Oberflächen optisch vermessen und prüfen

Optische Darstellung unterschiedlicher Oberflächeneigenschaften
Abb. 1: Optische Messverfahren eröffnen in der Qualitätskontrolle und Fertigungsoptimierung neue Wege, da sie für nahezu alle Materialien einsetzbar sind, auch für empfindliche Oberflächen.

Mittels optischer Inline-Analyse von Oberflächen die Qualität und Funktion des Produktes verbessern

Die Oberflächeneigenschaften eines Produktes beeinflussen sein mechanisches, elektrisches oder chemisches Verhalten. Nur ein qualitätsüberwachter Fertigungsprozess kann das gewünschte Ergebnis sicherstellen – optische Messverfahren erschließen hier neue und interessante Möglichkeiten.

Traditionell werden für Oberflächenmessungen meist noch taktile Messgeräte eingesetzt. Besonders verbreitet ist das sogenannte Tastschnittverfahren. Dabei wird eine feine Diamant-Tastspitze über die Oberfläche geführt und durch die Oberflächentextur vertikal ausgelenkt. Die Information über die Oberfläche wird somit zweidimensional entlang eines Profils gewonnen (siehe Abb. 2). Das Verfahren ist in einschlägigen Normen wie der DIN EN ISO 3274 oder DIN 4287 ausführlich beschrieben und hat sich in der Praxis durchaus bewährt. Inwieweit die Reduzierung der Oberfläche auf einen Profilschnitt ausreichende Ergebnisse liefert, hängt aber von den Anforderungen ab, denn das Ergebnis für den Rauheitskennwert wird stark von der gewählten Messposition beeinflusst. Die Beschreibung der Oberflächenbeschaffenheit als Profilschnitt genügt deshalb in der Regel nicht für Aussagen über die Funktionalität der gesamten Oberfläche oder für eine Optimierung der Fertigung. Dies ist bei der dreidimensionalen optischen Messung anders, da sie über die gesamte Oberfläche detektieren kann. Bei dem berührungslosen Verfahren sind zudem Beschädigungen der Oberfläche ausgeschlossen.

 

Abb. 2: Beim traditionell verwendeten Tastschnittverfahren werden taktile informationen zweidimensional entlang eines Profils gewonnen. Eine taktile Höhenmessung hat in diesem Fall 70 nm tiefe Kratzer in der Oberfläche hinterlassen, die in derselben Größenordnung liegen wie die zu messende Stufe.

Die Wahl der Grenzwellenlänge

Rauheit, Form und Welligkeit sind bei der optischen Oberflächenmessung keine scharf voneinander abgegrenzten Merkmale, die separiert nebeneinander vorliegen. Stattdessen lässt sich eine Oberfläche als Überlagerung zahlreicher Wellenlängen beschreiben, wobei der Übergang von den besonders langwelligen Formanteilen über die Welligkeitsanteile bis hin zu den kurzwelligen Rauheitsanteilen fließend ist (siehe Abbildung 4). Für die Separierung sind Frequenzfilter zuständig. Durch Anwendung dieser Tief- beziehungsweise Hochpassfilter mit Gauß-Charakteristik liegt dann der weiteren Auswertung ein bandbreitenbegrenztes Profil beziehungsweise eine bandweitenbegrenzte Oberfläche vor. Der Wahl der jeweiligen Grenzwellenlängen kommt dabei eine zentrale Bedeutung zu, denn je nach Einstellung können sich unterschiedliche Messwerte für die gesuchte Messgröße ergeben.
Die Messketten für die flächen- beziehungsweise profilhafte Auswertung, die sich heute auf die optische Messtechnik anwenden lassen, sind in den Normenreihen ISO 25178 beziehungsweise ISO 4287 beschrieben. Bei der profilhaften Messung werden die
Grenzwellenlänge, die Einzelmessstrecke und die Auswertelänge in Abhängigkeit von der Oberflächeneigenschaften auf Grundlage einer Tabelle ermittelt (siehe Abbildung 3). Hierzu werden die zu erwartenden Texturparameter zunächst geschätzt und dann Testmessungen durchgeführt. Für die flächenhafte Messung gibt es keine vergleichbare Tabelle, es ist jedoch empfehlenswert, dieselben oder ähnliche Werte als Basis für Testmessungen zu wählen. Die häufig in der Praxis angewendeten Amplituden und Höhenparameter wurden weitgehend in der neueren Norm auf die flächenhafte Auswertung erweitert. Dabei hat die flächige Messung und Auswertung der Topografie den Vorteil, dass sie nicht von der Wahl der Messposition abhängt und somit – vor allem bei inhomogenen oder fehlerhaften Oberflächen – zuverlässigere Ergebnisse liefert (siehe Abbildung 3).

 

Abb. 3: Profilhafte Messungen (blau, grün, violett) einer Oberfläche mit zufällig verteilten Strukturen liefern uneinheitliche Werte. Flächenhaft ermittelte Rauheitskennwerte liefern hier aussagekräftigere Ergebnisse.

Kenngrößen in der Oberflächenmesstechnik

Für die Vielzahl der Kenngrößen aus den Profilnormen ISO 4287 und ISO 13565 findet sich ein Äquivalent in der neueren Flächennorm ISO 25178. Darüber hinaus bietet die flächenhafte Auswertung der Topografie jedoch aufgrund der hinzukommenden Dimension zusätzliche Möglichkeiten, die eine funktionsorientierte Bewertung der Oberfläche erlauben. Materialanteilkurven, die auf flächenhaft ermittelten Daten beruhen, machen es beispielsweise möglich, das funktionale Verhalten einer Oberfläche zu beschreiben. Hinzukommen können noch weitere Auswertungen, die auf Materialvolumen- oder Topografieparametern basieren und zusätzliche Erkenntnisse liefern.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die profilhafte 2D-Oberflächenmesstechnik mittelfristig wohl nur dort weiter sinnvoll sein wird, wo ihre Aussagekraft ausreicht. Die flächenhafte Charakterisierung der Oberfläche mit Hilfe der optischen 3D-Messtechnik bietet wesentlich mehr Möglichkeiten. Messeinrichtungen sollten deshalb spätestens dann ergänzt oder ersetzt werden, wenn 2D-Kennwerte die Charakteristik oder Funktion einer Oberfläche nicht mehr ausreichend genau oder nur unzuverlässig beschreiben können. Dann liefert die dreidimensionale optische Messtechnik nicht nur eine funktions- und struktur-
orientierte Auswertung, sondern auch ein für die menschliche Auffassungsgabe leichter verständliches Abbild der Oberfläche. Als Lasertechnologie-Pionier bietet Polytec bereits seit 1967 optische Messtechnik-Lösungen für Forschung und Industrie. Nach den Anfangsjahren als Distributor startete das Unternehmen in den 1970er Jahren die Entwicklung eigener laserbasierter Messgeräte und ist heute führend im Bereich der berührungslosen Schwingungsmesstechnik mit Laservibrometern.

Bild 4: Übergang der Bestandteile. Oberflächen lassen sich als Überlagerung zahlreicher Wellenlängen beschreiben, wobei der Übergang von den besonders langwelligen Formanteilen über die Welligkeitsanteile bis hin zu den kurzwelligen Rauheitsanteilen fließend ist.
Aus der Materialanteilkurve lassen sich funktionsrelevante Eigenschaften einer Oberfläche ableiten.
Materialanteilkurven, die auf flächenhaft ermittelten Daten beruhen, machen es möglich, das funktionale Verhalten einer Oberfläche zu beschreiben.

Info:
Polytec GmbH
www.polytec.com

Bilder und Grafiken: Polytec