Kleinsten Rückständen auf der Spur

Ein neu entwickelter LIBS-Messkopf ermöglicht die Integration in automatisierte Prozessketten

Abb. 1: LIBS-Messungen können nun vollautomatisiert in komplexe Prozessketten eingebunden werden. Einsatzmöglichkeiten bieten sich zum Beispiel in der Fertigung von FKV oder zur Vermeidung von Lackbenetzungsstörungen (Bild: Fraunhofer IFAM)

Mit der laserinduzierten Plasmaspektroskopie können die Bestandteile einer Oberfläche analysiert und Kontaminationen detektiert werden. Innerhalb des vom BMWi geförderten Projektes ALASKA wurde diese Technologie erfolgreich in eine vollständig automatisierte Einheit für komplexe Prozessketten überführt.

Befinden sich partikuläre oder filmische Verunreinigungen auf Werkstoffoberflächen, so beeinflussen sie nachfolgende Fertigungsschritte wie Kleben oder Lackieren ganz erheblich. Insbesondere bei klebtechnischen Fertigungsprozessen ist die Erkennung von Oberflächenkontaminationen außerordentlich wichtig, da nur saubere Oberflächen sicher verklebt werden können. Der prozessabsichernden, begleitenden Qualitätssicherung kommt in diesem Fall große Bedeutung zu. Hierzu setzt das Fraunhofer IFAM unter anderem die laserinduzierte Plasmaspektroskopie – kurz LIPS oder LIBS (engl. laser-induced breackdown spectroscopy) – ein. LIBS ist ein laserspektroskopisches Verfahren, mit dem die elementspezifische Zusammensetzung einer Probe bestimmt werden kann.

Die hohe Energiedichte des Lasers – standardmäßig mit einer Wellenlänge von 1064 nm – erzeugt an der Oberfläche ein Plasma mit angeregten Atom- und Molekülzuständen, welches beim Abkühlen – wenn die Teilchen wieder in ihren Grundzustand wechseln – Lichtstrahlung abgibt. Diese ist für jedes Element spezifisch und einzigartig.

Abb. 2: LIBS-Messkopf zur robotergeführten Analyse von Oberflächen und größeren Bauteilen. Der kompakte Messkopf wurde In Zusammenarbeit mit der Firma LTB Lasertechnik Berlin im Rahmen des ALASKA-Projekts entwickelt. Ziel war ein leichtes System mit robusten Komponenten (Bild: Fraunhofer IFAM)

Alle Partikel ans Licht bringen

Die Strahlung wird anschließend von einem speziellen Lichtleiter aufgenommen und in ein Spektrometer geleitet, welches die Oberflächenzusammensetzung in Echtzeit auswertet. Mithilfe des LIBS-Systems lässt sich so ein Großteil der Elemente in und auf Oberflächen qualitativ und quantitativ analysieren, ohne dass die Proben einer speziellen Vorbereitung bedürfen. LIBS ist damit eine wichtige Technologie in der Qualitätssicherung, mit geringem Messaufwand und wenig präparativer Vorbereitung.

Material- und anwendungsspezifische Weiterentwicklung

Mit dem Einsatz eines 1064-Nanometer-Lasers können bereits viele Anwendungsfälle, bei denen Oberflächen- und Materialbeschaffenheiten eine große Relevanz haben – beispielsweise in der Luftfahrt und der Automobilindustrie – abgedeckt werden. Für die erfolgreiche Verwendung der LIBS-Messtechnik in der Qualitätssicherung ist es notwendig, dass alle relevanten LIBS-Parameter auf die spezifische Fragestellung sowie die gegebenen Randbedingungen angepasst werden. So wird für die minimalinvasive Oberflächenanalytik unter anderem die Energiedichte und Wellenlänge des Lasers auf die materialspezifische Anregungsenergie und optimale Anregungswellenlänge angepasst. Beispielsweise benötigt die Vermessung von Faserverbundkunststoffen eine andere Anregungswellenlänge und eine andere Energiedichte des Lasers als Metalle, Glas oder Kunststoffe, mit jeweils eigenen Anregungsenergien. Um die Beeinträchtigung des Materials durch die Messung so gering wie möglich zu halten, kann der Einsatz eines Lasers mit einer Wellenlänge von 532 nm oder 266 nm mit jeweils angepasster Energie in bestimmten Anwendungsfällen notwendig sein.

Laborversuche am Fraunhofer IFAM haben gezeigt, dass die LIBS-Technik mit 266 nm im Vergleich zu 1064 nm die Materialbeeinträchtigung für CFK im Durchmesser um 95 Prozent auf unter 100 µm verringert –  bei gleichbleibender Qualität der Messdaten (siehe Abb. 5). So kann in jedem Fertigungsbereich, in dem Oberflächen- und Materialbeschaffenheit eine wichtige Rolle spielen, das LIBS-System individuell angepasst und eingesetzt werden. Der minimale Materialabtrag durch den Laserpuls kann dabei so reduziert werden, dass nachgeschalteten Fertigungsschritte nicht beeinflusst werden und die Oberfläche weitgehend intakt bleibt (siehe Abb. 3).

