Chrom(VI): Instrumente für die Autorisierung

Eine konstruktive Herangehensweise für eine Zukunft mit Chromsäure – und der ECHA

Expositionsmessungen werden ein zentrales Element bei der Autorisierung von Chrom(VI) sein. Bild: Vecco

Die Autorisierung von Chrom(VI) war für viele Unternehmen schon in den vergangenen Jahren ein Kraftakt. Nun gibt es endlich eine erste Zulassung für den Upstream-Antrag eines großen Konsortiums. Das ist ein Grund zur Freude für alle betroffenen Unternehmen – eigentlich. Dass die Zulassung trotzdem keinen Freudensturm auslöst, liegt an zwei Dingen. Zum einen sind die Auflagen mehr als anspruchsvoll in der Umsetzung und zum anderen wird derzeit im Umfeld des EU-Parlamentes ein juristisches Vorgehen gegen die erfolgte Zulassung diskutiert. Zum jetzigen Zeitpunkt ist nicht vorhersehbar, ob und welche Konsequenzen daraus erwachsen werden. Doch alle, die mit Chrom(VI) arbeiten müssen, und möglicherweise Teil dieser Antragsgruppe waren, müssen sich nicht nur mit der aktuellen Zulassungsperiode beschäftigen, sondern es gilt eine weitere Aufgabenstellung zu bewältigen: Bis zum September 2024 muss die Re-Autorisierung erfolgt sein, ansonsten droht zu diesem Termin ein harter Produktionsstopp.

Der längere Hebel

Es kann einem gefallen oder nicht, die europäischen ebenso wie die nationalen Behörden sitzen gerade in der Chemikalienpolitik an einem sehr langen Hebel. Wenn ein Unternehmen in Europa auch in Zukunft noch Chrom(VI) verwenden will oder muss, bleibt keine Wahl, als sich mit den Auflagen der europäischen Kommission zu arrangieren. Die Bedingungen der Zulassungen müssen zwangsläufig in den Betriebsalltag und das Risikomanagement der Betriebe integriert werden. Ein neues Denken wird bei den Beschichtungsunternehmen in den nächsten Jahren Einzug halten müssen. Nachdem der Vecco e.V. anfangs noch die Hoffnung hatte, die Notwendigkeit der Zulassung über ein Gerichtsverfahren kippen zu können, wuchs mit den Jahren die Einsicht, dass eine langfristige Zukunft mit Chrom(VI) und dem Segen der ECHA beziehungsweise der EU-Kommission nur möglich ist, wenn es gelingt, die Ziele und Vorgaben von REACH einzuhalten. Gleichzeitig gilt es den Aufwand für die beteiligten Unternehmen zu minimieren. Deshalb begann der Vecco e.V. eine hierfür geeignete Infrastruktur zu entwickeln und aufzubauen.

Datenbanksystem für die Messwerte

Die Hapoc Datenbank befindet sich im Aufbau und soll die Bewertung von Expositionsmessungen sowie den Datenaustausch mit der ECHA erleichtern. Grafik: Vecco

In der konstruktiven Auseinandersetzung mit der ECHA und den REACH-Regularien hat der Vecco e.V. früh erkannt, dass für die Zukunft der Unternehmen und der

Chrom(VI)-Zulassung Expositionsmesswerte von elementarer Bedeutung sein werden. Deshalb ist bei den Mitgliedsunternehmen bereits seit Jahren eine ausgeprägte Meßkultur entstanden. Aktuell wird daraus eine Datenbank entwickelt, die über historische Daten von fast 400 Messungen aus verschiedenen relevanten Arbeitsszenarien verfügt, die es in einem galvanischen Betrieb gibt.

Diese gute Datenbasis und die daraus resultierende Transparenz führte dazu, dass in einer Empfehlung der ECHA zum Hapoc-Zulassungsantrag, dessen positiver Bescheid im Sommer 2021 erwartet wird, vorgesehen ist, repräsentative Messungen zu erlauben, sodass nicht jedes Unternehmen alle Messungen selber durchführen muss. Sollte dies tatsächlich eintreten, würden die eingesparten Messungen zu einem erheblichen Vorteil in Bezug auf Kosten und Aufwand führen.

Um den Mitgliedsunternehmen weiterhin ein leicht zu nutzendes Arbeitswerkzeug an die Hand zu geben, bietet die Datenbank „my Hapoc“ mehr als nur Messwerte. Durch die Möglichkeit der neuen Medien wird auf sehr einfache Art und Weise ein Compliance-Check für die jeweilige Autorisierung, auf die sich ein Unternehmen beziehen möchte, durchgeführt. Dieser Punkt ist nicht unwesentlich. Denn nur weil ein Unternehmen davon ausgeht, sich auf eine Autorisierung beziehen zu dürfen, folgt daraus nicht zwingend, dass dies rechtssicher ist. Da eine

Nutzung von Chrom(VI) ohne Autorisierung eine Straftat ist, kann Halbwissen zu einer heiklen Gratwanderung führen. Die Datenbanklösung des Vecco wurde übrigens schon mehrfach von unabhängiger Seite als vorbildhaft bezeichnet.

