Fraunhofer UMSICHT: Neue Verfahren zur Reduzierung von Bakterien auf Oberflächen

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Bakterien tummeln sich gern auf Bauteilen aus Kunststoff. Abhilfe schaffen keimtötende Werkstoffe wie etwa Kupfer, die in die Kunststoffe eingearbeitet werden, oder spezielle antibakterielle Beschichtungen. Das Fraunhofer UMSICHT hat neue Wege entwickelt, das Wachstum von Bakterien auf Oberflächen zu reduzieren.

Das Fraunhofer UMSICHT forscht seit zehn Jahren an der antibakteriellen Imprägnierung von Werkstoffen, insbesondere Kunststoffen. Durch Kooperationen mit der Industrie entstand ein breites Know-how, das die Forschenden nun in neuen Anwendungsbereichen testen und zu vielversprechenden Lösungen kommen. Ziel ist es u. a., umweltfreundliche Alternativen zu antibakteriell wirkenden, aber toxischen Wirkstoffen oder zu sehr kostenintensiven Werkstoffen wie Kupfer zu entwickeln. Vorteilhaft beim Imprägnierverfahren ist, dass nur geringste Mengen des antimikrobiellen Wirkstoffs eingebracht werden müssen und auch eine nachträgliche Ausstattung des fertigen Bauteils möglich ist. Ein weiteres Verfahren adressiert Oberflächen, auf denen sich Biofilme bilden können; hierzu zählen z. B. medizinische Geräte oder Wasserrohre. Hier kann die Kommunikation zwischen den Bakterien gezielt gestört werden, was die Bildung der Biofilme wirksam verhindert.

Prinzipiell gibt es zwei Möglichkeiten, um Kunststoffe mit speziellen Funktionen zu versehen: Entweder werden die gewünschten Additive durch Compoundierung in das Produkt eingebracht, oder die Wirkstoffe gelangen mittels nachträglicher Beschichtung der Oberfläche auf das Produkt. Die nachträgliche Beschichtung ermöglicht es, dass sich z. B. eine antibakterielle Wirkung genau dort entfaltet, wo sie wirken soll: an der Oberfläche. Das Fraunhofer UMSICHT entwickelte dazu ein Verfahren, dass polymere Oberflächen mithilfe von überkritischem Kohlendioxid imprägniert. Überkritisches Kohlendioxid ist zur Imprägnierung ideal, da es einerseits ähnlich leicht wie Gas in eine Oberfläche eindringen kann und gleichzeitig die Dichte einer Flüssigkeit aufweist. Zudem ist Kohlendioxid weder brennbar, noch toxisch, gut verfügbar und kostengünstig.

Für Anwendungen im Consumer-Bereich wie z. B. für Lichtschalter werden während der Imprägnierung mit überkritischem Kohlendioxid nano- und mikroskalige Silberpartikel eingebracht. Hierdurch wird die Vermehrung von Bakterien gestoppt. Das überkritische Kohlendioxid öffnet die polymere Struktur und ermöglicht den Stofftransport an die Oberfläche. »Tests zeigten, dass bereits nach einer Stunde alle Bakterien von der Oberfläche eines zuvor mikrobakteriell kontaminierten Lichtschalters entfernt worden sind«, erklärt Nils Mölders, Abteilungsleiter Materialsysteme und Hochdrucktechnik am Fraunhofer UMSICHT.

Für sensible Anwendungsbereiche wie die Medizintechnik oder Trinkwasser-Installationen setzen die Fraunhofer-Forschenden auf »Quorum Quenching-Naturstoffe«, um Nanopartikel und Silbersalze zu vermeiden. Hierbei geht es nicht darum, bereits entstandene Bakterien abzutöten, sondern die Kommunikation zwischen den Bakterien im Voraus so zu verhindern, dass sich erst gar kein Bakterien-Biofilm bildet. »Wir verwenden verschiedene Naturstoffe, die die Eigenschaft besitzen, die Rezeptoren der Bakterien zu belegen und dadurch die Kommunikation zu verhindern und somit ihre schädliche Wirkung«, erklärt Karen Fuchs vom Fraunhofer UMSICHT. Die Stoffe sind umweltverträglich und nicht gefährlich für Mensch oder Tier. Daher eignen sie sich auch für den Schiffsbau, wo derzeit noch biozide Lacke gegen das Antifouling zum Einsatz kommen. Die Naturstoffe werden zur Immobilisierung mikroverkapselt oder mithilfe der Hochdruckimprägnierung in die gewünschten Materialoberflächen eingebracht, beispielsweise in Lackformulierungen oder Trinkwasserrohre. Erste erfolgreiche Tests sind im Labormaßstab beim Fraunhofer UMSICHT durchgeführt worden, Feldversuche für Bootslacke sind in der Vorbereitung.

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