ZVO Jahresbericht 2023 - Galvano- und Oberflächentechnik leidet unter schwacher Industriekonjunktur

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Die Galvano- und Oberflächentechnik konnte sich trotz der vielen Krisen eine Zeitlang noch relativ gut behaupten, aber seit Mitte 2023 sinken die Umsätze vieler Unternehmen deutlich, teilweise sogar massiv im zweistelligen Bereich. Damit schlägt die schwache Industriekonjunktur und die in vielerlei Hinsicht schwierigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen immer stärker auf die Branche durch. Der folgende Bericht veranschaulicht die Entwicklungen.

Die allgemeine wirtschaftliche Lage bleibt angespannt, auch wenn die zahlen zunächst nicht extrem dramatisch wirken, die deutsche Wirtschaft schrumpfte 2023 um 0,3 Prozent, preis- und kalenderbereinigt um 0,1 Prozent. Aber dies ist der zweite Rückgang innerhalb von vier Jahren und die deutsche Wirtschaft kommt aus einer langen Wachstumsphase. Hinzu kommt, dass auch 2024 ein weiteres konjunkturell und strukturell herausforderndes Jahr zu erwarten ist. Für Deutschland wird sogar ein Rückgang des BIP um 0,2 Prozent prognostiziert. Besonders hiervon betroffen sind energieintensive Industriebereiche - und damit auch die Oberflächenbranche - aufgrund hoher Energiekosten und steigender Löhne.

Die Automobilindustrie, die wichtigste Abnehmerbranche der Galvano- und Oberflächentechnik, durchlebt weiterhin unsichere Zeiten. 2023 wurden weltweit 90,8 Millionen Fahrzeuge gebaut, was einem Wachstum von 10,1 Prozent entspricht. In Deutschland wurden 4,1 Millionen Pkw produziert, ein Plus von 18 Prozent gegenüber dem Vorjahr.  Allerdings liegt die Produktion immer noch 12 Prozent unter dem Vorkrisenniveau von 2019. Insgesamt wurden im Jahr 2023 in Deutschland 2,84 Millionen Neufahrzeuge zugelassen, was einem Wachstum von 7 Prozent entspricht. Die Elektro-Neuzulassungen liegen jedoch deutlich im Minus, mit einem Rückgang von 16 Prozent bei insgesamt 700.200 Elektro-Pkw. Nachdem viele Automobilhersteller sich mit großen Kraftanstrengungen der E-Mobilität zuwenden, eine hochproblematische Entwicklung. Nicht zuletzt, weil sie alles andere als Zustimmung der Bevölkerung zu den politischen Ziele von Regierung und EU bezüglich des Verbrennungsmotors bedeutet.

Maschinenbau mit Rückgängen in Deutschland und trübe Stimmung im Mittelstand

Während zum Beispiel alle vier großen Produktionsstandorte in Asien, angeführt von Indien, weiter Wachstum verzeichnen, liegt das durchschnittliche Umsatzwachstum der deutschen Maschinenbauer 2023 im Minus bei -0,5 Prozent. Wegen der Auftragsflaute rechnet der VDMA für 2023 sogar mit einem realen Rückgang der Produktion um 2,0 Prozent. Auch für 2024 wird bei den deutschen Produktionszahlen ein Minus von 2,0 Prozent erwartet, bei der Umsatzentwicklung ein Minus von 2,4 Prozent. Ein besonders markanter Rückschlag zeigte sich bei den mittelständischen Industrieunternehmen, deren Geschäftsklima im Dezember um 5,3 Zähler sank. Vor allem die Skepsis beim Blick nach vorn hat wieder zugenommen. Allerdings gibt es für 2024 dank steigender Reallöhne und anziehender Konsumausgaben Aussichten auf eine moderate wirtschaftliche Erholung.

