Keine Haarspalterei

Korrosionsschutz durch Beschichtungssysteme – nach DIN EN ISO 12944 oder DIN 55633

Bauteile und Probenbleche für die Qualitätssicherung während der Pulverbeschichtung
Pulverbeschichtung von Stahlrohren, Prüfbleche für die werkseigene Produktionskontrolle gemäß DIN 55634 und QIB-Qualitätsvorschriften werden auftragsbezogen mitbeschichtet.

Die Normenreihe der DIN EN ISO 12944 und der DIN 55633 enthalten Anforderungen an den Korrosionsschutz durch Beschichtungssysteme auf unlegiertem und niedriglegiertem Stahl. Die Normen unterscheiden sich jedoch in wesentlichen Punkten, die vor der Ausschreibung und Bestellung berücksichtigt werden sollten.

In den meisten Ausschreibungen und Bestellungen wird, wenn Korrosionsschutz einen wesentlichen Parameter darstellt, auf die Normenreihe der DIN EN ISO 12944 verwiesen – vor allem dann, wenn eine bestimmte Korrosivitätskategorie und Schutzdauer einzuhalten sind. Hintergrund ist die Tatsache, dass die Normenreihe der DIN EN ISO 12944 als internationale Norm weltweit anerkannt ist.
Allerdings wird auf sie nicht selten fälschlicherweise verwiesen. Das führt in der Praxis oftmals zu Ausschreibungen und technischen Vorgaben, die für den jeweiligen Einsatzzweck und die zur Anwedung kommende Beschichtungstechologie nicht sinnvoll beziehungsweise technisch auch nicht erfüllbar sind. Dies zieht einen erheblichen Kommunikationsbedarf zwischen Kunden und Beschichtern nach sich, um fachliche Irrtümer in den Ausschreibungen zu beheben, soweit dies überhaupt möglich ist.
Die Normenreihe der DIN EN ISO 12944 gilt für den Korrosionsschutz von dickwandigen Bauteilen (> 3 mm) auf unlegierten beziehungsweise niedriglegiertem Stahl – auch stückverzinkt – durch lufttrocknende Flüssiglacksysteme. Andere organische Beschichtungssysteme wie beispielsweise Pulverbeschichtungen und Elektrotauschlackierungen sind von den Regelungen nicht erfasst. Teil 1 der DIN EN ISO 12944 enthält folgende Regelung: „…ISO 12944 (alle Teile) behandeln eine Reihe von Beschichtungsstoffprodukten, die unter Umgebungsbedingungen trocknen oder härten. In ISO 12944 (alle Teile) nicht behandelt werden Pulverlacke und Einbrennlacke…“. Trotz dieser klaren Regelung sind am Markt häufig Ausschreibungen und Bestellungen zu finden, die sich bei Pulverbeschichtungen und auch bei KTL-Beschichtungen – hier eher mangels Alternativen – auf die ISO 12944 beziehen.
Immer wieder kursieren auch Ausschreibungen, die die Norm für Aluminium-
beschichtungen zur Anwendung bringen, was grundlegend falsch ist, egal ob Pulver- oder Flüssigbeschichtung!
Für den Korrosionsschutz von unlegiertem beziehungsweise niedriglegiertem Stahl durch Pulverbeschichtungen gibt es in Deutschland die Normenreihe der DIN 55634 (dünnwandige Bauteile < 3 mm) beziehungsweise der DIN 55633 (> 3 mm). Auch bandverzinkte und stückverzinkte Bauteile werden in diesen beiden Normen, ja nach Anwendungsbereich, erfasst.

 

Normengremium kompensiert internationalen Regelungsmangel

Derzeit existieren Korrosionsschutznormen für die Pulverbeschichtung von Stahl fast ausschließlich auf nationaler Ebene. Auf europäischer und internationaler Normungsebene wird der Korrosionsschutz von Stahl durch die Pulverbeschichtung derzeit nur unzureichend geregelt. Hier muss in den nächsten Jahren auf eine europäische oder internationale Normierung hingearbeitet werden. Weitere organische Beschichtungstechnologien wie etwa die KTL-Beschichtung werden in Korrosionsschutznormen bisher noch gar nicht geregelt. Im zuständigen Normengremium der DIN 55633 wurde in den letzten beiden Jahren an einem zweiten Teil gearbeitet, der nun auch Regelungen zum Korrosionsschutz von Stahl durch KTL- und Pulverbeschichtungen enthält. Die Entwurfsfassung soll im April diesen Jahres veröffentlicht werden.
Neben Variationen in der Prüfungsdurchführung des Neutralen Salzsprühversuches (NSS), zum Beispiel bei der Ritzanbringung, zeigt sich diese Unterscheidung in der Definition der Schutzdauer und Instandhaltungsmaßnahme auch in der Bewertung des NSS. Während Teil 6 der ISO 12944 lediglich eine Bewertung der Korrosion am Ritz regelt, werden nach der DIN 55633-1 und DIN 55634-1 neben der Korrosion auch die Enthaftungen am Ritz (< 3 mm bei Stahl; < 8mm auf verzinktem Material) bewertet.

Normwahl hängt von Korrosivitätskategorie, Schutzdauer und Umgebungsbedingungen ab

Werden in einer Ausschreibung Vorgaben zum Korrosionsschutz gemacht, ist darauf zu achten, dass die zutreffende Norm zur Anwendung kommt. Es muss immer die Korrosivitäts-
kategorie (C1-C5) sowie die Schutzdauer genannt werden. Nur dann ist geregelt, in welcher Atmosphäre beziehungsweise unter welchen korrosiven Umgebungsbedingungen das Bauteil eingesetzt wird und wie lange die Beschichtung ihre korrosions-
schützende und  gegebenenfalls dekorative Funktion bis zur ersten Instandhaltung aufrecht erhalten soll. Da Schutzdauer und erste Instandhaltungsmaßnahme bei der ISO 12944 und den
DIN-Normen unterschiedlich definiert sind, sollte die zur Anwendung gebrachte Norm ebenfalls festgelegt werden.

► Qualitätsgemeinschaft Industriebeschichtung e.V.
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