Weniger Reibung und bessere Leitfähigkeit

Durch Laser-Mikrostrukturierung bei Steckverbindern lassen sich eine erhebliche Reduzierung von Reibung und Verminderung des Übergangswiderstandes erreichen (Bilder: Surfunction)

Der Bedarf an elektronisch gesteuerten Funktionen steigt rasant und Steckverbinder sind hier unverzichtbar. Ein spezielle Methode ermöglicht Strukturierungen bis in den Nanometerbereich und kann sowohl Übergangswiderstand als auch Reibung reduzieren.

Mit zunehmender E-Mobilität und dem autonomen Fahren steigt der Bedarf an elektronisch gesteuerten Funktionen und Bauteilen im Auto rasant an. Zukünftige Fahrzeuggenerationen werden mit zahlreichen Apps die Insassen möglichst komfortabel und autonom von A nach B navigieren. Ein kleines, wenig Aufsehen erregendes Bauteil gewinnt in diesem Szenario an Bedeutung. Wenige Millimeter breit und einige Zentimeter hoch,  ist es doch entscheidend für die Fahr- und Funktionsbereitschaft nahezu aller Prozesse im Auto: Steckverbinder. Über 2.500 Stück befinden sich bereits heute durchschnittlich an unterschiedlichen Schaltstellen eines PKWs. Die Anforderungen an Qualität, Zuverlässigkeit und Montage nehmen angesichts neuer Sicherheitssysteme, höheren Ansprüchen an das Infotainment-System und autonomem Fahren weiter zu. Intelligente Oberflächenverbesserungen auf Basis der sogenannten DLIP-Technologie (Direct Laser Interference Patterning) können hierbei für neue Standards sorgen.

Durch die Interferenz mehrerer Laserstrahlen lassen sich hohe Bearbeitungsgeschwindigkeiten im Bereich von Quadratmetern pro Minute erreichen.

Neue Generation elektrischer Steckverbinder

Es geht darum, dass die elektrischen Kontakte unter allen äußerlich einwirkenden Bedingungen, dazu gehören Temperatur, mechanische Vibration oder Feuchtigkeit, den sicheren und unterbrechungsfreien Strom- und Signaltransport garantieren, sowie gleichzeitig allen fertigungs-, material- und insbesondere montagebedingten Anforderungen gerecht werden. Insbesondere bei hochpoligen Steckverbindern gilt es, möglichst viele elektrische Kontakte in einem Gehäuse unterzubringen. Gleichzeitig sollte die Steckkraft so gering wie möglich oder zumnindest nicht den maximal vorgebenen Wert überschreiten. Oft spielt auch die Optimierung des elektrischen Kontaktwiderstandes eine wichtige Rolle.

Die Surfunction GmbH, eine Ausgründung der Universität des Saarlandes, der Universität Dresden und dem Material Engineering Center Saarland, hat die patentierte DLIP-Technologie erstmalig in die industrielle Umsetzung für die oben beschriebene Anforderung überführt. Mit DLIP können seit Jahren bestehende Herausforderungen wie die Reduzierung der Steckkraft oder die Verringerung des Kontaktwiderstandes bei elektrischen Systemen überwunden werden. Um DLIP jedoch noch vielseitiger und effizienter nutzen zu können, werden zunehmend andere komplementäre Verfahren – von der chemischen Nanotechnologie bis zur Galvanik – mit DLIP kombiniert. Das so genannte „extended Direct Laser Interference Patterning (xDLIP) ist die neueste Querschnittstechnologie auf dem Gebiet der Oberflächenfunktionalisierung und stellt die neueste Generation von DLIP-Optiken dar.

Mit Hilfe dieser Technologie werden messbare Verbesserungseffekte bei elektrischen Kontakten in allen genannten Bereichen erzielt. Die Steckkraft kann je nach tribo-elektrischem System um bis zu 40 Prozent und der elektrische Kontaktwiderstand um bis zu 80 Prozent reduziert werden – bei maximaler Zuverlässigkeit des Systems.
Durch gezielte Manipulation der realen Kontaktfläche durch die xDLIP-Oberflächenstrukturierung sinkt der Reibkoeffizient und steigt die zulässige elektrische Kontaktanzahl pro Steckverbinder deutlich. Durch die hochpoligeren Steckverbinder werden in der Automobilindustrie weniger Steckverbindungen bei einer gleichzeitig erhöhten Anzahl verbauter elektrischer Kontakte benötigt, was mit geringeren Taktzeiten in der Montage und reduzierten Kosten einhergeht. Mit der neuen Generation elektrischer Kontakte wird die Produktion wirtschaftlicher, produktiver und dank der reduzierten Anzahl benötigter Kunststoffgehäuse auch umweltfreundlicher.

