Den nächsten konsequenten Schritt geht der am 26. November 2019 am Fraunhofer IPA gestartete Industrieverbund. Seine Aufgabe: die Ableitung von Grenzwerten für produktspezifische Reinheitsanforderungen für partikuläre und chemische Verunreinigungen zu konkretisieren. Problematisch ist in diesem Zusammenhang, dass weder Reinheitsgrenzwerte noch die einzusetzende Prüftechnik und Analysegerätschaften gesetzlich oder auch normativ ausreichend geregelt sind. So wird in der neuen EU-Verordnung für Medizinprodukte, der Medical Device Regulation (MDR 2017/745), die Reinheit von Medizinprodukten ebenso explizit adressiert wie in der für die Herstellung von Medizinprodukten verbindlichen Qualitätsmanagement-Norm DIN EN ISO 13485 (2016-03). Hier geht es beispielsweise um partikuläre Verunreinigungen.
Dabei werden keine konkreten Vorgaben gemacht, welche spezifischen Reinheitsanforderungen für ein Medizinprodukt gelten. Bisher waren die Hersteller auf sich allein gestellt. Im Rahmen der obligatorischen Risikobewertung ist jedes Unternehmen nach eigenem Ermessen vorgegangen, legte für kritische Verunreinigungen aus dem Herstellungsprozess Grenzwerte, sogenannte Akzeptanzkriterien, fest und wählte Prüfmethoden. Jetzt finden sich allgemeine Hilfestellungen hierzu in der neuen Richtlinie VDI 2083 Blatt 21 »Reinheit von Medizinprodukten im Herstellungsprozess«, die im Rahmen eines Industrieverbunds unter Leitung des Fraunhofer IPA erarbeitet wurden. »Die Norm ist für sämtliche Medizinprodukte anwendbar. Sie zeigt Wege auf, wie Hersteller zu Akzeptanzkriterien für ihre Medizinprodukte kommen und wie diese überprüft werden können«, fasst IPA Wissenschaftler Guido Kreck den Gewinn durch die Richtlinie zusammen. Die bestimmten Werte für einzelne Medizinprodukte müssen die Hersteller allerdings noch selbst definieren. Je nach gewähltem Weg können unterschiedliche Akzeptanzkriterien das Ergebnis sein. Der Industrieverbund hat vor allem zum Ziel, die Ableitung von Akzeptanzkriterien für produktspezifische Reinheitsanforderungen, die grundsätzlich in der VDI-Richtlinie beschrieben ist, weiter für partikuläre und chemische Verunreinigungen zu konkretisieren. Am 21. April 2020 starten Arbeitsgruppen mit der Bearbeitung dieser Aspekte. Unternehmen aus dem Medizintechnikbereich und deren Zulieferer sind eingeladen, an diesem Verbund teilzunehmen.