Reiter Oberflächentechnik GmbH & Co. KG

Geschäftsfelder: Lackierroboter, Applikationstechnik, Materialversorgungen, Misch-Dosiertechnik, Sonderlösungen , Steuerungstechnik

Zielgruppen: Automobil-Zulieferindustrie, Fenster und Türen, allgemeine Industrie, Lohnbeschichter, Automobilindustrie, Agrarmaschinen, Sonderanwendungen

Mitarbeiter: 52

Jahresumsatz: ca. 10 Mio. Euro

Gesprächspartner: Frank Reiter, Geschäftsführer Reiter Oberflächentechnik GmbH & Co.KG

Was für ein Resümee ziehen Sie für das Jahr 2023? Zum Beispiel bezüglich Auftragslage, Auftragseingang, Umsatz und allgemeiner Entwicklung?
Der hohe Auftragsbestand aus dem Vorjahr sicherte eine sehr gute Auslastung für das Jahr 2023. Inflationsbereinigt bewegen sich sowohl der Umsatz als auch der Auftragseingang auf dem Niveau des Vorjahres. Nach einem ordentlichen 1. Quartal hat sich der Auftragseingang im 2. + 3. Quartal reduziert und auch die Anzahl an neuen Anfragen / Projekten ist merklich geringer geworden. Im letzten Quartal konnten wir einige wichtige Aufträge gewinnen. Dadurch ist unsere Auslastung und Beschäftigung für den Großteil des Jahre 2024 gesichert.

Allgemein ist durch die politische Weichenstellungen der aktuellen Regierung eine erhebliche Investitionszurückhaltung in Deutschland festzustellen. Wir sehen jedoch eine ganze Reihe von Projekten, vor allem von großen Unternehmen, welche mit der Verlagerung von Produktionsanlagen ins Ausland in Zusammenhang stehen. Die immer stärkere Bürokratisierung, auch aus der EU, belastet neben dem (Fach-) Arbeitskräftemangel die Geschäftstätigkeit. Immer wieder aufkommende Vorschläge zur Erhöhung der Steuern und Abgaben, weit über das derzeitige Maß hinaus, beschleunigen die Abwanderung der Industrie. 

Waren sie 2023 noch von Lieferketten-Problemen betroffen?
Im Laufe des Jahres hat sich die Situation wesentlich verbessert. Zwar sind die Engpässe speziell bei Bauteilen zur Automatisierung weiterhin vorhanden, aber die Situation kann durch die allgemein akzeptierte Verlängerung der Lieferzeiten gelöst werden. Wir beschaffen bevorzugt bei Lieferanten in Deutschland. Dies hat sich für uns daher nicht stark ausgewirkt.

Welche Rolle spielen für Ihr Unternehmen die Entwicklungen auf dem Energiesektor?
Viele unsere Kunden haben Projekte zur Umstellung ihrer Anlagen von Gas/Öl auf Elektrizität initiiert. In vielen Unternehmen ist die Lackieranlage ein großer, wenn nicht der größte Energieverbraucher in der Produktion. Da die Strom- und Energiekosten schon seit Jahren erheblich steigen, sind moderne Anlagen auf geringe Energieverbräuche ausgelegt. Für uns selbst spielt der Energiepreis in der Produktion eine untergeordnete Rolle. Wir haben aber smarte Konzepte zur Reduzierung des Energiebedarfs für unsere Anlagen entwickelt und können so bis zu 80% einsparen.

Mittelfristig befürchte ich eine De-Industrialisierung Deutschlands und damit das Wegbrechen des wirtschaftlichen Rückgrats unsere Gesellschaft. Insgesamt schätze ich die von der EU und der Bundesregierung vorgegebene Ziele als unrealistisch ein. Ein Festhalten wird, schneller als erwartet, zum rasanten Abstieg Deutschlands führen. Dabei schadet die Verlagerung dieser Produktion und der Arbeitsplätze dem Ziel der globalen CO2-Reduktion und besserem Umweltschutz sogar. Die Idee, Vorbild für die Welt zu sein, indem das Land massiv geschädigt wird, halte ich für absurd und wirklichkeitsfremd.

Welche Erwartungen haben Sie für 2024, was die Energiepreise angeht?
Die Entwicklung hängt stark von Angebot und Nachfrage ab, und damit vom Wetter. Die Erhöhung der CO2-Abgabe verteuert ab Januar die Energie, ebenso wie die Mauterhöhung zusätzlich. Notgedrungen verlassen wir uns auf eine stabile, ggfs. treuere, durch die Netzbetreiber. Die von uns benötigten Mengen sind dabei überschaubar.

In welchen Bereichen profitieren Sie gegebenenfalls von der verstärkten Nachfrage nach ressourceneffizienteren Prozessen/Anlagentechnik?
Unsere modernen Lösungen ermöglichen, zusammen mit effizienter Anlagentechnik gegenüber Altanlagen, erhebliche Einsparungen der Energiekosten. Somit erwarten wir bei in Europa investierenden Unternehmen eine Reihe von Ersatzinvestitionen.

