Schwierige Perspektiven: Die Farbenindustrie sieht zwar Lichtblicke, aber auch viele dunkle Wolken

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Das Jahr 2023 war schwierig, und 2024 wird wohl leider auch nicht viel besser: Das erwartet zumindest der Verband der deutschen Lack- und Druckfarbenindustrie e.V. (VdL) für seine Mitgliedsunternehmen. Die Belastungen sind dabei vielfältig, von der allgemeinen Konjunkturschwäche bis hin zu politischen Einflüssen und Rebellen-Angriffen auf Handelswege ist alles dabei.

„Die Rezession in Deutschland hat auch in der Lack- und Farbindustrie ihre Spuren hinterlassen“, stellt VdL-Präsident Peter Jansen fest. In Zahlen bedeutet dies, dass in Deutschland 2023 1,47 Millionen Tonnen Lacke, Farben und Druckfarben verkauft wurden. Das bedeutet ein Minus von gut 3 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Im laufenden Jahr ist laut Jansen ein weiterer Rückgang um 2 Prozent auf 1,44 Millionen Tonnen zu erwarten. Der Umsatz der in Deutschland verkauften Lacke, Farben und Druckfarben stieg 2023 inflationsbedingt gegenüber dem Vorjahr um knapp 2 Prozent auf 6,1 Mrd. Euro. Auch im laufenden Jahr erwartet der VdL einen weiteren leichten Anstieg um 1 Prozent auf 6,2 Mrd. Euro.

Autoserienlacke holen stark auf

Immerhin gab es einen Lichtblick in der Statistik: Autoserienlacke, Autoreparaturlacke, sonstiger Fahrzeugbau und Korrosionsschutzbeschichtungsstoffe entwickelten sich recht erfreulich. Besonders auffällig war das Plus von 18 Prozent beim Verbrauch der Autoserienlacke. Für das laufende Jahr erwartet der Verband in diesem Bereich einen erneuten Zuwachs von 5 Prozent. „In Corona-Zeiten hat gerade der Automobilbereich stark gelitten, das sind jetzt Korrektureffekte“, ordnet Jansen den starken Anstieg ein. „Selbst mit dem Anstieg, den wir 2024 erwarten, werden wir nur 80 Prozent der Produktion erreichen, die wir in den Jahren 2016 bis 2017 hatten“, ergänzt Christoph Maier, Leiter Wirtschaft & Finanzen beim VdL.

Bei den Industrielacken insgesamt kam es 2023 zu einem leichten Anstieg des Verbrauchs um 1,5 Prozent in der Menge. Der Wert stieg preisbedingt um 6,7 Prozent. In den übrigen industriellen Bereichen ohne Autolacke und Korrosionsschutzstoffe ging der Verbrauch zurück. Besonders ausgeprägt war das Minus mit knapp 9 Prozent in der Holz- und Möbelindustrie. 2024 erwartet der Verband aufgrund des Auftragsmangels in einigen Abnehmerbereichen ein Minus von 0,5 Prozent in der Menge gerechnet. Der Inlandsumsatz soll sich aufgrund der Preiseffekte noch um knapp 3 Prozent erhöhen.

Stark zurückgegangen ist 2023 der Absatz von Druckfarben – der Verbrauch von 183.000 Tonnen in Deutschland bedeutet ein Minus von knapp 13 Prozent. Die Aussichten für das laufende Jahr sind wegen der anhaltend schwachen Konjunktur nach wie vor schlecht – in Menge und Wert erwartet der VdL einen Rückgang von rund 3,5 Prozent. Auch bei den Bautenfarben gab es 2023 in der Menge einen weiteren Rückgang um 4 Prozent. Für 2024 prognostiziert der VdL in der Menge einen weiteren Rückgang um 2,5 Prozent auf 734.000 Tonnen. Der Inlandsumsatz soll nur leicht rückgängig sein und bei knapp 1,8 Milliarden Euro liegen.

Schwacher Export belastet die Unternehmen zusätzlich

Eine weitere Belastung gab es durch die schwachen Ausfuhren. Der Verband spricht von einem überraschend deutlichen Minus um 11,3 Prozent auf nur noch 774.000 Tonnen. Auch der Exportwert gab um 4 Prozent auf 3,6 Milliarden Euro nach. Maier sieht den Grund darin, dass sich die Abnehmerbranchen für die deutschen Produkte im europäischen Ausland schwach gewesen seien, vor allem Industrie und Bau. Noch schlechter entwickelten sich die Importe, hier sank der Wert um 8 Prozent auf 1,3 Milliarden Euro. Für das laufende Jahr erwartet der Verband einen Anstieg von 2 Prozent bei den Ein- und Ausfuhren. „Das kommt durch den Nachholbedarf, aber auch durch Lagerbewegungen zustande“, berichtet Maier.

Als eine Ursache für die Branchenschwäche macht Jansen die geopolitische Situation aus: „Der Krieg in der Ukraine und die moderaten Wachstumsaussichten in China tragen zur Unsicherheit bei. Hinzu kommen der neue Konflikt im Nahen Osten und die Angriffe auf die Handelsschifffahrt, die Handelsschifffahrt, die bereits Auswirkungen auf die Lieferketten haben“, sagt er. Zu den andere wesentlichen Herausforderungen gehörten im Jahr 2023 die Energiekosten, die Rohstoffpreise und der Fachkräftemangel. Diese Faktoren bleiben bestehen. In der Baubranche würden zudem bürokratische Auflagen sowie hohe Zinsen und Kosten zur Kaufzurückhaltung beitragen.

Entlastung bei bürokratischen Auflagen gefordert

Aus Sicht des Verbands behindert die Politik aber auch an anderer Stelle. Bei den Belastungen durch Vorschriften, Berichtspflichten und bürokratische Regelungen aus Brüssel und Berlin seien die Unternehmen an eine Grenze gekommen. Hierbei ist aus Sicht des VdL die Vielzahl an Aufgaben so gewachsen, dass vor allem kleine und mittlere Unternehmen der Menge nicht mehr Herr werden. „Es ist nicht eine Aufgabe durch eine einzelne Regelung, die die Unternehmen belastet. Doch in dieser Menge werden sie zu einem Bürokratiemonster“, erläutert VdL-Hauptgeschäftsführer Dr. Martin Kanert. Er fordert deshalb eine effiziente und effektive Gestaltung von Gesetzen, um den bürokratischen Aufwand zu minimieren.

Unterdessen bleiben auch im EU-Wahljahr 2024 die Themen des Green Deals für die VdL-Mitglieder und den Verband auf der Agenda ganz oben. Anders als von der EU-Kommission zu Beginn der Legislaturperiode beabsichtigt, seien längst nicht alle Initiativen umgesetzt worden. „Das ist aus unserer Sicht teilweise gar nicht so schlecht“, sagt Kanert. Beispielsweise sei die Änderung der Reach-Verordnung komplizierter umzusetzen als gedacht. Auch die im Green Deal angekündigte Renovierungswelle für Gebäude steht noch aus. Auf der anderen Seite fehlt dem Verband immer noch eine Harmonisierung der Vorschriften für Lebensmittelkontaktmaterialien. „Darauf warten wir schon seit 2016 und haben auch immer wieder Vorschläge unterbreitet“, beklagt der VdL-Hauptgeschäftsführer.

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