Nicht wenig davon, was im politischen Raum als Transformation verkauft wird, entpuppt sich im betrieblichen Alltag als lähmende Mischung aus kleinteiliger Regulierungswut, ideologischer Fixierung und der ungezügelten Freiheit der Behörden, die Unternehmen mit
Verwaltungsauflagen zu überhäufen. Offensichtlich gibt es keinerlei Verpflichtung für unsere Behörden, den Nutzen ihrer Maßnahmen objektiv zu verargumentieren. Spätestens wenn im Mittelstand Berichtspflichten zur Hauptbeschäftigung von Geschäftsführern werden und die Anzahl der Mitarbeiter in der Verwaltung schneller steigt als in der Fertigung, geht das auch erfolgreichen Unternehmen an die Substanz.
Lars Baumgürtel, geschäftsführender Gesellschafter der ZINQ Gruppe, bringt es im Interview (ab Seite 10 der April-Ausgabe) auf den Punkt: Bürokratie, Unsicherheit und planwirtschaftlich anmutende Förderpolitiken gefährden die Wettbewerbsfähigkeit der mittelständischen Industrie in Deutschland – und mit ihr das wirtschaftliche Rückgrat unseres Landes.
Unternehmen handeln - wenn sie nicht daran gehindert werden
Für die gesamte energetische Transformation des industriellen Mittelstandes bis 2030 stehen gerade einmal drei Milliarden Euro zur Verfügung. Dafür fließen jährlich über 20 Milliarden Euro in die Förderung erneuerbarer Energien. Von dem so subventionierten Strom werden allerdings große Mengen mangels Netzinfrastruktur buchstäblich verklappt.
Diese Groteske offenbart eine Realitätsferne und Prioritäten, die eine Volkswirtschaft, die im internationalen Wettbewerb bestehen will, sich nicht leisten kann. Es fehlt ein industriepolitischer Kompass, der sich nicht an Modellen und Moralismus orientiert, sondern an Wirkung und Wettbewerbsfähigkeit. Denn die Unternehmen handeln längst – oft schneller als die Politik. Was ihnen fehlt, ist ein Umfeld, das dies nicht ausbremst, sondern unterstützt. Baumgürtel fordert daher zu Recht: Wir müssen das System neu denken – nicht nur strom-, sondern auch energieträgerbezogen. Was vor allem fehlt, ist ein realistischer, technologieoffener Fahrplan.
Wir brauchen also eine wirtschaftspolitische Kehrtwende: Weg vom Verwaltungsfetisch, hin zu einem funktionalen Staat. Weg von kleinteiligen Förderkulissen, hin zu strukturellen Verbesserungen. Die Zeit drängt. Die Unternehmen sind bereit. Die Politik sollte es endlich auch sein.
CB
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