Wie man eine ideale Beschichtung am Klang erkennt

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Oberflächenanalyse neu gedacht: Die zerstörungsfreie lasergestützte Schallanalyse von Oberflächen auf dem Weg in die industrielle Praxis

Die schnelle und zuverlässige Analyse von Oberflächen von ihrer Topologie her, aber auch die Qualität von Beschichtungen ist bei Herstellern hochwertiger Produkte gefragt. Sowohl wenn es um dekorative, aber auch funktionelle Anwendung geht. Wenn eine Oberfläche weder mit standardmäßig vorhandenen Messgeräten charakterisiert werden kann oder durch einen erfahrenen Qualitätsprüfer visuell eingeschätzt werden kann, bleiben häufig nur aufwändige und mitunter zerstörerische Prüfverfahren wie Querschliffe oder Untersuchungen im Rasterelektronenmikroskop. Die laserinduzierte Oberflächenwellen-Spektroskopie bietet hier eine spannende Alternative.

So funktioniert die Laser-induzierte Oberflächenwellen-Spektroskopie

Ein speziell ausgelegte Laser regt die zu untersuchende Bauteiloberfläche zu unhörbaren Schallwellen an. Dabei werden je nach Ziel der Untersuchung spezifische Frequenzspektren erzeugt. Denn je nach Frequenz breiten sich diese Schallwellen mit unterschiedlicher Geschwindigkeit in verschiedenen Tiefen und Schichten des Materials aus. Es lässt sich also anhand des Frequenzspektrums zum Beispiel erreichen, dass sich der Schall überwiegend durch eine organische Lackschicht fortpflanzt. Am anderen Ende der Messstrecke zeichnen Sensoren auf der Oberfläche auf, welche Wellen wann ankommen. Nach der analytischen Auswertung der Messwerte für die verschiedenen Schallfrequenzen ergibt sich ein individueller Fingerabdruck des untersuchten Materials, seiner Oberfläche und Beschichtungen. Insbesondere sind Rückschlüsse auf die effektiven mechanischen Eigenschaften und Fehlstellen des analysierten Werkstücks möglich. Denn jeder Riss, jede Pore oder Ansammlung von Fremdatomen im Material beeinflusst den Weg der Schallwellen.  

Zerstörungsfreie und schnelle Prüfung

„Diese Technologie ermöglicht es uns, Schichten und Oberflächen zerstörungsfrei, schnell und sehr genau zu untersuchen“, erklärt Projektleiter Dr. Stefan Makowski, der am Fraunhofer IWS die Gruppe für Schichtcharakterisierung leitet und an der Entwicklung der LAwave genannten Technologie beteiligt war. „Mit LAwave gehen wir nun den Schritt zur Anwendung in der Industrie.“ Konkrete Anwendungsfelder finden sich beispielsweise im Automobilbau, in der Oberflächenbeschichtung und in der Mikroelektronik. So kann die Oberflächenwellen-Spektroskopie zum Beispiel Risse und Poren an thermisch gespritzten Oberflächen bewerten, ohne das Bauteil zu zerstören, wie es sonst bei der herkömmlichen Querschliffuntersuchung üblich ist. In der Halbleiterindustrie lässt sich der Abtrag von Störschichten auf Siliziumoberflächen untersuchen. Auch für die Qualitätskontrolle von PVD-Schichten, wie beispielsweise verschleißfeste und reibungsmindernde Schichten aus diamantähnlichem Kohlenstoff auf Motorradketten und Motorenkomponenten, eignet sich die LAwave-Technologie. Auch in diesem Fall ist aufgrund der geringen Schichtstärke von wenigen Nanometern mit klassischen Verfahren eine zerstörungsfreie Qualitätskontrolle nicht möglich.

Potenzial für Umwelt und Gesundheit

Großes Potenzial für den Schutz von Umwelt und Gesundheit eröffnet die LAwave-gestützte Analyse von Bremsscheiben der neuesten Generationen: Die Fahrzeugindustrie geht schrittweise dazu über, die Stahlscheiben mit speziellen Schichten aus Hartmetall, Keramik oder anderen Materialien zu überziehen, um Abrieb und Korrosion zu mindern. Einerseits soll dies dafür sorgen, dass KFZ und Motorräder die immer strengeren Feinstaubgrenzwerte im EU-Raum erfüllen. Anderseits beugen die Hersteller damit einem ungewollten Folgeeffekt des Umstiegs auf Elektroantriebe vor: Elektrische Fahrzeuge setzen oft nur die Motorbremse ein, um per Rekuperation ihre Batterien wieder aufzuladen. Die herkömmlichen Radbremsen nutzen sie seltener – und diese rosten dadurch schneller. Beide Probleme lassen sich durch die erwähnten Zusatzschichten stark mindern, allerdings noch nicht zerstörungsfrei prüfen.

In der Forschung und in einigen Industrielaboren ist diese laserinduzierte Oberflächenwellen-Spektroskopie bereits eine erprobte Messtechnologie, die praktische Anwendung in der Industrie scheiterte jedoch insbesondere an der komplexen Bedienung und Auswertung der Systeme, die viel wissenschaftliches Know-how erforderte, sodass dieses nützliche Verfahren innerhalb der letzten 20 Jahre vor allem für Forschungsprojekte in Universitäten und außeruniversitären Instituten ihre Anwendung fand. Doch seither hat das Fraunhofer IWS in Dresden die Technik und Software stetig weiterentwickelt, verbessert und das Design gemeinsam mit Partnern bedienungsfreundlicher gestaltet. Dazu trug eine Kooperation zwischen dem Fraunhofer IWS und der Professur für Technisches Design an der Technischen Universität Dresden (TUD) bei. Die eigens entwickelte Software mit ihrer intuitiven Benutzeroberfläche steuert die Messung und ermöglicht eine reproduzierbare und automatisierte Auswertung anhand eines definierbaren Messrezepts. Das LAwave-Messsystem ermöglicht in dieser Ausführung die schnelle und zerstörungsfreie Charakterisierung von kleinen und mittelgroßen Bauteilen.

Mehr Bedienungsfreundlichkeit, auch durch KI

Das Fraunhofer IWS entwickelt aktuell weitere technologische Verbesserungen, die LAwave neue Anwendungsfelder erschließen. Beispielsweise kann künstliche Intelligenz die Analysequalität noch einmal deutlich verbessern. Außerdem steht ein mobiler LAwave-Messkopf auf der Agenda. Er soll die Oberflächenanalyse innenbeschichteter Rohre oder Walzen sowie anderer besonders schwerer, großer oder komplex geformter Maschinenkomponenten ermöglichen, die sich nicht in ein Standgerät einspannen lassen. 

 Erstmals auf einer Fachmesse zu sehen sein wird „LAwave“  vom 23. Bis 26. April 2024 auf der internationalen Qualitätssicherungs-Fachmesse „Control“ am Stand 8201 in Halle 8 der Messe Stuttgart.

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