen.

Flux Polymers GmbH
www.flux-polymers.com