Explosionsschutzdokument für kleine Betriebe: Ausführlicher Praxisleitfaden

Viele kleine Betriebe unterschätzen die Risiken von explosionsfähigen Atmosphären, die im Arbeitsalltag auftreten können – etwa beim Lackieren, Reinigen oder Lagern brennbarer Stoffe. Dabei fordert der Gesetzgeber eindeutig: Sobald die Möglichkeit einer Explosion besteht, muss ein Explosionsschutzdokument erstellt werden. In diesem Leitfaden zeigen wir Ihnen Schritt für Schritt, wie Sie auch in einem kleinen Unternehmen ein vollständiges und rechtssicheres Explosionsschutzdokument aufbauen – einfach, verständlich und praxisnah.

1. Was ist ein Explosionsschutzdokument?

Das Explosionsschutzdokument ist die schriftliche Darstellung, wie in einem Betrieb Explosionen vermieden oder deren Auswirkungen minimiert werden. Es dient als Nachweis gegenüber Behörden und Versicherungen und belegt, dass alle relevanten Schutzmaßnahmen getroffen wurden. Vor allem aber hilft es Ihnen als Betreiber, die Gefährdungen systematisch zu erfassen und praxisgerechte Sicherheitsvorkehrungen umzusetzen. Für kleine Betriebe ist das Dokument oft überschaubar – aber zwingend erforderlich, sobald gefährliche Stoffe eingesetzt werden, die entzündliche Dämpfe, Gase oder Stäube freisetzen können.

2. Rechtliche Grundlagen und Pflichten

Die Pflicht zur Erstellung eines Explosionsschutzdokuments ergibt sich aus mehreren Rechtsquellen: Allen voran der Gefahrstoffverordnung (§6 GefStoffV), ergänzt durch die Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) sowie die europäische ATEX-Richtlinie 1999/92/EG. Hinzu kommen die konkreten Vorgaben der Technischen Regeln für Gefahrstoffe, insbesondere der TRGS 720 und folgender.

Das Dokument muss bereits erstellt sein, bevor ein Bereich in Betrieb genommen wird, in dem explosionsfähige Atmosphären entstehen können. Zudem muss es stets aktuell gehalten werden – Änderungen an Prozessen, Stoffen oder Anlagen ziehen eine Aktualisierungspflicht nach sich.

3. Wann ist ein Explosionsschutzdokument erforderlich?

Ein Explosionsschutzdokument wird immer dann notwendig, wenn bei normalen Betriebsbedingungen oder infolge von Störungen explosionsfähige Gemische auftreten können. In kleinen Betrieben ist dies oft der Fall, wenn Lacke, Klebstoffe, Lösungsmittel oder Gase eingesetzt werden. Bereits geringe Mengen dieser Stoffe reichen aus, um eine explosionsfähige Atmosphäre entstehen zu lassen.

Konkrete Auslöser für die Pflicht sind unter anderem die Neuerrichtung oder wesentliche Änderung von Arbeitsplätzen, Arbeitsverfahren oder der Einsatz neuer Stoffe. Auch die Erweiterung eines Lagers für brennbare Flüssigkeiten kann eine Neubeurteilung erfordern.

4. Aufbau und Inhalte eines Explosionsschutzdokuments

4.1 Beschreibung der Bereiche und Tätigkeiten

Im ersten Schritt müssen alle Arbeitsbereiche beschrieben werden, in denen gefährliche Stoffe eingesetzt, verarbeitet oder gelagert werden. Hierzu gehören z. B. Lackierkabinen, Mischräume, Lagerräume für Lösungsmittel oder Bereiche, in denen mit brennbaren Reinigern gearbeitet wird. Wichtig ist, nicht nur den Raum zu erfassen, sondern auch die typischen Tätigkeiten und die verwendeten Stoffe klar zu benennen.

4.2 Ermittlung und Bewertung der Gefährdungen

Nun muss systematisch untersucht werden, ob und wann eine explosionsfähige Atmosphäre entstehen kann. Dies umfasst die Betrachtung der verwendeten Stoffe (z. B. Flammpunkt, Explosionsgrenzen), der Prozessbedingungen (z. B. Temperatur, Druck, Belüftung) und der Dauer sowie Häufigkeit möglicher gefährlicher Zustände. Kleine Betriebe sollten hier auch scheinbar nebensächliche Tätigkeiten wie das Umfüllen von Flüssigkeiten oder Reinigungsarbeiten berücksichtigen.