Darüber hinaus erhalten Unternehmen, bei denen ein Messwert einmal nicht so gut ausfällt und Handlungsbedarf verursacht, aktive Unterstützung von Praktikern aus der Branche. Die Plattform der Datenbank soll außerdem in der Zukunft genutzt werden, um zusätzlich zur Chromsäure weitere Produkte anbieten zu können, die zur Risikominimierung in Galvaniken benötigt werden – bis hin zu Schutzmasken oder Sicherheitskleidung.

Zusammenarbeit mit Messinstituten

Um die Herausforderungen durch die notwendig werdenden Messungen für die Mitgliedsunternehmen beherrschbar zu machen, arbeitet der Vecco bereits seit Jahren daran, Rahmenverträge für die Mitglieder mit akkreditierten Meßinstituten zu schließen, was sowohl preislich als auch terminlich Vorteile bringt. Insgesamt führten die durchgeführten Messungen auch zu wichtigen Erkenntnissen, zum Beispiel sind die Expositionswerte bei der Zugabe von fester Chromsäure in Schuppenform offensichtlich längst nicht so vernachlässigbar wie bisher weitläufig angenommen. Nachdem deutlich wurde, dass hier Handlungsbedarf besteht, gab das innerhalb des Netzwerkes den Anstoß, den sogenannten Formulator zu entwickeln. Dabei handelt es sich um ein Gebinde, in dem Chromsäure in Schuppen enthalten ist und der vor Ort in flüssige Chromsäure gewandelt werden kann. Messungen zeigten, dass sich dadurch die Expositionswerte beim Nachschärfen der Bäder deutlich reduzieren lassen.

Substitutionsnetzwerk

Auch bei vollautomatisierten Anlagen müssen künftig unterschiedliche Expositionzszenarien geprüft werden. Bild: Vecco

 

Abgesehen von der Nutzung der Chromsäure im Rahmen der Autorisierung gewinnt das Thema Substitution stark an Bedeutung, wie das die von der ECHA geforderten Substitutionspläne zeigen. Nur wenn objektiv und glaubwürdig nachgewiesen werden kann, dass eine Substitution nicht möglich ist, hat künftig ein Autorisierungsantrag Chancen auf Erfolg. Vor allem für kleinere Unternehmen ist der Aufwand für eine die europäische Kommission zufriedenstellende Substitutionsanalyse, die entsprechende Forschungs – und Entwicklungstätigkeit erfordert, in der Regel nicht finanzierbar. Deshalb wurde mit Vecco:net ein europäisches Substitutionsnetzwerk gegründet, das eine professionelle Prüfung von Alternativtechnologien ermöglicht. Daraus erwächst unter anderem eine fachlich kompetente Beurteilung von Sachverhalten. Gleichzeitig lassen sich so voreilige Entscheidungen der Kommission aufgrund von nicht kurzfristig nachprüfbaren Marketingargumenten verhindern.

Folge-Autorisierung im Fokus

Laut eigener Aussage steht für den Vecco im Vordergrund, eine möglichst lange Zulassungsperiode für die Mitgliedsbetriebe zu erreichen. Deshalb befassen sich die Experten schon jetzt mit der Gestaltung der Folgeanträge, um den Anträgen für die Weiternutzung der Chromsäure eine bessere Basis zu geben und gegenüber den zu erwartenden Ergebnissen der ersten Autorisierung längere Nutzungszeiten zu erreichen. Insgesamt betrachtet macht das Gesamtkonzept und der ganzheitliche Ansatz einen sehr zielführenden Eindruck. Trotzdem bleibt abzuwarten, ob sich dies auch in längeren Überprüfungszeiträumen niederschlägt.

Angesichts der aktuellen Diskussion weist der Verein ausdrücklich darauf hin, dass es für den nächsten Autorisierungszyklus Vecco-seitig keine Fristen gibt. Die Satzung des Vecco e.V. sieht ausdrücklich die Möglichkeit vor, dass sich weitere Betriebe an die Autorisierung anschließen können. Für alle Unternehmen, die sich in der jetzigen Lage bezüglich der künftigen Nutzung von Chrom(VI) verunsichert fühlen, könnte der Vecco somit ein interessanter Ansprechpartner sein.

► Vecco e.V

www.vecco.de