Gleitschleifen – die Definition
Gleitschleifen ist laut DIN 8589 „Spanen mit einer undefinierten Schneide“ und wird deshalb auch als „Gleitspanen“ bezeichnet. Je nach Verfahren sind auch Läpp- oder Poliervorgänge möglich. Dabei kommen heute überwiegend nicht kontinuierliche Prozesse zum Einsatz, bei denen eine „Charge“ Teile und die Verfahrensmittel gemeinsam in die Maschine gegeben werden und am Ende das Schleifgut durch verschiedene Methoden von den Werkstücken getrennt wird. Kontinuierliche Prozesse sind möglich, aber verfahrenstechnisch deutlich aufwändiger. Dabei hängt die Größe der bearbeitbaren Werkstücke nicht vom Verfahren selber, sondern nur von der Größe des Arbeitsbehälters ab. Kleine Maschinen fassen etwa drei Liter Schleifkörper und eignen sich gut für die Bearbeitung feinmechanischer Bauteile oder von Schmuck. Das andere Extrem sind Trogvibratoren, in denen eine Vielzahl von Teilen – teilweise ganze Europaletten-Ladungen – auf einmal bearbeitet werden können. Für extrem große Teile kann es vorkommen, dass das Werkstück selber als Arbeitsbehälter dient. Auf die Art können übergroße Flügelräder und gewaltige Verdichtergehäuse bearbeitet werden.
Ein großer Vorteil des Gleitschleifens ist die Tatsache, dass die Bearbeitungsergebnisse sehr gut reproduzierbar sind – ganz im Gegensatz zu manuellen Schleif- oder Polierprozessen. Sind die optimalen Fertigungsparameter einmal gefunden, wird ein Bauteil wie das andere. Grundsätzlich wird beim Gleitschleifen ein Gemisch aus Schleifkörpern („Chips“) und eine wässrige, tensidhaltige Mischung aus Verfahrensmitteln („Compound-Lösung“) gemeinsam mit den zu bearbeitenden Werkstücken gegeneinander bewegt. Durch die zufälligen Bewegungen gleiten die Schleifkörper über Flächen und Kanten der Werkstücke und tragen Material ab. Dabei tritt Abrieb auf, der durch die richtige Menge an Prozesswasser und Verfahrensmitteln abgeführt werden muss. Durch die Wahl von Schleifkörper, Compound und der entsprechenden Gleitschleifmaschine bestimmt der Anwender zudem, ob eine Oberfläche grob bearbeitet oder auf Spiegelglanz poliert wird.
Bauweisen von Gleitschleifanlagen
Trommelanlagen bewegen die Schleifkörper samt Werkstück durch Umwälzen, ähnlich eines Betonmischers. Sie haben eine eher geringe Abtragswirkung und sind vor allem für schonende Prozesse geeignet. Neigungswinkel und Drehzahl beeinflussen das Ergebnis. Bei falschen Parametern können Werkstücke mit hoher Energie kollidieren und Oberflächenschäden verursachen.
Fliehkraftanlagen sind mechanisch wesentlich komplexer aufgebaut. Sie bestehen aus einem starren Arbeitsbehälter, dessen konkaver Kunststoffboden rotiert und mit Rippen das Schleifgut in Rotation versetzt. Die Fliehkräfte lassen das Schleifkörper-Werkstück-Gemisch in einer walzenförmigen Bewegung nach außen strömen. Dabei steigt es an der Behälterwand auf und schließt den Kreislauf, indem es zurück in die Mitte rutscht. Kurze Bearbeitungszeiten sind hier mit empfindlichen Oberflächen kombinierbar.
Vibrationsgleitschleifanlagen versetzen das Schleifkörper-Werkstückgemisch durch Vibrationsmotoren in Bewegung. Das ermöglicht die Bearbeitung von hochwertigen, schweren und großvolumigen Werkstücken mit komplexen Geometrien. Chargenbetrieb oder Durchlaufverfahren sind möglich.
Ist die kontinuierliche Bearbeitung bei taktweiser Zugabe der Werkstücke gefragt, empfiehlt sich der Einsatz von Durchlaufvibratoren. Möglich ist zum Beispiel das Entfernen leichter Grate, das Reinigen oder Entfetten verölter Teile bei kurzen Bearbeitungszeiten. Außerdem lassen sich verkettete, vollautomatische Fertigungsprozesse mit Fließ- beziehungsweise Taktfertigung aufbauen. Für Polierprozesse und ähnlich feine Oberflächenbearbeitung gibt es aber geeignetere Verfahren.
Eine aktuelle Entwicklung sind Multivibratoren. Sie erzeugen mittels in Lage und Drehrichtung veränderbaren Unwuchtantrieben sich überlagernde Schwingungsamplituden. Durch fixieren der Werkstücke mit Spannvorrichtungen ist eine hohe Abtragsleistung erzielbar. Abhängig von der Auswahl der Compounds und Schleifkörper erlaubt das Verfahren aber auch sensiblen Feinschliff bis hin zur Hochglanzpolitur. Sogar die Innenbearbeitung komplexer Teile mit Bohrungen bis herunter zu zwei Millimeter Durchmesser ist realisierbar.