ZVO-Geschäftsbericht: Wie war 2022 und wie wird 2023?

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Oberflächentechnik kommt in den unterschiedlichsten Branchen zum Einsatz, dementsprechend uneinheitlich fielen die Rückmeldungen der ZVO-Mitglieder bezüglich des Verlaufes des Jahres 2022 aus. Zudem erweist sich die derzeitige Industriepolitik auf europäischer, aber auch auf nationaler Ebene für viele Betriebe als problematisch.

Von sehr gut bis äußerst unbefriedigend

Als Querschnittstechnologie kommt die Oberflächentechnik fast überall zum Einsatz, in der Automobilbranche, im Maschinenbau, in der Bauwirtschaft bis hin zur Elektronik. All diese Branchen haben sich 2022 sehr unterschiedlich entwickelt. Von daher zieht Jörg Püttbach, ZVO-Vorstandsvorsitzender, ein sehr durchgewachsenes Resümee zum vergangenen Geschäftsjahr, basierend auch auf den Rückmeldungen der ZVO-Mitglieder. Diese reichten von von sehr gut bis äußerst unbefriedigend und hingen wesentlich davon ab, inwieweit die Betriebe von den explodierenden Energiepreisen betroffen waren und ob diese an die Kunden weitergegeben werden konnten. Letzteres war nicht selten aufgrund meist langfristiger Kundenverträge und preislicher Bindung nicht oder nur eingeschränkt möglich. Um einige Beispiele zu nennen, der Umsatz für die Verfahrenschemie sank 2022 gegenüber dem Vorjahr um ein Prozent, wobei sich die Umsätze im Ausland besser entwickelten als in Deutschland. Die Anlagen- und Komponentenlieferanten mussten sogar einen Rückgang von 17 Prozent hinnehmen, was allerdings weniger auf die Auftragslage als auf die Nichtverfügbarkeit von Materialien zurückzuführen war. Insgesamt muss man allerdings attestieren, dass es angesichts der Umstände auch noch deutlich schlechter hätte laufen können.

So blicken die Mitglieder des Fachbereichs Chemie und Anlagentechnik zwar durchaus sorgenvoll in die Zukunft, erwarten aber dennoch ein Wachstum von fünf bis zehn Prozent, die Industriellen Beschichter hingegen rechnen mit einem Rückgang ihrer Geschäfte, obwohl das erste Quartal für viele recht gut verlaufen ist. Insbesondere sorgen sich die Beschichter um eine verlässliche und bezahlbare Energieversorgung sowie über den zunehmenden Fachkräftemangel. Ebenfalls als Herausforderung werden die wachsenden Kundenanforderungen zu nachhaltigen, klimaneutralen Produkten und Prozessen gesehen. Einen belastbaren Ausblick für das laufende Jahr hält Püttbach angesichts der volatilen geopolitischen Lage für schwierig.

Fehlende Planungssicherheit Hauptproblem

Insgesamt beschäftigt die fehlende Planungssicherheit die Branche, insbesondere ausgelöst durch eine unbefriedigende europäische Industriepolitik. Hier ist die Neufassung der IED-Richtlinie ein dramatisches Beispiel. Gemäß dem Vorschlag der Kommission müssen zukünftig alle Unternehmen trotz unterschiedlicher Produktportfolios und Produktionsanlagen in jeder einzelnen Emissions- und Verbrauchskategorie stets die Werte einhalten, die das in dieser Kategorie beste Unternehmen erzielt. Das geht für viele Unternehmen mit einer auf realen wirtschaftlichen Notwendigkeiten basierenden Produktion und unter Berücksichtigung der nach den Krisen der vergangenen Jahre geschrumpften Rücklagen zusammen mit den äußerst unsicheren Aussichten der wirtschaftlichen Entwicklung samt immer weiter steigenden Zinsen weit an dem vorbei, was leistbar ist. Letztendlich zeigt dieser Vorschlag erneut, dass in der EU-Kommission offensichtlich eine bürokratisch-industrieferne Sichtweise verbreitet ist, die dazu führt, dass den Unternehmen mit einer industriellen Produktion immer neue Knüppel zwischen die Beine geworfen werden. Vor allem größere Unternehmen reagieren längst auf diesen Trend und lagern ihre Produktion verstärkt in andere Länder aus. 2008 lag der Industrieanteil an der Wirtschaftsleistung in Deutschland immerhin noch bei 25 Prozent. Inzwischen ist er bereits auf 20 Prozent gefallen – und er sinkt beängstigend zügig weiter.

Kernbranchen wie Automobil, Chemie und Pharma tendieren nachhaltig dazu sich von Europa abzuwenden und lieber in Asien und Nordamerika zu investieren. Nicht zuletzt die derzeit ideologie-fixierten politischen Handlungsweisen in Deutschland fördern diese Entwicklung zusätzlich. Das führt unweigerlich zu der Schlussfolgerung, dass die größten Risiken derzeit politischer Natur sind und Püttbach sieht insofern die Aufgabe des ZVO in der Schadensbegrenzung. Eine aktive Politik zur Stärkung des Industriestandortes Deutschland und Europa erwartet der ZVO-Vorstandsvorsitzende in absehbarer Zeit jedenfalls nicht.

Viele interessante Auswertungen  

Darüber hinaus enthält der Jahresbericht viele interessante Auswertungen zu den unterschiedlichen Oberflächenverfahren, detaillierten wirtschaftlichen Erwartungen der Unternehmen und den Preisentwicklungen zum Beispiel von Rohstoffen von Ätzkali bis Zinkchlorid. Auch Themen von der  Ausbildung und dem Fachkräftemangel über die Energiepreisbremse bis hin zur Überarbeitung der REACH-Verordnung und CO2-Bilanzierung werden behandelt.

cb

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