Korrosionsschutz wird kreislauffähig
Deutlich längere Nutzungsdauern für verzinkte Trailer – und jetzt auch mit digitalem Produktpass

Bei Investitionsgütern zählen Qualität und Langlebigkeit: Sie müssen sich über ihre komplette Lebensdauer bezahlt machen.
Ein Beispiel dafür sind Trailer für Lkw, die ein Hersteller verzinkt anbietet – mit einem Erfolg, den die beteiligten Unternehmen jetzt noch ausbauen wollen.
Im Jahr 1892 als Schmiede gegründet, hat sich Schmitz Cargobull heute zum führenden europäischen Trailerhersteller entwickelt. Das Familienunternehmen aus Horstmar hat mit mehr als 45.000 produzierten Einheiten in den vergangenen Geschäftsjahren stets einen Umsatz von circa 2,5 Milliarden Euro erreicht. Und dank seiner engagierten Mitarbeiter – derzeit sind es etwa 6.700 – kann das Unternehmen auch immer wieder Neuerungen auf den Markt bringen.
Einer dieser Fortschritte bewährt sich seit fast 25 Jahren: das verzinkte Chassis. „Bei Schmitz Cargobull werden alle Fahrzeugchassis verzinkt, außer der Kunde wünscht eine Lackierung“, erläutert eine Unternehmenssprecherin. Das trifft die Bedürfnisse der Kundschaft, denn der Anteil verzinkter Trailer liegt bei über 95 Prozent. Dafür gibt es gute Gründe: Der besonders gute Korrosionsschutz durch die Verzinkung erhöht die Langlebigkeit, die Zuverlässigkeit und den Werterhalt der Fahrzeuge.
Lackierte Chassis hingegen kommen nur noch in speziellen Situationen zum Einsatz. Beispielsweise beim Leichtbau, wenn hochfeste Feinkornstähle (S700 und höher) verbaut werden, da diese Materialien besondere Anforderungen an die Fertigung stellen. „Natürlich werden Fahrzeuge auch auf speziellen Kundenwunsch lackiert, um individuellen Designvorstellungen oder spezifischen Anforderungen gerecht zu werden“, berichtet die Unternehmenssprecherin.

Nachhaltigkeit ist mehr als Korrosionsschutz
Im Jahr 2001 setzte Zinq aus Gelsenkirchen für Schmitz Cargobull das Feuerverzinken von Trailern erstmals in Serie um, als Alternative zur Lackierung. Mittlerweile wurden im Rahmen dieser Partnerschaft knapp eine Million Tonnen Stahl verzinkt, wie das Gelsenkirchener Unternehmen mitteilt. Dank der langen Lebensdauer und der Wiederverwertungseigenschaften ergebe sich eine positive CO2-Bilanz.
Dabei geht es Zinq bei der Nachhaltigkeit um mehr als nur den Korrosionsschutz. Im Mittelpunkt steht die Kreislauffähigkeit: Ein Produkt in zirkulärer Qualität wird so entwickelt und hergestellt, dass es nach dem Ende des Produktlebenszyklus vollständig und immer wieder in den Wertstoffkreislauf zurückgeführt werden kann. Erforderlich sind dafür neben der Rückgewinnung und Wiederverwertung der Rohstoffe in zirkulärer Qualität auch materialgesunde Oberflächen. Sie emittieren kein Mikroplastik und sind maximal biokompatibel. Der Begriff „zirkuläre Qualität“ bedeutet, dass die Produkte so gestaltet und hergestellt werden, dass die Materialien am Ende der Produktlebensdauer in den Produktionskreislauf zurückgeführt werden können. Ziel ist es, Abfall, CO2-Emissionen und Umweltverschmutzung zu minimieren, um eine ressourcenschonende Produktion zu gewährleisten.
„Um die tatsächliche Umstellung des Produktdesigns auf zirkuläre Produkte zu erreichen, müssen die Strategien um zwei wesentliche Aspekte ergänzt werden, um die Produkte hinsichtlich einer längeren Lebensdauer zu optimieren“, heißt es von Zinq: Redesign bedeutet, Produkte zirkulär zu gestalten. Sie müssen modular, die verwendeten Materialien hochwertig und nach dem Prinzip der Sortenreinheit verarbeitet sowie alle Stoffkreisläufe in der Wiederverwertung nach dem Lebenszyklusende geschlossen sein. Unter dem Stichwort Replace dreht sich alles um die Frage, wie sich nicht-kreislauffähige Stoffe ersetzen lassen. Fokussieren sich Unternehmen hingegen nur auf die Materialeffizienz, werden zwar weniger von den „schlechten“, nicht kreislauffähigen Materialien eingesetzt – aber auch nicht mehr von den „guten“.
Bevor die Trailerchassis verzinkt wurden, hat Schmitz Cargobull zunächst eine weitere Neuerung auf den Weg gebracht. Mit dem Baukastensystem Modulos ging im Jahr 1999 die Ära des Schweißens der Chassis zu Ende. Sie werden jetzt mit Schließringbolzen kraft- und formschlüssig verbunden. Dank dieser Fügetechnik lassen sich die einzelnen Teile segmentweise vorfertigen, beschichten und ohne Beschädigung des Korrosionsschutzes zusammenfügen. Beim Schweißen hingegen werden so hohe Temperaturen erreicht, dass das Zink schmilzt. Deshalb brennt eine Zinkschicht normalerweise bei diesem Prozess ab. Der Schweißrauch enthält dadurch viel Zinkoxid, und diese Zinkoxiddämpfe sind giftig. Außerdem machen die entstehenden Spritzer den gesamten Schweißverlauf unruhig, und durch die geschmolzene Zinkschicht können Poren in der Schweißnaht entstehen.