Integration in automatisierte Produktionsumgebungen

Das Fraunhofer IFAM in Bremen hält verschiedene LIBS-Systeme mit unterschiedlichen Laserwellenlängen in eigenen optischen Laboratorien vor, so dass gezielt auf die jeweilige Fragestellung angepasste Methoden entwickelt werden können (siehe Abb. 4). Mittels präziser automatisierter Linearportale lassen sich auch größere Oberflächen schnell vermessen.

Besondere Kompetenz besteht dabei in der Entwicklung eines LIBS-Messkopfes zur Integration in eine automatisierte Produktionsumgebung. In Zusammenarbeit mit der Firma LTB Lasertechnik Berlin wurde in dem öffentlich geförderten Projekt ALASKA ein kompakter LIBS-Messkopf zur Montage an Robotersysteme entwickelt (siehe Abb. 2).

Abb. 3: Dreidimensionale Darstellung einer metallischen Cr-Zr-Oberfläche nach der LIBS- Messung mit 266 nm. Die leichte Vertiefung im Messpunkt liegt im Bereich der Oberflächenrauigkeit. Im Vergleich zu 1064 nm sinkt die Materialbeeinträchtigung um 95 Prozent (Grafik: Fraunhofer IFAM)

Vorrangiges Ziel innerhalb des Projektes war es, ein kleines, leichtes System zu konstruieren, das zugleich mit robusten Komponenten ausgestattet ist, um der Bewegung am Roboter und der Produktionsumgebung standzuhalten und dadurch keine Veränderungen der Messqualität hervorzurufen. Eingesetzt wurde hierzu ein Laser mit einer Wellenlänge von 1064 nm. Als Ergebnis können LIBS-Messungen nun vollautomatisiert in komplexe Prozessketten eingebunden werden. Konkrete Anwendungsszenarien sind zum Beispiel in der Fertigung von Faserverbundkunststoffen oder bei der Vermeidung von Lackbenetzungsstörungen denkbar. Liegen die Messwerte außerhalb des zuvor definierten Toleranzbereichs, kann der Prozess direkt und unkompliziert nachgeregelt werden.

Anwendungsfeld Inline- Prozessüberwachung

Weitergehend besteht die Forschungs- und Anwendungskompetenz des Fraunhofer IFAM in dem Einsatz der LIBS-Technologie zur schnellen Inline-Prozessüberwachung von Kontaminationen und Wirkkomponenten in nasschemischen Vorbehandlungs- oder Reinigungsbädern. Gemeinsam mit den Partnern Secopta analytics GmbH und Göhler Anlagentechnik GmbH & Co. KG arbeitet das Fraunhofer IFAM in dem öffentlich geförderten Projekt LABSKAUS an der Entwicklung und Anpassung eines LIBS-Systems zur Detektion von lackbenetzungsstörenden Substanzen (LABS) in aufgereinigtem Prozesswasser, welches für Lackierarbeiten recycelt werden soll.

Elementkonzentrationen in Flüssigkeiten ermitteln

Durch das gezielte Verdampfen von kleinsten Flüssigkeitsmengen auf einer definierten Oberfläche können mittels LIBS sensitive Analysen des Rückstands erfolgen. Die Analysenergebnisse lassen wiederum direkte Rückschlüsse auf Elementkonzentrationen in der Flüssigkeit zu. Der Einsatz der LIBS-Technologie ermöglicht hier schnelle Analysezeiten und sehr geringe Nachweisgrenzen mit minimaler und vollautomatisierter Probenpräparation. Dies ist ein innovativer Vorstoß im Bereich der Wasseranalytik, da nicht mehr nur diskontinuierliche, laborbasierte Verfahren wie die Gaschromatografie, Massenspektroskopie oder Atomemissionsspektroskopie eingesetzt werden müssen.

Abb. 5: Mikroskopische Aufnahmen eines Faserverbundkunststoffes, dessen Oberfläche mit dem LIBS-System mit zwei unterschiedlichen Wellenlängen analysiert wurde (Fraunhofer IFAM)

Da alle Messsysteme am Fraunhofer IFAM zur Verfügung stehen, können die Expertinnen und Experten mit ihrem Know-how Lösungen für alle relevanten Prozesse zur Oberflächenanalytik und Inline-Integration erarbeiten und umsetzen. Eine ausführliche Dokumentation der Methode und der Anwendungsfelder ist unter s.fhg.de/libs zu finden.

Fraunhofer-Institut für Fertigungstechnik und Angewandte Materialforschung IFAM
www.ifam.fraunhofer.de