Galvano- und Oberflächentechnik im Sinkflug

Für 2023 zeichnete sich zunächst eine weitere Stabilisierung der Branche ab: In den ersten fünf Monaten meldete das Statistische Bundesamt nach vorläufigen Zahlen noch einen Umsatzzuwachs von 10,5 Prozent auf rund 3,3 Milliarden Euro gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Der Inlandsumsatz legte um 11,9 Prozent auf rund 2,1 Milliarden zu (Januar bis Mai 2022: rund 1,9 Mrd. €), der Auslandsumsatz um 8,2 Prozent auf etwas mehr als 1,2 Milliarden Euro (Januar bis Mai 2022: 1,1 Mrd. €). Die Entwicklung zeigt deutliche Parallelen zum Mittelstandsbarometer, wo sich insbesondere seit dem Spätsommer ein trübes Bild zeigte. Dann brachen in der Galvano- und Oberflächenbranche zum Herbst 2023 ein, zum einen wegen der geopolitischen Lage und Konjunkturentwicklung, zum anderen wegen der höheren Finanzierungs- sowie Energiekosten. Zwar sind die Preise für Gas und Strom, zuletzt wieder deutlich gesunken. Allerdings werden sie voraussichtlich dauerhaft spürbar oberhalb des Niveaus verharren, das vor dem Beginn der Energiekrise üblich war. In den energieintensiven Industrien wie der Galvano- und Oberflächentechnik dürften deshalb längerfristig eher Produktionskapazitäten abgebaut werden. Die Umsätze sanken mitunter zweistellig. Die mittelständisch geprägte Branche weist europaweit ein Marktvolumen von geschätzt rund 45 Milliarden Euro auf und beschäftigt etwa 440.000 Mitarbeiter und ist damit alles andere als ein unbedeutender Wirtschaftsbereich, den man ohne weitreichende Folgen politisch in die Enge treiben könnte. Konkret das Marktvolumen in Deutschland zu beziffern ist schwierig, da die amtliche Statistik nur die industriellen Zulieferer erfasst. Der ZVO geht von rund 17,5 Milliarden Euro aus, womit Deutschland das führende Land für Oberflächentechnik in der Europäischen Union ist.

Ausbildungszahlen weiter auf niedrigem Niveau

Die Ausbildungszahlen für die fachspezifischen Berufe in der Galvano- und Ober-flächentechnik bewegten sich 2023 im Vergleich zum Vorjahr insgesamt auf etwa demselben Niveau: Zum Oberflächenbeschichter wurden 2023 bundesweit 435 Lehrlinge ausgebildet, davon 336 in der Industrie und 99 im Handwerk. Das sind 1,5 Prozent weniger als 2022. Bei den angehenden Verfahrensmechanikern für Beschichtungstechnik gab es im Vergleich zum Vorjahr jedoch einen leichten Anstieg von 5,5 Prozent auf bundesweit 655 Auszubildende.

Ergebnisse 2023 der ZVO-Mitglieder

Mit ihren insgesamt 20.000 Beschäftigten erwirtschafteten sie 2023 einen Umsatz von 2,198 Milliarden Euro, das ist immerhin ein leichtes Plus von 3,17 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Für 2024 fällt die Prognose der ZVO-Mitglieder jedoch deutlich schlechter aus: Sie erwarten einen Umsatzrückgang von 12 Prozent auf nur noch 1,934 Milliarden Euro. In der jährlichen ZVO-Befragung beurteilen 34 Prozent der befragten Unternehmen ihre aktuelle wirtschaftliche Situation als schlecht oder sehr schlecht. Das sind mehr als doppelt so viele wie im Vorjahr. Nur noch 21 Pro- zent bezeichnen sie als gut oder sehr gut, halb so viele wie 2022.

Fazit

Die Lage in der Galvano- und Oberflächenbranche ist ernst, die Unternehmen Sind mit hohen Produktionskosten konfrontiert. Dazu tragen die hohen Energiekosten bei, aber auch die massiv gestiegenen Finanzierungskosten, die es erschweren in effizientere Anlagentechnik zu investieren. Noch dazu führt die forcierte Mobilitätswende zu erheblichen Verwerfungen in der Automobilindustrie, wodurch wichtige Zielmärkte für die Oberflächenbranche kaum noch berechenbar sind. Zusätzlich führt der Fachkräftemangel zu personellen Engpässen und eine überbordende Bürokratie seitens der EU macht den Betrieben das Leben schwer. Alles in allem müssen sich die Unternehmen der Branche ganz offensichtlich weiterhin auf schwierige Zeiten einstellen und den Blick vorausschauend in die Zukunft richten.

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