Reparaturen werden seltener und einfacher
Auch Reparaturen an den verzinkten Chassis sind vergleichsweise unkompliziert. Bei Beschädigungen, die auch die Zinkschicht betreffen, werden Reparaturen an verzinkten Komponenten vorwiegend durch Kaltzink oder Zinkstaubsysteme vorgenommen. Der Korrosionsschutz wird durch das Auftragen einer neue Zinkschicht auf die beschädigten Stellen wieder hergestellt. Die Schutzwirkung der Verzinkung und die Langlebigkeit der Komponenten bleiben erhalten. Kaltzink und Zinkstaubsysteme sind nach Auskunft der Sprecherin von Schmitz Cargobull einfach anzuwenden und besonders geeignet für kleinere Beschädigungen. Reparaturen können vor Ort durchgeführt werden, ohne dass umfangreiche Demontagen erforderlich sind.
„Feuerverzinkte Trailer haben eine grundsätzliche Lebensdauer von bis zu hundert Jahren, während lackierte Modelle oft schon nach wenigen Jahren erste Korrosionsschäden aufweisen“, berichtet auch Zinq. Im Gegensatz zur Lackierung, die durch Steinschläge oder Kratzer schnell beschädigt wird, bleibt die Zinkschicht dank ihres kathodischen Schutzes auch bei kleinen Verletzungen intakt und verhindert Rostbildung. Das liegt daran, dass die Zinkoberfläche „selbstheilend“ wirkt. Darüber hinaus schützt sie auch Kanten und Hohlräume.
Eine Verzinkung reduziert außerdem den Wartungsaufwand erheblich. Während die Lackierung eines Trailers regelmäßig ausgebessert werden muss, bleibt die Zink-
berfläche über Jahrzehnte wartungsfrei. Damit haben sich die verzinkten Chassis und Aufbauteile der Trailer von Anfang an als robust und langlebig erwiesen. Die Erfahrungswerte von Schmitz Cargobull sprechen für eine deutlich längere Lebensdauer.

