Die Europäische Kommission hat vor wenigen Wochen ein offizielles Mandat an die Europäische Chemikalienagentur (ECHA) erteilt und diese damit beauftragt, ein Beschränkungsdossier für zwei Chrom(VI)-Substanzen (Chromtrioxid und Chromsäure) zu erstellen. Das Drama „Autorisierung von Chrom(VI)“ könnte zu Ende gehen. Angesichts der enormen Aufwände und Kosten für die Betriebe, die durch die Regulierung verursacht wurde, könnte nun Erleichterung um sich greifen.
Denn eine Beschränkung wäre nach bisherigen Erfahrungen ein sehr konstruktives, sachlich orientiertes Verfahren. Erkennt die Behörde, dass es bei der Nutzung eines Stoffes zu Risiken bei Produktion oder Anwendung kommt, können unter Führung entsprechender Nachweise in bestimmten Fällen Beschränkungen erlassen werden. Dabei bleibt die Nutzung eines beschränkten Stoffes grundsätzlich erlaubt - bis auf genau die Ausnahmen, die beschränkt werden. Die Begründung der Beschränkungen muss objektiv nachgewiesen werden - von den Behörden.
Vorschlag bezüglich PFAS zerstört Vertrauen in Beschränkungsverfahren
Die Nachricht könnte also Begeisterung auslösen. Doch vermutlich wäre das verfrüht, denn Insider warnen, dass nicht Einsicht bezüglich der zahlreichen, in Expertenkreisen unstrittigen grundsätzlichen Fehler bei dem 2013 mit der Aufnahme von Chromtrioxid in den Anhang XIV begonnenen Autorisierungsverfahrens die EU-Kommission leitet. Stattdessen geben Indizien Anlass zur Befürchtung, dass die ECHA ein Beschränkungsverfahren mit Beweislastumkehr anstrebt, um ihre eigene Arbeitsbelastung zu reduzieren. So könnte ein Stoffverbot ähnlich einer Autorisierung durchgesetzt werden, aber ohne gleichwertige Kontrollinstanzen. Damit könnten die Behörden schnell und ohne dass Rechenschaft und Begründungen eingefordert werden könnten, entscheiden und verbieten. Die Lasten und Probleme hätten alleinig die Unternehmen zu tragen ohne in irgendeiner Form Einfluss nehmen zu können. Mit ein Grund für diese Einschätzung ist der unlängst vorgestellte Beschränkungsvorschlag bezüglich PFAS, indem die Stoffgruppe de facto verboten wird und nur Ausnahmen zugelassen werden, die auch noch zeitlich befristet sind. Trotzdem könnte dieser Beschränkungsvorschlag als Blaupause für Chromtrioxid dienen. Und dann könnten die Anwender von Chrom(VI) noch schlechter gestellt sein, als im Autorisierungsverfahren. Auch wenn Fachleuten zufolge die in REACH festgelegten Regeln und Vorschriften ein solches Vorgehen juristisch eigentlich nicht erlauben, scheint das die ECHA wenig zu beeindrucken.
Autorisierung bis zur endgültigen Entscheidung in Kraft
Wichtig zu erwähnen ist auch, dass für die Unternehmen die Autorisierung bis zu einer endgültigen Entscheidung in der Frage der Beschränkung, die für 2026 geplant ist, weitergeht, d. h. Anträge müssen gestellt und bearbeitet werden. Inwieweit diese neue Entscheidung Auswirkungen auf den CTAC- Antrag hat, der ja auf den Stand von 2017 zurückgeführt wurde, ist noch nicht klar. Denn die Kommission müsste laut Gerichtsbeschluss hierzu bis April 2024 eine neue Entscheidung treffen. Sollte diese gegen den Antrag fallen, würde das einen sofortigen Produktionsstopp für alle Unternehmen bedeuten, die sich auf den Antrag beziehen und bis dahin nicht eine erfolgreiche Einzelautorisierung absolviert haben. Selbst ein laufender Antrag würde nicht weiterhelfen, da er nach dem Sunset-Date gestellt wurde. Eine solche Entscheidung der Kommission wäre in höchstem Maße unverantwortlich, vor allem wenn in absehbarer Zeit neue Rahmenbedingungen durch ein Beschränkungsverfahren geschaffen werden könnten, die so existenziell einschneidende Maßnahmen im Nachhinein als unbillige Härte erscheinen lassen würden.
Gegenüber den Anfängen des Autorisierungsverfahrens vor weit über zehn Jahren sind die Verbände und Unternehmen durch das Drama der letzten Jahre hoch sensibilisiert und versuchen dementsprechend mit großem Einsatz konstruktiv eine sachgerechte und für beide Seiten tragbare Umsetzung der Beschränkung zu ermöglichen. Die ECHA beabsichtigt bis zum 4. Oktober 2024 den Beschränkungsvorschlag bezüglich Chrom(VI) vorzulegen. Das ist der Zeitraum, in dem wichtige Weichen für die Zukunft von Chromtrioxid in Europa gestellt werden. Nach dem sich die ECHA und die Kommission sachlichen Argumenten gegenüber bisher wenig offen gezeigt haben, ist allen Betroffenen zu raten, durch intensive Öffentlichkeitsarbeit und zur Not auch per Gericht für die eigenen Interessen zu kämpfen. Denn bei aller Ungewissheit, dieser Schwenk der EU-Komission bedeutet eine neue Chance, die nicht ungenutzt verstreichen sollte.