MacDermid Enthone Industrial Solutions (MEIS), Teil von Element Solutions Inc.
Christian Kaiser
Business Director Zentral- und Osteuropax
Geschäftsfelder: Zink- und Zinklegierungssysteme, Verschleißschutzschichten, dekorative Beschichtungen, Kunststoffbeschichtungen
Zielgruppen: Automotive, Maschinenbau, Sanitär, Elektronik, Energie ...
Mitarbeiter: ca. 5000 (Element Solutions)
Jahresumsatz: ca. 2 Mrd. USD
In welchen Bereichen und wie stark hat sich die Pandemie im Jahr 2021 auf Ihr Unternehmen ausgewirkt?
Die Pandemie hat sich auf alle Bereiche des Unternehmens ausgewirkt – auf den einen mehr, auf den anderen weniger. Große Teile der Kolleg*innen arbeiten sehr effektiv „remote“. Diese Umstellung ging sehr schnell (gezwungenermaßen) und funktioniert einwandfrei. Sowohl intern als auch im Kundenkontakt – sofern möglich – arbeiten wir nun viel mit gängigen digitalen Plattformen. Der technische Service vor Ort lässt sich nicht durch Fernwartung ersetzen. Was Anfang 2021 nicht absehbar war, ist die Entwicklung an den Rohstoffmärkten und allgemein die Preisentwicklung im Transport und Energiesektor mit der die Industrie zu kämpfen hat. Bis zum Spätsommer entwickelte sich eine starke Konjunktur, die dann aufgrund von Verwerfungen an den Märkten („Chipkrise“) negative Auswirkungen hatte.
Welches Resümee ziehen Sie für das Geschäftsjahr 2021, wie waren Ihre Erwartungen Ende 2020?
Unterm Strich war 2021 ein erfolgreiches Jahr mit einigen Überraschungen bzw. Turbulenzen – das war Ende 2020 so noch nicht absehbar. Für uns war 2021 ein ganz besonderes Jahr, da Element Solutions Inc. die Coventya Gruppe gekauft hat. Zusammen mit Coventya gehört MEIS zu den führenden weltweiten Anbietern von Spezialchemie für die Oberflächentechnik -insbesondere galvanotechnische Verfahren. Seit September 2021 sind wir eine neue noch schlagfähigere Organisation mit einem breiten Portfolio an nachhaltigen und effizienten Produkten und Services für unsere Kunden.
Welche aktuell vorherrschender Trends und Entwicklungen sehen Sie, zum Beispiel im Technologiebereich? Inwieweit hat ein weiteres Corona-Jahr hier Stillstand ausgelöst bzw. wo hat es möglicherweise sogar eine neue Dynamik mit sich gebracht?
Viele Experten bringen indirekt die Pandemie mit der problematischen Rohstoff- und Zwischenprodukteverfügbarkeit in Verbindung. Das hat jedoch keinen Stillstand, sondern eher einen Aufschub bewirkt. Die Auftragsbücher viele unserer Kunden in diversen Industriesegmenten sind gut gefüllt. Sicherlich gibt es Bereiche, die von der Pandemie sogar profitiert haben, wie beispielsweise Automotive. Hier konnte in vielen Ländern wieder ein Trend zurück zum Individualverkehr verzeichnet werden, um sich weniger den Ansteckungsrisiken im öffentlichen Verkehr auszusetzen. Das Schließen der Grenzen hat sicherlich auch Entscheidungen getriggert wieder vermehrt lokal zu produzieren. Die Elektrifizierung im Automobil Bereich bietet für uns große Chancen, da nun mehr Lösungen aus unserem Hause Anwendung finden. Weitere Bereiche, die durchaus als Krisengewinner bezeichnet werden können sind z.B. der Bausektor und alles was mit Freizeit zu tun hat.
Abgesehen von der Pandemie, gab es 2021 Auffälligkeiten/Entwicklungen, mit denen Sie nicht gerechnet haben?
Den Zusammenschluss mit Coventya war doch eher überraschend. Ebenso wie der sehr schnelle Aufschwung und die darauffolgenden Versorgungsengpässe.
Inwieweit beeinflussen Entwicklungen auf dem internationalen politischen Parkett – wie beispielsweise Lieferengpässe, Handelsbeschränkungen, Zölle oder politische Instabilität – Ihre Prognosen?
Lieferengpässe, Handelsbeschränkungen, Zölle oder politische Instabilität sind immer ein Thema bei internationalen Organisationen und globalen Supply Chains – die Welt in der wir leben. Mehr noch als ehrbare Firma mit dem Anspruch in jeder Hinsicht gesetzeskonform zu sein, sind wir als ein an der Börse notiertes Unternehmen absolut verpflichtet jedes Gesetzt, Richtlinie, Abkommen etc. vollumfänglich einzuhalten. Durch Investitionen in ESG (Environmental, Social, Governance) wird diesem an Bedeutung gewinnender Bereich Rechnung getragen. Insbesondere im Spezialchemiesegment wird dem Themenkomplex „Environmental“ auch eine wichtige Bedeutung beigemessen. Hier finden komplexe Gesetzgebungen Anwendung, die in den verschiedenen Ländern variieren, aber in jedem Fall immer entsprochen werden müssen. Dies hat zur Folge, dass einerseits kleinere Anbieter mit überproportionalen Kosten konfrontiert werden und andererseits nachhaltige, ökologisch vorteilhafte Entwicklungen vorangetrieben werden.