4.3 Festlegung der Schutzmaßnahmen

Basierend auf der Gefährdungsbeurteilung müssen konkrete Schutzmaßnahmen festgelegt werden. Diese können technischer Natur sein – etwa der Einbau einer Absauganlage, die Erdung von Behältern oder der Einsatz explosionsgeschützter Maschinen – oder organisatorischer Art, z. B. Zugangsregelungen, Arbeitsanweisungen oder die Begrenzung von Lagermengen. Wichtig ist, dass alle Maßnahmen dokumentiert und deren Wirksamkeit regelmäßig überprüft wird.

4.4 Geräte und Schutzsysteme

Im Dokument müssen alle eingesetzten Geräte und Schutzsysteme erfasst werden, die in explosionsgefährdeten Bereichen verwendet werden. Dazu zählen z. B. explosionsgeschützte Lüfter, Pumpen oder Schaltgeräte. Diese müssen entsprechend zertifiziert sein (z. B. ATEX-Kennzeichnung) und dürfen nur in den dafür vorgesehenen Zonen eingesetzt werden.

4.5 Unterweisungen und organisatorische Regelungen

Ein wesentlicher Bestandteil des Explosionsschutzes ist die regelmäßige Schulung der Mitarbeiter. Unterweisungen sollten nicht nur auf die allgemeinen Gefahren hinweisen, sondern konkrete Verhaltensregeln für den jeweiligen Arbeitsbereich enthalten. Dazu gehören auch klare Anweisungen, wie bei Störungen oder Leckagen vorzugehen ist. Die Durchführung und Inhalte der Unterweisungen müssen dokumentiert werden.

4.6 Prüf- und Wartungspflichten

Technische Schutzmaßnahmen wie Lüftungsanlagen oder Explosionsschutzsysteme unterliegen regelmäßigen Prüf- und Wartungspflichten. Im Dokument ist festzulegen, welche Anlagen wann und durch wen geprüft werden. In kleinen Betrieben kann dies z. B. der Wartungsdienst oder eine externe Fachfirma übernehmen. Die Prüfintervalle richten sich nach Herstellervorgaben und gesetzlichen Anforderungen.

5. Zoneneinteilung: Grundlage für Schutzmaßnahmen

Im Explosionsschutzdokument muss jeder Bereich, in dem eine explosionsfähige Atmosphäre entstehen kann, einer sogenannten Zone zugeordnet werden:

  • Zone 0 – Ständige oder häufige explosionsfähige Atmosphäre (z. B. Inneres eines Lösemitteltanks)
  • Zone 1 – Gelegentliche explosionsfähige Atmosphäre (z. B. Umgebung einer Spritzpistole beim Lackieren)
  • Zone 2 – Kurzzeitig auftretende explosionsfähige Atmosphäre (z. B. Lagerbereich mit dichten Behältern)

Die korrekte Zoneneinteilung ist die Grundlage dafür, geeignete Geräte auszuwählen und Schutzmaßnahmen richtig anzusetzen. Auch hier sind selbst kleinere Räume oder Zwischenlager im Betrieb zu berücksichtigen.

6. Aktualisierung und Aufbewahrung des Explosionsschutzdokuments

Das Explosionsschutzdokument muss regelmäßig überprüft und angepasst werden, insbesondere nach baulichen Änderungen, dem Wechsel verwendeter Stoffe oder nach sicherheitsrelevanten Ereignissen. In kleinen Betrieben sollte eine Überprüfung mindestens alle zwei Jahre stattfinden, auch wenn keine größeren Änderungen erfolgt sind. Alle Versionen sollten mindestens fünf Jahre lang aufbewahrt werden, um im Fall einer behördlichen Überprüfung oder eines Unfalls aussagefähig zu sein.

7. Typische Fehler bei kleinen Betrieben vermeiden

Häufige Fehler sind eine zu oberflächliche Gefährdungsbeurteilung, fehlende Zoneneinteilung oder unzureichende organisatorische Maßnahmen. Besonders wichtig ist auch, dass Schutzmaßnahmen nicht nur beschrieben, sondern tatsächlich umgesetzt und regelmäßig geprüft werden. Dokumentieren Sie alle durchgeführten Unterweisungen, Wartungen und Prüfungen sorgfältig – das spart im Ernstfall viel Ärger.

8. Fazit: Explosionsschutzdokument – Sicherheit in kleinen Schritten

Ein Explosionsschutzdokument muss kein kompliziertes Werk sein. Mit einer klaren Struktur, praxisnaher Erfassung der Gefährdungen und konsequenter Umsetzung einfacher Schutzmaßnahmen sichern kleine Betriebe ihre Mitarbeiter, Anlagen und Existenz wirksam ab – und erfüllen dabei ihre gesetzlichen Pflichten.

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