Das Anoden-Problem
Für die dreiwertigen Elektrolyte kommt nach dem bisherigen Entwicklungsstand nur Graphit oder Titan als Anodenmaterial in Frage. Das macht nicht nur das Material teurer, auch die Herstellung der Anoden kann dann nicht mehr beim Beschichter erfolgen. Zwar werden sich hierfür sicherlich in der Zukunft Lösungen finden lassen, aber aktuell liegen die Lieferzeiten laut Farahani für solche Mischanoden im Bereich von sechs Wochen. Das mag für eine Inhouse-
Galvanik, die immer wieder die gleichen Teile beschichtet, noch beherrschbar sein. Vor allem für Lohnbeschichter, die mit einem ständig wechselnden Teilespektrum konfrontiert sind, ist das jedoch ein kaum zu lösendes logistisches Problem.
Nicht unproblematisch ist außerdem die Abwasseraufbereitung. Gilt es beim Chrom(VI) lediglich, dieses im Abwasser auf Chrom (III) zu reduzieren und dann auszufällen, ist in dreiwertigen Elektrolyten das Chrom(III) in einem starken Komplex gebunden, aus dem es zunächst herausgelöst werden muss, bevor das Abwasser weiter aufbereitet werden kann – kein trivialer Prozess, der vor allem für größere Volumina noch Entwicklungsbedarf erfordert.
Nicht zu vernachlässigen ist generell das Thema der notwendigen Investitionen. Denn soll eine Umstellung auf einen dreiwertigen Elektrolyten erfolgen, muss die Halle absolut Chrom(VI)-frei sein – das bedeutet entweder einen Neubau oder aufwendige Sanierungsarbeiten. Dass die alte Anlagentechnik in keinem Fall weiterverwendet werden kann, ist vor diesem Hintergrund naheliegend. Aus Sicht der Produktivität wird dabei allerdings auch noch ein weiteres Problem sichtbar, denn die Beschichtungsbäder werden in ausreichendem Maße Vorbehandlungskapazität brauchen, wodurch der verfügbare Platz für Beschichtungsbäder dementsprechend sinkt. Das bedeutet, um die gleiche Produktivität wie mit Chromtrioxid zu erreichen, ist eine viel größere Fertigungsfläche notwendig.
„Vor nur fünf Jahren hat niemand ernsthaft an einen Chrom (III)-Elektrolyten für Hartchrom geglaubt. In den letzten zwei Jahren hat sich hier einiges getan“, zieht Hannah Betz, zuständig für Marketing und Innovation, trotzdem ein positives Resümee. „Nachdem wir uns jetzt insgesamt drei Jahre intensiv mit dem Thema beschäftigt haben, können wir außerdem als vielversprechende Erkenntnis verbuchen, dass wir die Rissstruktur beeinflussen können. Doch eine flächendeckende Substitution klassischer Hartchrom-Anwendungen halte ich auch langfristig für unwahrscheinlich – nicht so sehr wegen der Schichteigenschaften – die werden wir noch ganz erheblich verbessern können. Aber die um ein Vielfaches höheren Stückkosten werden sich nicht auf das Niveau von klassischen Hartchrom Beschichtungen drücken lassen.“
Substitution möglich?
Prinzipiell geht man bei Betz-Chrom davon aus, dass es möglich sein könnte, in ungefähr 14 Jahren etwa 70 Prozent des eigenen Portfolios aus Chrom(III)-Elektrolyten zu beschichten – unter der Voraussetzung, dass die Prozessentwicklung in den nächsten Jahren weiter so gut voranschreitet. Bis dahin setzt der Lohnbeschichter auf eine Autorisierung der Verwendung von Chrom(VI) in eigener Regie und hat einen entsprechenden Antrag auch bereits eingereicht.
Den Prozess selber hat sich das Unternehmen unter dem Namen „BeGreen Chrome“ schützen lassen. Das „Be“ leitet sich dabei von Betz-Chrom ab, während sich das „Green“ auf die Farbe des Elektrolyt-Salzes bezieht. Trotzdem klingt der Name sehr umweltfreundlich.
„Auch wenn wir auf absehbare Zeit mit unserem BeGreen Chrome-Prozess keine großen Stückzahlen beschichten werden, sehen wir das als aktive Zukunftssicherung“, erklärt Betz. „Wir sind sehr vom Hartchrom abhängig und nur abzuwarten, ob eines Tages ein für uns geeigneter Prozess auf den Markt kommt, ist riskant. Denn die Fachfirmen brauchen Entwicklungspartner, um die Prozesse weiter zu bringen. So sind wir vorne mit dabei, können uns mit dem neuen Prozess vertraut machen und wissen stets genau, was möglich ist.“
► Betz-Chrom GmbH