Welche Absatzmärkte sind für Sie momentan besonders interessant? Auf welche internationalen Absatzmärkte wollen Sie sich zukünftig noch stärker fokussieren? Hat die Pandemie hier zu Veränderungen geführt?
Als weltweiter Anbieter sind wir weltweit gut vertreten auf allen maßgeblichen Märkten. Eine erfreuliche Entwicklung für uns in Zentraleuropa ist jedoch, dass aufgrund der Lieferkettenproblematik teilweise produzierendes Gewerbe wieder zurückverlagert wird.
Welche Rolle spielt das Thema Local-Sourcing? Haben die Turbulenzen rund um die Pandemie hier einen Paradigmenwechsel ausgelöst?
Definitiv ja. Die Bestrebungen gehen mehr und mehr dahin, sich von Abhängigkeiten zu lösen – nicht nur von einzelnen Anbietern (single sourcing), sondern auch geografisch.
Welche Märkte haben (für Sie) an Bedeutung gewonnen/verloren?
Die Elektromobilität bringt für uns viele Geschäftsmöglichkeiten. Insbesondere der Bereich Leichtbau hat mit unseren Systemen Konversionsbeschichtungen und Anodisierprozessen an Bedeutung gewonnen. Ansonsten spielt natürlich insgesamt das Thema Nachhaltigkeit eine wichtige Rolle.
Wie entwickelt sich der Fachkräftemangel/Arbeitsmarkt?
Nach wie vor ist es schwer gute Leute zu finden. Dieses Problem wird in absehbarer Zeit nicht gelöst werden, da in den nächsten Jahren die „Babyboomer“ Generation in den Ruhestand geht. Unser langfristiger Ausblick für die Branche ist durchweg positiv, insofern lohnt es sich für junge Menschen auch abseits von „Modeberufen“ einmal sich zu informieren. In welcher Branche als in der Beschichtungsindustrie bekommt man Einblick in so viele verschiedene Anwendungen. Jedes Bauteil mit Funktion wird oberflächenbehandelt. Die Oberfläche macht den Unterschied! Ich hatte in meinen fast 25 Jahren Berufserfahrung unzählige „Sendung-mit-der-Maus-Momente“ – ich kann eine Karriere in unserer Branche nur empfehlen. Es gibt neben der klassischen Ausbildung, z.B. zum Oberflächenbeschichter und Weiterbildung zum Techniker oder Meister, mittlerweile auch tolle Hochschulangebote in ganz Deutschland.
Welche Rolle spielten 2021 die Themen Optimierung, Ressourceneffizienz und Digitalisierung?
Wie schätzen Sie die Priorität für die nächsten Jahre ein und hat sich diese Einschätzung durch den Pandemieverlauf verändert?
Keine Industrie kann sich der Digitalisierung verschließen, ohne dabei die eigene Überlebensfähigkeit zu riskieren. Es gibt hier viele vielversprechenden Ansätze und definitiv extremes Entwicklungspotential. Mit der Ausgründung der MacDermid Envio Solutions bieten wir effektive Abwasserbehandlungskonzepte (Anlagen und Prozesschemikalien) an, mit denen wir dem Thema Ressourceneffizienz Rechnung tragen.
Wie schätzen Sie die weitere wirtschaftliche Entwicklung ein, für 2022 und die folgenden Jahre ein?
Selektiv erwarten wir deutliches Wachstum – einerseits bedingt durch Produktionsverlagerungen, andererseits durch neue Anwendungen/ Bauteile. Das alles hängt aber davon ab wie sich die Kosten auf den Rohstoff- Energie- und Transportmärkten weiterentwickeln. Sollte sich die relativ hohe Inflationsrate manifestieren wird es sicherlich nicht vorhersehbare Verwerfungen geben. Davon einmal abgesehen, also eher mittel- bis langfristig, gibt es auch Bereiche, die unserer Meinung eher negatives Wachstum verzeichnen werden. In Summe, auch bedingt durch unser ausgewogenes Portfolio an Endmärkten, schauen wir optimistisch nach vorn.
Welche Prioritäten und Entwicklungsziele stehen 2022 für Ihr Unternehmen auf der Agenda?
Wir erwarten bis mindestens Mitte des Jahres weiterhin Turbulenzen auf dem Rohstoffmarkt und steigende Kosten, gefolgt von einer Beruhigung und steigender Nachfrage. Die Kundenanforderungen umfassen wie immer ein gleichbleibend hohes Maß an Zuverlässigkeit und Vertrauen aber speziell in 2022 auch und insbesondere die Verfügbarkeit und Lieferfähigkeit.
In welchen Bereichen planen Sie Veränderungen und/oder Investitionen?
Wir investieren kontinuierlich insbesondere die Bereiche, die ESG (Environmental, Social, Governance) und EHS (Environmental, Health, Safety) umfassen. F&E Projekte werden hauptsächlich nach Umwelt und Effizienzgesichtspunkten priorisiert. IT und Digitalisierung, sowie Investitionen in HR sind weitere Schwerpunkte für Investitionen.