Bilder: Dürr

Absolut präzise Trennschärfe

Eine vollautomatische Applikationslösung ermöglicht die erste oversprayfreie Zweiton-Lackierung

Auch bei der Autofarbe ist der Trend zur Individualisierung auf dem Vormarsch. Für die Autoindustrie bedeutet die zunehmend gewünschte Zweiton-Lackierung erheblichen Mehraufwand. Dank einer Innovation von Dürr ändert sich das nun.

Wenn nur eine Farbe lackiert wird, sind moderne Automobillackierereien unschlagbar effizient. Über 300.000 Karosserien werden pro Jahr in konstant hoher Qualität beschichtet. Kommt aber eine Zier- und Kontrastfarbe dazu, etwa auf Dächern oder als Designstreifen, nimmt der Aufwand deutlich zu: Nachdem die komplette Karosserie in der Grundfarbe lackiert, getrocknet und gekühlt wurde, muss sie in Handarbeit mit Klebefolie maskiert werden. Danach geht es nochmals in die Lackierlinie, wo die zweite Farbe aufgetragen wird. Nach neuerlichem Trocknen und Kühlen muss die Folie wieder manuell abgezogen werden. Das ist nicht nur mit hohen Arbeitskosten verbunden, im Vergleich zur einfarbigen Lackierung steigt auch der Energiebedarf für das Einbrennen des Lacks um mindestens 25 Prozent. Zudem müssen pro Karosserie sechs bis 15 Quadratmeter Klebefolie entsorgt werden. Und es geht wertvolle Zeit verloren, da der zweite Farbauftrag die Lackierlinie belegt.

Ein neues, von Dürr entwickeltes Verfahren mit dem Namen EcoPaintJet ist wesentlich effizienter, da die Maskierung der Karosserie komplett entfällt. Dafür sorgt ein vollkommen neuartiger Applikator.

Das System EcoPaintJet ist eine automatische Applikationslösung mit bisher nicht erreichter Präzision beim trennscharfen Lackauftrag.

Keine Maskierung mit Klebefolie nötig

Dr. Jochen Weyrauch, Vorstandsvorsitzender der Dürr Systems AG: „Der EcoPaintJet ist ein Quantensprung auf dem Weg zum effizienten zweifarbigen Lackieren von Autos. Er ermöglicht erstmals die funktionale Verbindung von kundenindividueller Produktgestaltung und automatisierter Fertigung.“

Auf einem Roboterarm bewegt der Applikator sich über die Zielfläche und trägt den Lack absolut trennscharf auf. So landet dieser exakt auf den vorgesehenen Flächen, nicht aber daneben – auch nicht in Kleinstmengen. Der Rest der Karosserie muss also nicht mehr abgeklebt werden. Ein Karosseriedach ist somit nach nur 120 Sekunden mit der Kontrastfarbe lackiert. Zum Vergleich: Beim Maskieren dauert allein das Aufbringen und Abnehmen der Klebefolie etwa 50 Minuten. Der präzise Farbauftrag zeigt sich besonders vorteilhaft bei der Lackierung von Elektroautos: Manche Elektroautos sind etwas höher als herkömmliche Modelle, da die Batterie in der Bodengruppe unter der Fahrgastzelle eingebaut ist. Allerdings wünschen viele Käufer sportliche, flach wirkende Fahrzeuge. Daher werden am Übergang vom Dach zur Seitenwand und am Schweller Streifen in dunkler Kontrastfarbe aufgetragen. So wirkt das Auto flacher.

Durch die Düsenplatte des Applikators wird der Lack aus 30 Millimetern Entfernung in parallelen Strahlen auf das Karosserieblech appliziert.

Kein Lacknebel mehr

Eine hohe Präzision wird erreicht, weil der Applikator komplett ohne Overspray arbeitet. So wird der aus kleinsten Tröpfchen bestehende Lacknebel bezeichnet, der beim Zerstäuben entsteht und außerhalb des Zielbereichs landet. Beim EcoPaintJet verhindert eine filigran gearbeitete, wenige Quadratzentimeter große Düsenplatte das Entstehen von Overspray. Die Düsenplatte bildet die Unterseite des rechteckigen Applikators und ist mit rund 50 kaum sichtbaren Löchern versehen, die einen Durchmesser von circa einem Zehntelmillimeter haben. Durch sie wird der Lack aus 30 Millimetern Entfernung in parallelen Strahlen auf das Karosserieblech appliziert. Der Applikator ist das Herzstück des Gesamtsystems EcoPaintJet. Dazu gehört auch der Lackierroboter EcoRPL 133i, der den Applikator schwingungsfrei bewegt. Für höchste Genauigkeit sorgt ein mit Sensoren ausgestattetes Messsystem. Es vermisst die zu lackierende Fläche dreidimensional und sendet die Daten an die Steuerungs-Software. Diese automatische Bahngenerierung  errechnet permanent, in welcher Bahn der Applikator über die Fläche bewegt werden muss, um das optimale Lackierergebnis zu erzielen. Dabei wird auch die Drehung des Applikators bestimmt und welche Geschwindigkeit er benötigt, um die exakt richtige Lackmenge aufzutragen.

Dr. Lars Friedrich, im Vorstand der Dürr Systems AG für Applikationstechnik zuständig: „Mit diesem Hightech-Verfahren kann die Automobilindustrie Individualisierungswünsche von Kunden schneller und in Spitzenqualität erfüllen. Das Interesse am Markt ist groß, da wir mit der neuen Technologie echten Mehrwert bieten.“ Der EcoPaintJet wird derzeit bei mehreren Automobilherstellern getestet. Unterdessen arbeitet Dürr bereits an einer Weiterentwicklung der Technologie, die auch komplexere Geometrien lackieren kann. Bei dieser Version mit dem Namen EcoPaintJet Pro lässt sich jedes Loch in der Düsenplatte individuell öffnen und schließen, was weitere Möglichkeiten der Produktindiviualisierung eröffnet. Zukünftig soll auch  der automatische Auftrag von Schriftzügen und Logos möglich sein.

► Dürr Systems AG

► www.durr.com