 

Diese drei Werkstücke zeigen, wie durch die Oberflächenstrukturierung per Laser Interferenzfarben erzeugt und optische Farbveränderungen möglich sind.

Der Natur auf die Finger geschaut

Doch worauf beruht das Prinzip dieser Oberflächenverbesserung, die mittels Laserinferenz eine für Laien nur schwer nachvollziehbare mikrofeine, präzise Struktur auf so ein kleines Bauteil appliziert? Eine starke Motivation zur Entwicklung neuer Technologien zur nano- bis mikroskaligen technischen Oberflächenfunktionalisierung bietet die belebte Natur, in der alle Oberflächen als Folge einer genialen evolutionären Optimierung auf eben diesen Skalen strukturiert sind, um bestimmte Funktionen besonders effizient zu erfüllen. Dies können beispielsweise ein super-hydrophober Effekt der Lotuspflanze oder auch physikalische Farbeffekte eines Schmetterlingsflügels sein. In diesem Zusammenhang ist die Lasermaterialbearbeitung zu nennen, welche als optische Technologie zu den Schlüsseltechnologien des 21. Jahrhunderts zählt. Bisher hatte man dabei nur die Wahl zwischen groberen Strukturierungen oder feineren, jedoch zeitaufwändigen und teuren Mehrschritttechnologien. Besonders die Oberflächenbearbeitung mittels gepulsten Lasersystemen gewinnt an Akzeptanz in Forschung und industrieller Fertigung. Die Verknüpfung mit dem Interferenzeffekt war der entscheidende Schritt der zeitlichen Parallel-
isierung auch für kleinste Mikrometer- und Submikrometerstrukturen präziser Periodizität in Rekordgeschwindigkeit. Die Surfunction Firmengründer und Erfinder der DLIP-Technologie, Prof. Dr. Frank Mücklich und Prof. Dr. Andrés Lasagni, haben die technischen Grundlagen dafür bereits vor knapp 20 Jahren gelegt.

Nicht nur für Kontakte

Bei dem xDLIP-Verfahren werden mittels Aufspaltung und Überlagerung von mindestens zwei gepulsten Laserstrahlen auf der zu bearbeitenden Materialoberfläche funktionell hochwirksame, mikroskopisch kleine Strukturen (sub-µm bis µm) und dank der neusten xDLIP-Optiken auch in bisher unerreichten Rekordgeschwindigkeiten im Bereich von Quadratmetern pro Minute noch robuster und genauer erzeugt. Die Oberflächenstruktur entsteht präzise auf Basis des physikalischen Prinzips der Interferenz und ausschließlich hochlokal auf der Beschichtung, also zum Beispiel Zinn oder Silber, des elektrischen Kontaktes. Die darunterliegende Basislegierung, häufig auf Kupferbasis, inklusive der Grenzfläche zur Beschichtung verbleibt dabei, genau wie die makroskopische Geometrie des Kontaktes, völlig unbeeinflusst.

 

Die Laser-Module ermöglichen durch neue Hochleistungsoptiken eine hohe Präzision und Verarbeitungsgeschwindigkeit – das Bild zeigt eine vereinfachte Darstellung eines solchen Moduls.

Auf Basis des beschriebenen physikalischen Effektes kann nahezu jedes periodische Muster auf nahezu jedem Material erzeugt werden, und zwar mit hunderten bis tausenden Strukturartefakten pro Laserpuls. Dies schafft große Geschwindigkeits- und Präzisionsvorteile gegenüber herkömmlichen Verfahren, wie beispielsweise dem Laserschreiben. Die Steckverbinder stehen exemplarisch für zahlreiche Anwendungsoptionen. Durch die Wechselwirkung der erzeugten Strukturen mit sichtbarem Licht entstehen besondere Design-Effekte, die beispielsweise neue Lösungen für Plagiatsschutz oder optisch hochwertige Oberflächen schaffen.

Auch Strukturen von superhydrophoben oder hydrophilen Oberflächen können für verschiedene Zwecke angepasst werden, wobei die Benetzung für medizinische und hygienische Anwendungen eine große Rolle spielt. Dadurch dass die Strukturen in der Größenordnung von Bakterien liegen, besteht die Möglichkeit in Kombination mit Kupfer oder Silber aktiv keimtötende Oberflächen zu gestalten und teilweise bis zu 15-fach höhere Abtötungsraten erzielen. Mit dem xDLIP-Verfahren wird eine neue Klasse technologisch anspruchsvoller, leistungsfähiger Oberflächenstrukturierung in zahlreichen Industrie-
anwendungen möglich werden.

Surfunction GmbH
www.surfunction.com