Neue BREF-Vorgaben: Die Oberflächenbranche vor einer regulatorischen Zäsur

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Die Oberflächenindustrie steht vor erheblichen Veränderungen: Die Überarbeitung des BREF STM (Best Available Techniques Reference Document for Surface Treatment of Metals and Plastics) wird erstmals verbindliche Emissionsgrenzwerte und technische Standards enthalten. Unternehmen müssen sich frühzeitig auf strengere Umweltauflagen einstellen – insbesondere im Bereich Energieverbrauch, Wasseraufbereitung und Chemikaliennutzung. Außerdem ist es wichtig, sich in den Prozess einzubringen, um realistische Grenzwerte zu erreichen.

Die neuen Umweltauflagen für die Oberflächenbranche nehmen Form an. Die Überarbeitung des BREF STM (Best Available Techniques Reference Document for Surface Treatment of Metals and Plastics) läuft auf Hochtouren. Die kommenden Vorgaben werden jedoch absehbar verbindliche Emissionsgrenzwerte und technische Standards enthalten – und damit für erheblichen Anpassungsbedarf in der Industrie sorgen.

Hintergrund: Warum das neue BREF so wichtig ist

Das BREF STM definiert die besten verfügbaren Techniken zur Minimierung von Umwelteinwirkungen in der Oberflächenveredelung. Bisher hatte das 2006 veröffentlichte Dokument lediglich Empfehlungscharakter. Die Neufassung hingegen wird durch die europäische Industrieemissionsrichtlinie (IED) erstmals bindende Wirkung erhalten. Die Folge: Unternehmen müssen sich frühzeitig auf neue Anforderungen vorbereiten, auch wenn die finalen Regelungen noch nicht feststehen.

Besonders betroffen sind Prozesse, die emissionsintensive Behandlungen beinhalten, von organischen Beschichtungen bis zur Anodisierung. Auch der Energie- und Wasserverbrauch rücken in den Fokus der neuen Vorgaben.

Realität vs. Theorie: Die Herausforderungen für die Unternehmen

Als Basis für die Festlegung der Grenzwerte für die neue BREF-Fassung werden Daten aus Betrieben unterschiedlicher Größe und Spezialisierungen in ganz Europa erhoben. In Deutschland koordinierte das Umweltbundesamt (UBA) diese Erhebung – in enger Zusammenarbeit mit der Industrie, zum Beispiel vertreten durch den Verband für die Oberflächenveredelung von Aluminium e. V. (VOA). Doch die erhobenen Daten bzw. deren Interpretation bergen Fallstricke, die den jeweiligen Branchen mit der Inkrafttreten der daraus abgeleiteten Grenzwerte erhebliche Schwierigkeiten bereiten können.

  • Schwierige Datenbasis: Insbesondere verfügen viele Betriebe bisher nicht über die technologischen Voraussetzungen, ihre genauen Emissions- und Verbrauchswerte durchgängig zu erfassen. Gerade bei einem stark wechselnden und vor allem bei Lohn-Beschichtern mitunter völlig unvorhersehbaren Teilespektrum ist die Berechnung von Verbrauchsgrenzwerten für Wasser oder Energie pro Quadratmeter behandelte Oberfläche nicht nur extrem aufwändig, sondern mitunter allgemeingültig gar nicht möglich, da die Form und Beschaffenheit der Werkstücke zu stark variiert.
  • Einhaltung neuer Grenzwerte: Je nach Prozessen und Produktportfolio können im Rahmen von BREF festgelegte einheitliche Verbrauchsgrenzwerte für einige Betriebe unerreichbar sein, während sie für andere problemlos umzusetzen sind. Deshalb ist es entscheidend, dass sich Betriebe und Verbände intensiv in den BREF STM-Prozess einbringen, um eine Herangehensweise zu finden, die für faire Bedingungen sorgt. Vor allem für kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) könnten die neuen noch in der Festlegung begriffenen Werte entsprechend schwer einzuhalten, geschweige denn zu dokumentieren sein.
  • Zunahme von Bürokratie und Dokumentationspflichten: Die Verpflichtung zur kontinuierlichen Erfassung und Dokumentation der relevanten Daten wird einen erheblichen administrativen Aufwand mit sich bringen und die Betriebe zusätzlich belasten.

