Widerstand ist nicht zwecklos

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Es hat etwas von einem lästigen Déjà-vu, was derzeit aus Brüssel an Vorschriften und Regulierungen kommt. Menschen mit Insiderwissen sagen über Donald Trump, man solle nicht auf das schauen was er sagt, sondern was er tut. Wendet man dieses Prinzip auf EU-Instanzen und Kommissionen an, liegt die Schlussfolgerung nahe, dass eine nachhaltige, wettbewerbsfähige und florierende Industrie in etwa dem Gegenteil von dem entspricht, was man dort erreichen will.

Da ist es eine erfreuliche Nachricht, dass die Allgemeingültigkeit der ChromVI-Autorisierungspflicht für die Galvanotechnik erfolgreich in Frage gestellt wurde: Ein Gericht kam unlängst zu dem Ergebnis, dass die ChromVI-Anwendung eines klagenden Unternehmens nicht autorisierungspflichtig ist. Ein bemerkenswertes Urteil. 

Aber auch das anstehende PFAS-Verbot und die Vorschriften zum Mikroplastik beschäftigen die Betriebe und waren Thema des 30. Lacktreffs des VDL. Die Branche ist bereit, sich den Herausforderungen zu stellen und die Umwelt nach Kräften zu entlasten. Doch was aus Brüssel an Verbotsvorschlägen auf die deutsche Industrielandschaft zurollt, erscheint vielfach weder technisch umsetzbar noch wirtschaftlich tragbar. Ein Konsens der Diskussion während der Veranstaltung war, dass Differenzierung statt Pauschalisierung notwendig ist. Denn PFAS ist nicht gleich PFAS und es ist absurd, funktionale, nicht persistent wirkende Substanzen mit denselben Maßstäben zu bewerten wie langlebige Umweltgifte. Das schützt dann nicht die Umwelt, sondern funktioniert hauptsächlich als Technologiebremse.

Auch die anstehenden Regelungen zum Thema Mikroplastik sind ein Beispiel für eine Bürokratielawine mit bestenfalls zweifelhafter Wirksamkeit. Die Berichts- und Informationspflichten für Unternehmen, die „synthetische polymere Mikropartikel“ verarbeiten, haben es jedenfalls in sich – selbst wenn diese später in Beschichtungen fest eingeschlossen sind. 

Gerade für kleine und mittlere Unternehmen bedeutet jede weitere Regulierung aus Brüssel einen existenziellen Kraftakt. Besonders frustrierend ist, dass die Urheber der bürokratischen Bürden kein Interesse zeigen, fundiert zu prüfen, welche praktikablen und wirtschaftlichen Substitutionsmöglichkeiten die Betriebe tatsächlich haben. Der in Brüssel so gerne zitierte Gleichklang von Nachhaltigkeit, Innovation und Wirtschaftlichkeit bleibt so eine Floskel.

Fakten für sich sprechen lassen

Dabei gibt es genügend Beispiele, die zeigen, dass sich Fortschritt, Sicherheit und Nachhaltigkeit gemeinsam realisieren lassen. Auch in dieser Ausgabe stellen wir entsprechende Anwendungen vor. Zum Beispiel mit dem Titelthema Luftfahrtindustrie – eine Branche, die traditionell höchste Anforderungen an Qualität und Rückverfolgbarkeit stellt und inzwischen zunehmend auch bei geringen Stückzahlen auf automatisierte Systeme setzt (Seite 10 in der Juni-Ausgabe der mo). Vielversprechend ist auch das großflächige Laserstrukturieren von Oberflächen, wodurch eine physikalische Funktionalisierung ohne chemische Zusatzstoffe möglich wird (Seite 23 in der Juni-Ausgabe der mo). 

Doch die Fähigkeit der Unternehmen, solche Fortschritte zu erzielen, droht zunehmend durch einen regulatorischen Überbau erschwert zu werden, der nicht nur Kapazitäten bindet, sondern auch durch unpraktikable Auflagen ausbremst.

Es zeichnet sich ein nachhaltiger Vertrauensverlust zwischen Industrie und behördlichen Instanzen ab. Viele Unternehmen fühlen sich übergangen, ein konstruktiver Dialog auf Augenhöhe ist verloren gegangen. Ein Teilnehmer des Lacktreffs formulierte es offen: „Wir erleben eine Regulierungswelle ohne realistische Umsetzungsstrategie!“
Dass Nachhaltigkeit keine Option, sondern eine Notwendigkeit ist, haben die meisten Unternehmen inzwischen verinnerlicht. Was fehlt, ist ein regulatorischer Rahmen, der diesen Weg begleitet – statt ihn mit pauschalen Vorgaben zu versperren.

Wenn die Behörden nicht dialogbereit sind, gilt es, alle demokratischen Mittel auszuschöpfen – durch offensive Öffentlichkeitsarbeit und auch Gerichtsprozesse. Das Beispiel des klagenden ChromVI-Anwenders zeigt: Gerichte sind durchaus in der Lage, den Fakten Rechnung zu tragen und teilen nicht zwangsläufig eine Rechtsauffassung, wie sie die Brüsseler Doktrin impliziert. 

In diesem Sinne: Lassen Sie sich nicht alles gefallen! 

 

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