Digitaler Produktpass bringt Daten zusammen
Ihre Zusammenarbeit wollen Zinq und Schmitz Cargobull jetzt ausbauen, um die Kreislaufwirtschaft zu fördern. Dazu will der Trailerhersteller seine Produkte nicht nur schrittweise auf zirkuläre Qualität umstellen, sondern diese auch nachvollziehbar dokumentieren. Die Kooperation beider Unternehmen beginnt laut einer Mitteilung von Zinq mit der Entwicklung und Implementierung eines digitalen zirkulären Produktpasses (DCPP) für feuerverzinkte Stahlchassis für Trailer, der ursprünglich von den Gelsenkirchenern als Prototyp für metallische Oberflächen entwickelt wurde. Übergeordnetes Ziel der Partnerschaft ist ein gemeinsames Verständnis für die Relevanz transparenter Umweltdaten, deren Erhebung im eigenen Unternehmen und deren Weitergabe an nachgelagerte Unternehmen in der Wertschöpfungskette.
Mit einem Produktpass wird die Kreislaufqualität eines Produkts – wie von der EU-Ökodesign-Verordnung für nachhaltige Produkte (EU-ESPR) vorgegeben – mess- und bewertbar. Ziel der Verordnung ist die Verbesserung der Rückverfolgbarkeit, der Kreislaufwirtschaft, der Energieeffizienz und der allgemeinen ökologischen Nachhaltigkeit. Bereits ab 2026 ist für bestimmte Produktgruppen auf dem EU-Markt ein digitaler Produktpass (DPP) vorgeschrieben. Der DPP als digitaler Zwilling zeichnet alle relevanten Daten zu Umweltauswirkungen eines Produkts über den gesamten Produktzyklus und über die gesamte Wertschöpfungskette auf.
„In diesem Fall ist es der produktbezogene Fußabdruck des eingesetzten Stahls und Zinks in der Lebenszyklusbetrachtung einschließlich der Nachnutzung (Scope 4) auf Basis von Umweltproduktdeklarationen“, erläutert Zinq auf Nachfrage. Das Chassisgewicht ist dabei mit circa 1,7 Tonnen kalkuliert. Wichtig dabei: Für die vollständige Dokumentation von Umweltauswirkungen über den gesamten Lebenszyklus von Produkten müssen laut Zinq alle mitziehen – und zwar in allen Lieferketten, die ab 2026 von der Einführung von Produktpässen
betroffen sind.

Die gesamte Lieferkette ist gefordert
Zinq hat mit dem DCPP einen auf bereits bestehenden, allgemein gültigen Standards aufgebauten Produktpassansatz entwickelt und den Prototypen Ende 2023 der Öffentlichkeit vorgestellt. Der Digital Circular Product Passport ergänzt den Produktlebenslauf um Informationen zur feuerverzinkten Oberfläche. „Der DCPP soll branchenübergreifend anwendbar sein. Entwickelt wird dieser mit einem Multi-Stakeholder-Netzwerk für eine universelle Anwendung in allen denkbaren Branchen des verarbeitenden Gewerbes“, sagt Zinq-Geschäftsführer Lars Baumgürtel. Um den DCPP-Prototypen voranzutreiben, sei die Beteiligung möglichst vieler Akteure in der Lieferkette von feuerverzinkten Stahlprodukten notwendig. Mit der Schmitz Cargobull AG habe man auf diesem Zukunftsfeld einen Mitstreiter gewonnen, mit dem Zinq die zirkuläre Transformation gestalte und die Ziele des EU Green Deals umsetze.
Am Ende eines Trailerlebens können verzinkte Stahl-Chassis dem kompletten Wertstoffkreislauf zurückgeführt werden. „Mit der Entwicklung und Umsetzung eines digitalen zirkulären Produktpasses für Trailer auf Grundlage des DCPP-Prototyps in der Wertschöpfungskette verzinkter Stahlprodukte setzen wir eine Benchmark hin zu einer Kreislaufwirtschaft, die unser erklärtes Ziel ist“, erläutert Dr. Günter Schweitzer, Chief Operations Officer von Schmitz Cargobull.
Das Engagement für Nachhaltigkeit, nicht nur durch die Verzinkung, trägt für Schmitz Cargobull bereits Früchte. Der Trailerhersteller konnte den Deutschen Nachhaltigkeitspreis Unternehmen 2025 in der Kategorie Mobilität und Logistik, in der Branche Automobilindustrie gewinnen. Die Fachjury war überzeugt von den Beiträgen für nachhaltige Produktionsprozesse und einem Produktportfolio, das auf Langlebigkeit und Ressourcenschonung ausgelegt ist, wie das Unternehmen mitteilte. SI
Schmitz Cargobull AG
www.cargobull.com
Zinq Technologie GmbH
www.zinq.com