Große Herausforderungen durch Regulierung und Handelsstreitigkeiten

Anzeige Top-Story | Erstellt von CB

Strengere Vorschriften, das bevorstehende Verbot von Bisphenol A und drohende Strafzölle auf Titandioxid stellen die Oberflächenbranche vor große Herausforderungen. Welche Maßnahmen Unternehmen jetzt ergreifen können, um wettbewerbsfähig zu bleiben, und wie Nachhaltigkeit neue Chancen eröffnet, lesen Sie in unserer aktuellen Topstory.

Die deutsche Oberflächenbranche steht vor einem immer komplexeren Umfeld. Während die Nachfrage nach nachhaltigen und technologisch hochentwickelten Lösungen weltweit wächst, erschweren regulatorische Veränderungen, steigende Kosten und geopolitische Spannungen das Geschäft. Aktuelle Entwicklungen wie strengere Lieferkettenvorschriften, das geplante Verbot von Bisphenol A (BPA) und drohende Strafzölle auf Titandioxid aus China sind dabei besonders herausfordernd.

Strengere Vorschriften entlang der Lieferketten

Das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) und die geplante EU-Lieferkettenrichtlinie (CSDDD) zwingen Unternehmen, ihre gesamte Lieferkette genauer zu überprüfen und die Einhaltung von Menschenrechts- und Umweltstandards zu gewährleisten. Laut dem Verband der deutschen Lack- und Druckfarbenindustrie e.V. (VdL) bedeuten diese Anforderungen für viele Betriebe – insbesondere kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) – einen erheblichen Mehraufwand.

„Die Dokumentation und Nachverfolgung von Risiken entlang globaler Lieferketten stellt viele Unternehmen vor enorme administrative Herausforderungen. Gleichzeitig fehlen klare Vorgaben, wie diese Regelungen umzusetzen sind“, so der VdL. Unternehmen müssen Zeit und Ressourcen investieren, um die gesetzlich vorgeschriebenen Risikoanalysen durchzuführen und präventive Maßnahmen zu entwickeln. Dies ist umso problematischer, da viele Unternehmen der Oberflächenbranche ohnehin schon durch Bürokratie stark belastet sind und insgesamt unter erheblichem Kostendruck stehen.

Das Verbot von Bisphenol A: Eine Gefahr für Epoxidharze

Ein weiteres Thema, das die Branche beschäftigt, ist das geplante Verbot von Bisphenol A (BPA) in Lebensmittelkontaktmaterialien. BPA wird zwar in der Lack- und Druckfarbenindustrie nicht direkt eingesetzt, doch zahlreiche Polymere – insbesondere Epoxidharze – basieren auf diesem Stoff. Der VdL warnt, dass der Wegfall von BPA-basierten Materialien weitreichende Konsequenzen haben könnte: „Für viele Anwendungen gibt es derzeit keine gleichwertigen Alternativen. Ein Verbot könnte die Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie gefährden.“ Die Suche nach Ersatzstoffen und die Umstellung der Produktionsprozesse stellen nicht nur technische, sondern auch wirtschaftliche Herausforderungen dar, da Forschung und Entwicklung erhebliche Investitionen erfordern.

Droht ein Preisschock durch Titandioxid-Zölle?

Besonders kritisch für die Branche sind mögliche Antidumpingzölle auf Titandioxid-Importe aus China. Dieses zentrale Pigment wird in zahlreichen Lacken und Farben eingesetzt und ist für die Herstellung weißer und stark deckender Produkte unverzichtbar. Die EU-Kommission hat vorläufige Zölle zwischen 14,4 und 39,7 Prozent auf chinesische Importe verhängt. Der VdL sieht hierin ein erhebliches Risiko für die Branche: „Die zusätzlichen Kosten durch Strafzölle könnten die ohnehin schon angespannte Kostensituation der Unternehmen weiter verschärfen.“ Für viele Firmen, insbesondere KMU, die nicht auf alternative Quellen zurückgreifen können, würde dies eine spürbare Belastung bedeuten.

Ein ohnehin schwieriges Umfeld

Diese Herausforderungen treten in einem Umfeld auf, das laut einer gemeinsamen Studie von BCG und VCI ohnehin als schwierig gilt. 86 Prozent der befragten Unternehmen nennen die Bürokratie als größtes Investitionshindernis, gefolgt von hohen Energiekosten (59 Prozent) und langen Genehmigungsverfahren (51 Prozent). Die Oberflächenbranche, die stark von Chemikalien und energieintensiven Prozessen abhängt, leidet besonders unter diesen Faktoren. Die Studie warnt zudem, dass ohne gezielte Maßnahmen rund 30 Prozent der Produktion in der Chemieindustrie – und damit auch verwandte Branchen wie die Oberflächenindustrie, so dies für die Betriebe umsetzbar ist  – von Abwanderung bedroht sein könnten.

Wie die Branche reagieren sollte

Um diesen Herausforderungen zu begegnen, gilt es strategisch handeln. Der VdL empfiehlt eine stärkere Diversifizierung der Lieferketten, um die Abhängigkeit von einzelnen Lieferanten oder Märkten zu reduzieren. Zudem sollten Unternehmen gezielt in Forschung und Entwicklung investieren, um alternative Stoffe und nachhaltige Lösungen voranzutreiben. Dies könnte nicht nur die regulatorischen Anforderungen erfüllen, sondern auch neue Märkte erschließen, etwa durch umweltfreundliche Beschichtungen oder Kreislaufprodukte.

Ein weiterer wichtiger Hebel ist die Digitalisierung. KI-gestützte Prozesse bieten großes Potential, Produktionskosten zu senken und die Ressourceneffizienz zu steigern. Gleichzeitig müssen Unternehmen den Dialog mit politischen Entscheidungsträgern suchen, um praktikable Lösungen für die Branche zu entwickeln. Der VdL fordert hier unter anderem klarere Vorgaben für die Umsetzung von Lieferkettenregelungen und eine stärkere Unterstützung bei der Entwicklung alternativer Materialien.

Ein unsicherer, aber chancenreicher Ausblick

Die Oberflächenbranche steht vor erheblichen Umbrüchen. Strengere Regulierung, steigende Kosten und geopolitische Spannungen stellen Unternehmen vor große Herausforderungen. Gleichzeitig eröffnen Nachhaltigkeit und Innovation erhebliche Chancen. Wer gezielt in Resilienz, Forschung und Kooperation investiert, kann nicht nur die aktuellen Hürden meistern, sondern auch langfristig Wettbewerbsvorteile sichern. Die Akteure der Branche haben es in der Hand, die Weichen für die Zukunft zu stellen.

Quellen: Verband der deutschen Lack- und Druckfarbenindustrie e.V. (VdL), VCI-BCG-Studie „Industriestandort Deutschland“ (2024)

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