Inwiefern betrifft sie das im Raum stehende Beschränkungsverfahren für PFAS?
Wir verwenden im Bereich von Dichtungen, welche resistent gegenüber aggressiven Medien sind, solche Materialien. Hier sind derzeit noch keine Alternativen vorhanden und dies kann dazu führen, dass einige Kunden ihre Anlagen in Europa nicht mehr betreiben können. Es ist ein weiteres Beispiel für die Ignoranz der Politik gegenüber den Bedürfnissen der Industrie. Sollte das Vorhaben unverändert umgesetzt werden, sind in betroffenen Bereichen Produktionsverlagerungen unvermeidlich.
Eine Einflussnahme kann nur über die Bundesregierung erfolgen. Meine Hoffnungen und Erwartungen sind hier jedoch äußerst gering.

Welche Erwartungen haben Sie für dieses Jahr bezüglich der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung, sowohl auf europäischer als auch auf globaler Ebene? Was erwarten Sie speziell für die Tätigkeitsfelder Ihres Unternehmens?
Insgesamt befinden wir uns in Europa und den westlichen Staaten in sehr volatilen Zeiten. Global werden die durch das anhaltende Wachstum der Weltbevölkerung geförderten Trends weiterhin bestimmend sein. Die absolute Mehrheit der Menschen lebt in sich entwickelnden Ländern. Diesen Menschen können wir nicht verwehren, sich um die Erfüllung ihrer Basisbedürfnisse (Lebensmittel, Gesundheit, etc) sowie die Steigerung ihres Lebensstandards zu bemühen. Diese Entwicklung ist die Grundlage für den anhaltenden Bedarf für die mit unseren Anlagen und Dienstleistungen produzierten Güter.

Die Nachfrageseite sehe ich als intakt an. Für unser hauptsächlich in Europa aktives Unternehmen gilt es, weiter Nischen zu finden, welche langfristig in Europa bestehen. Dabei helfen wir den Kunden, mit maßgeschneiderten Automatisierungslösungen die Effizienz und Effektivität ihrer Anlagen zu verbessern. Nach dem aktuellen Rückgang der Inflation in Europa erwarte ich jedoch im nächsten Jahr eine neue Erhöhung. Die Daten werden die Zinsentscheidungen der EZB und FED im Laufe des Jahres bestimmen. Insbesondere die Branchen im baunahen Bereich stehen vor schwierigen Zeiten. Hier ist auch eine zunehmende Zahl von Insolvenzen zu befürchten. Als mittleres Unternehmen setzen wir auf Flexibilität und Kundennähe, um auch in Zukunft erfolgreich zu sein.

Welche Entwicklung erwarten Sie im nächsten Jahr auf dem Arbeitsmarkt?
Die demographische Situation in Deutschland verhindert einen Anstieg der statistischen Arbeitslosigkeit. Analog zum Rückgang der Bautätigkeit werden sicherlich Arbeitskräfte in betroffenen Branchen freigesetzt. Ein Großteil davon wird die in den Ruhestand Tretenden in der Industrie ersetzen. Das grundsätzliche Problem des Facharbeitermangels wird dadurch nicht behoben. Wir versuchen mit Kollegen, die in Ruhestand gehen, wo möglich eine Teilzeitbeschäftigung zu vereinbaren. Hier ist absolut die Politik gefordert Modelle zu entwickeln, welche diese Beschäftigung für den Einzelnen attraktiv machen. Hier sehe ich die weitgehende Befreiung von Sozialabgaben, einen reduzierten Steuersatz und ähnliches als sinnvoll an.

Wir bieten seit vielen Jahren Ausbildungsplätze für sechs Berufe an. Hier müssen wir ganz nüchtern feststellen, dass sowohl die Anzahl wie auch die Qualität der Bewerber drastisch zurückgegangen ist. Das Interesse an einer Ausbildung in der klassischen Industrie ist nicht ausreichend. Grundsätzlich ist das Ausbildungswesen in Deutschland hervorragend aufgebaut und eine absolute Stärke des Standorts. Deutschland verdankt einen Großteil seines Wohlstandes dem gegenüber anderen westlichen Ländern sehr hohen Anteil der Industrie. Es liegt im Interesse der gesamten Gesellschaft, den Anteil dieser möglichst hoch zu halten.

Welche Erwartungen haben Sie generell für 2024, welche Herausforderungen sehen Sie?
Wir werden uns darauf konzentrieren in den von uns unmittelbar beeinflussbaren Feldern erfolgreich zu sein. Die Rahmenbedingungen sind sehr unsicher. Militärische Konflikte, Inflation und Zinsbewegungen, überbordende Bürokratie und völlig unrealistische Ziele einer Transformation stellen große Herausforderungen dar. Zudem kann jederzeit eine weitere, aktuell nicht erkennbare krisenhafte Situation, auftreten. In diesen Zeiten wäre eine politische Führung mit Erfahrung und wirtschaftlichem Sachverstand zwingend notwendig. Die im Jahr 2024 anstehenden Wahlen in Europa, USA und in einigen Bundesländern bieten den Wählern die Gelegenheit, diejenigen Politiker und Parteien zu wählen, die ihre Interessen vertreten. Im Ergebnis erwarte ich eine deutliche Änderung der politischen Verhältnisse in Deutschland, aber auch in Europa.