Neuartige optische Atomuhr erreicht Rekordgenauigkeit

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Die Physikalisch-Technische Bundesanstalt hat eine neuartige optische Atomuhr entwickelt. Damit hat sie – auch als Voraussetzung für eine Neudefinition der Sekunde – einen Rekord in Genauigkeit aufgestellt.

Eine hohe Genauigkeit hat die Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB) in Braunschweig in einem neuartigen Uhrentyp bewiesen. Wie die PTB mitteilt, hat er das Potenzial, Zeit und Frequenz 1000-mal genauer zu messen als die Cäsiumuhren, die aktuell die SI-Sekunde realisieren. Hierfür wurde diese neue Ionen-Kristall-Uhr mit anderen optischen Uhren verglichen und ein neuer Genauigkeitsrekord erzielt.

Vakuum schirmt alle äußeren Einflüsse ab

In einer optischen Atomuhr werden Atome mit Laserlicht bestrahlt. Hat der Laser die richtige Frequenz, ändern die Atome ihren quantenmechanischen Zustand. Dabei müssen alle äußeren Einflüsse auf die Atome abgeschirmt oder genau gemessen werden. Bei optischen Uhren mit gefangenen Ionen gelingt das sehr gut. Die Ionen können mittels elektrischer Felder auf wenige Nanometer lokalisiert im Vakuum gefangen werden. Dank hervorragender Kontrolle und Isolation kommt man hier dem Ideal eines ungestörten Quantensystems sehr nahe. Ionenuhren haben daher bereits systematische Unsicherheiten jenseits der 18. Nachkommastelle erreicht. Eine solche Uhr würde, wenn sie seit dem Urknall ticken würde, heute höchstens eine Sekunde nachgehen.

Bisherige Ionenuhren werden mit einem einzelnen Uhren-Ion betrieben. Dessen geringes Signal muss über lange Zeiträume, bis zu zwei Wochen, gemessen werden, um eine Frequenz auf diesem Niveau zu bestimmen. Um das volle Potenzial auszuschöpfen, würde es sogar Messzeiten von mehr als drei Jahren erfordern.

Parallele Messung erspart viel Zeit

Bei der neu entwickelten Uhr wird diese Messdauer durch Parallelisierung drastisch verkürzt: Hier werden in einer Falle mehrere Ionen gleichzeitig gefangen, oft auch verschiedene Ionen kombiniert. Durch ihre Wechselwirkung bilden sie eine neue, kristalline Struktur. „Dieses Konzept ermöglicht es zudem, die Stärken verschiedener Ionen zu kombinieren“, sagt PTB-Physiker Jonas Keller: „Wir verwenden Indium-Ionen wegen ihrer günstigen Eigenschaften zum Erreichen hoher Genauigkeiten. Für eine effiziente Kühlung sind dem Kristall zusätzlich Ytterbium-Ionen beigemischt“.

Eine Herausforderung war die Entwicklung einer Ionenfalle, die einen solchen, räumlich ausgedehnten Kristall genauso exakt wie einzelne Ionen als Uhr einsetzen kann. Eine weitere Herausforderung bestand darin, experimentelle Methoden zu entwickeln, um die Kühl-Ionen innerhalb des Kristalls zu positionieren.

Voraussetzung zur Neudefinition der Sekunde erstmals gegeben

Für die nötigen Vergleiche mit anderen Uhrensystemen wurden zwei weitere optische und eine Mikrowellenuhr der PTB einbezogen: eine Ytterbium-Einzelionenuhr, eine Strontium-Gitteruhr und eine Cäsium-Fontänenuhr. Hierbei erreichte das Verhältnis der Indium- zur Ytterbium-Uhr erstmals eine Gesamtunsicherheit unterhalb der Grenze, die in der Roadmap zur Neudefinition der Sekunde für derartige Messungen verlangt wird. Das Konzept verspricht eine neue Generation von Ionenuhren mit hoher Stabilität und Genauigkeit. Es ist auch auf andere Ionenarten anwendbar und eröffnet zudem die Möglichkeit ganz neuer Uhrenkonzepte, etwa den Einsatz von Quanten-Vielteilchenzuständen oder die kaskadierte Abfrage mehrerer Ensembles.

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