VDMA, Fachverband Allgemeine Lufttechnik, Fachabteilung Oberflächentechnik
Dr. Martin Riester
Referent Fachabteilung Oberflächentechnik
Geschäftsfelder: Technisch-wirtschaftlicher Erfahrungsaustausch, Regelsetzung, Standardisierung, Marktinformationen / Statistiken
Zielgruppen: Unternehmen der Lackier- u. Strahltechnik, Plasma-Oberflächentechnik, Reinigungs- und Vorbehandlungstechnik
Mitarbeiter: 600 (VDMA)
Wie bewerten Sie die Maßnahmen der Regierung, auch in Bezug auf Hilfsprogramme für die Wirtschaft?
Der Arbeitsmarkt wurde auch 2021 in erheblichem Umfang durch den Einsatz von Kurzarbeit gestützt, jedoch hat die Inanspruchnahme 2021 im Vergleich zum Vorjahr deutlich abgenommen. Das heißt, im Maschinenbau hat die Beschäftigung im Jahr 2021 wieder zugenommen und die Konjunktur angezogen - gleiches gilt für die Oberflächentechnik. Daher bedarf es aus Sicht unseres Verbandes schon guter Gründe, die staatlichen Corona-Hilfen für Unternehmen und Beschäftigte pauschal fortzusetzen.
Welches Resümee ziehen Sie für das Geschäftsjahr 2021, wie waren Ihre Erwartungen Ende 2020?
Wie auch schon in der Finanzkrise 2009 konnten wir unsere Mitgliedsunternehmen in der pandemiebedingten Krise der vergangenen zwei Jahren gut unterstützen. Ein Zeichen dieses Erfolgs ist die Steigerung der Mitgliederzahl auf mittlerweile mehr als 3450 Unternehmen. In der Oberflächentechnik sind davon rund 100 Unternehmen organisiert. Die Konjunkturerwartung in der Oberflächentechnik war Ende 2020 gedämpft. Es wurde eine Markterholung auf niedrigem Niveau erwartet. Im Anlagenbau der Oberflächentechnik verlief das Jahr 2021 dann besser als erwartet, obgleich mangelnde Verfügbarkeit von Projektzulieferungen das Jahr prägte.
Inwieweit stehen die Unternehmen im Einfluss von Lieferengpässen?
Das Ergebnis der 12. VDMA-Blitzumfrage, mit dem Schwerpunkt Materialmangel von Anfang Dezember 2021, zeigt die aktuellen Schwierigkeiten in den Lieferketten der Maschinen- und Anlagenbauer auf. Den Betrieben mangelt es vor allem an Elektronikkomponenten und Metallen. Auch für die Oberflächenbranche war der entscheidende Faktor für die Entwicklung im Jahr 2021 die Verfügbarkeit von Material und Vorprodukten, wie beispielsweise Stahl und anderer Metalle, Kunststoffe, Elektronikbauteile und Holz. Lieferketten waren gestört und erforderten einen hohen Logistikaufwand. Fehlende Materialverfügbarkeit führte zu teilweise erheblichen Preissteigerungen. Der Blick nach vorn zeigt, dass eine weitgehende Entschärfung der Lage im Maschinen- und Anlagenbau frühestens im zweiten Quartal 2022 erwartet wird, bei Elektronikkomponenten rechnen die Unternehmen mit einer Entspannung nicht vor dem dritten Quartal 2022.
Wie entwickelt sich der Fachkräftemangel/Arbeitsmarkt?
Im Maschinen- und Anlagenbau bleibt die Arbeitskräftenachfrage unverändert groß. Die Zahl der gemeldeten Arbeitsstellen lag im Dezember 2021 etwa doppelt so hoch wie zum Ende des vorangegangenen Jahres. Vor allem Fachkräfte sind gesucht. Im laufenden Jahr wird die Nachfrage sogar noch zunehmen. Laut einer VDMA-Umfrage von Anfang Dezember wollen 67 Prozent der Unternehmen im Jahr 2022 ihre Stammbelegschaft ausweiten. Allerdings rechnen laut einer früheren Umfrage mehr als 40 Prozent der befragten Unternehmen damit, dass künftig weniger qualifizierte und hochqualifizierte Fachkräfte zur Verfügung stehen werden.
Welche Rolle spielten 2021 die Themen Optimierung, Ressourceneffizienz und Digitalisierung (Industrie 4.0, Big Data, Prädiktive Maintenance)? Wie schätzen Sie die Priorität für die nächsten Jahre ein und hat sich diese Einschätzung durch den Pandemieverlauf verändert?
Digitalisierung ermöglicht effizientere industrielle Produktion. Die VDMA Oberflächentechnik organisiert Arbeitskreise, in denen die Industrie standardisierte Schnittstellen für die Maschinentypen der Oberflächentechnik erarbeitet. Im VDMA befassen sich insgesamt mehr als 600 Unternehmen in rund 35 Arbeitskreisen mit Schnittstellenstandards für ihre Maschinen. Damit wird die Grundlage für eine interoperable Gestaltung der Produktion geschaffen. Die Priorität dieses Themas ist hoch und wird es auch über die kommenden Jahre bleiben.
Wie schätzen Sie die weitere wirtschaftliche Entwicklung ein, für 2022 und die folgenden Jahre?
Nach deutlichen Einbrüchen 2019 und 2020 stellte sich die Auftragslage der Oberflächentechnik im Jahr 2021 außerordentlich positiv dar (plus 48 Prozent von Januar bis November 2021, dem gleichen Vorjahreszeitraum gegenübergestellt). Insbesondere die Nachfrage aus dem Ausland erhöhte sich. Für 2022 rechnen die Unternehmen der Branche entsprechend der aktuellen Blitzumfrage des Fachverbands Allgemeine Lufttechnik mit einem Umsatzzuwachs von 11 Prozent. Jedoch steht die Oberflächentechnik wie auch der gesamte Maschinen- und Anlagenbau im Jahr 2022 vor erheblichen Herausforderungen. Durch pandemiebedingte Einschränkungen, fehlende Fachkräfte sowie Lieferengpässe und Materialmangel, beispielsweise bei elektronischen Bauteilen, wird die Abwicklung der Aufträge gebremst. Angesichts der globalen Megatrends wird Oberflächentechnik in den kommenden Jahren weiter an Bedeutung gewinnen. Dabei ist die Reduktion des CO2-Austoßes für die Unternehmen der Branche in der eigenen Produktion einerseits Herausforderung und andererseits Chance, durch das Angebot emissionsarmer Lösungen im Markt. Ein entscheidender Faktor hierbei wird die Digitalisierung sein.