Was bedeutet das konkret für die Praxis?

Obwohl die finale Fassung noch nicht verabschiedet ist, sollten sich Unternehmen bereits jetzt auf folgende wahrscheinliche Änderungen einstellen:

  • Strengere Emissionsgrenzwerte für Luft und Wasser
  • Neue Energieeffizienz-Vorgaben
  • Eingeschränkte Nutzung bestimmter Chemikalien

Wie sich Unternehmen vorbereiten sollten

Die besten Voraussetzungen, durch die finalen Festlegungen im Rahmen von BREF möglichst wenig unter Zugzwang zu geraten, schaffen die Betriebe, die sich frühzeitig auf die neuen BREF-Vorgaben einstellen. In diesem Zusammenhang stehen drei wichtige Aspekte im Fokus:

  1. Frühzeitige Analyse der aktuellen Prozesse: Unternehmen sollten ihre eigenen Produktionsabläufe umgehend und sorgfältig analysieren, um Optimierungspotenziale zu identifizieren.
  2. Investition in umweltfreundlichere Technologien: Vor allem bei Neuinvestitionen sollte nicht nur mit streng wirtschaftlichen Maßstäben geprüft werden, welche Optionen es im Bereich Energieeffizienz und Ressourcenschonung umsetzbar sind, sondern auch potentielle Grenzwertverschärfungen durch Regulation bewusst einkalkuliert werden. Denn der Wechsel zu energieeffizienteren Anlagen oder ressourcenschonenden Prozessen wird langfristig unausweichlich sein.
  3. Austausch mit Branchenverbänden suchen: Der VOA und andere Industrieverbände wie der ZVO können und werden als Interessenvertretung intensiv daran arbeiten, realistische und umsetzbare Regelungen mitzugestalten. Das sehen die Vertreter des Umweltbundesamtes positiv. „Die Industrieverbände wie der VOA nehmen eine wichtige Position bei der Begleitung des ‚Sevilla-Prozesses‘ auf nationaler Ebene ein, denn sie bilden die Schnittstelle zu den Unternehmen, die durch das Ausfüllen des äußerst komplexen Fragebogens ihre Daten für die Ableitung der zukünftigen Emissionswerte zur Verfügung stellen. Zudem koordinieren die Verbände die Kommentare zu den einzelnen Papieren aus Sevilla und können durch ihre umfangreichen Informationen zu aktuell im Einsatz befindlichen und auch neuen Techniken wichtige Impulse für die Ergänzung der sogenannten BVT-Kandidaten geben. Ich bin sehr froh über die rege Beteiligung, denn nur so können wir gute Positionen erarbeiten“, so Sandra Leuthold aus dem Fachgebiet III 2.2 „Ressourcenschonung, Stoffkreisläufe, Mineral- und Metallindustrie“ beim UBA und zuständig für das STM BREF.

Fazit: Viel Aufwand und große Herausforderungen

Mit der bevorstehenden Einführung des neuen BREF STM steht die Oberflächenbranche vor einem tiefgreifenden Wandel. Die neuen Anforderungen bringen Kosten und Anpassungsaufwand mit sich, aber es ist zumindest zu hoffen, dass daraus tatsächlich auch langfristig nachhaltigere und wettbewerbsfähigere Prozessen resultieren. Unternehmen, die sich frühzeitig vorbereiten, haben die Chance, nicht nur regulatorische Hürden mit weniger Ausnahmezustand zu meistern, sondern sich im europäischen Wettbewerbsumfeld einen Vorsprung zu erarbeiten und so ihre Marktposition zu stärken. Wer sich allerdings auf dem internationalen Markt behaupten muss, wird es noch deutlich schwerer haben, der neuen BREF-Regulierung positive Aspekte abzugewinnen.

Lesen Sie mehr zu dem Thema auch wie konkret der VOA und seine Mitgliedsunternehmen mit dem Thema umgehen, in der März-Ausgabe des Magazins Oberflächentechnik und in Kürze online auf oberfläche.de.

CB

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