dfo: Die Farbtöne von Effektlacken genau bestimmen

Farbtonunterschied Fassadenplatten
Abb.1: Verschiedene Gutachter kamen zu unterschiedlichen Messergebnissen des Farbtonunterschieds bei einem Effektlack auf dekorativen Platten im Fassadenbau (Bild: dfo)

Effektlacke sehen toll aus, stellen bei der Beschichtung aber meist höhere Anforderungen an den Beschichter. Auch beim Thema Farbtonmessung erfordern sie mehr Knowhow – was sogar manchmal Gutachtern fehlt.

Zur Bestimmung des gewünschten Farbtons werden häufig Designmuster, Urmuster, standardisierte Farbwerte oder Vergleichsbeschichtungen herangezogen. Da der Vergleich des Farbtons dabei mit dem Auge nur subjektiv erfolgen kann, ist die Farbmetrik ein objektives Hilfsmittel, um die visuelle Beurteilung von Farbtonunterschieden zu verifizieren.

Bei der Farbmetrik wird der Farbton seit vielen Jahren mit Hilfe des CIELAB-Farbraums spezifiziert. In diesem dreidimensionalen Farbraum lässt sich jeder Farbton mit nur drei Messwerten zuordnen (L- (Helligkeit), a- (rot-grün) und b- (blau-gelb) Werte). Will man Farbtöne untereinander vergleichen, so errechnet sich der Gesamtfarbabstand innerhalb des CIELAB-Farbraums gemäß der folgenden Formel.

Zur Messung des Farbtons werden Farbmessgeräte verwendet. Wie bei allen Mess- und Prüfgeräten ist bei der Anwendung die entsprechende Fachkenntnis des Anwenders gefragt, um Fehlanwendungen und unnötige Messfehler zu vermeiden. Der folgende Beratungsfall der DFO Service GmbH zeigt, dass die falsche Anwendung von Farbmessgeräten zu erheblichen Problemen führen kann.

Bei dekorativen Platten im Fassadenbau kam es zu starken visuell wahrnehmbaren Farbtonunterschieden der einzelnen Platten (siehe Abbildung 1). Bevor man die DFO beauftragte, waren bereits zwei Gutachter zurate gezogen worden, die bei den jeweiligen Farbmessungen auf Basis ihrer Messergebnisse zu unterschiedlichen Schlussfolgerungen gekommen waren. Der erste Gutachter stellte lediglich einen minimalen Farbtonunterschied fest, welcher in einem noch tolerablen ΔE resultierte. Der zweite Gutachter fand einen erheblichen Farbtonunterschied mit einem nicht mehr akzeptablen ΔE.

Messmethode richtig wählen

Nun galt zu klären, welcher der beiden Gutachter zum korrekten Ergebnis gekommen war. Hierzu wurde Ernst-Hermann Timmermann, Geschäftsführer der DFO und öffentlich bestellter Sachverständiger für Lackierungen und Pulverbeschichtungen sowie Lackieranlagen, als weiterer Gutachter hinzugezogen. Schnell wurde klar, dass beiden vorangegangenen Gutachtern ein typischer aber gravierender Fehler bei der Messung unterlaufen war.

Der Gutachter, der anhand seiner Messwerte keinen signifikanten Farbtonunterschied festgestellt hatte, hatte nicht beachtet, dass es sich bei der zu beurteilenden Beschichtung um einen Effektlack handelte und führte die Messung mit einem sogenannten Einwinkelfarbmessgerät durch. Bei einer Messung mit einem Einwinkelfarbmessgerät wird der Farbton meistens im 45°-Winkel vermessen. Dies ist bei Unifarbtönen ausreichend, da das einfallende Licht diffus gestreut wird, also winkelunabhängig mit relativ gleichmäßiger Intensität – der Farbton ist also immer nahezu identisch, unabhängig davon, aus welchem Winkel man die Oberfläche betrachtet. Demnach ist bei Unifarbtönen ein Farbmessgerät mit nur einem Messwinkel völlig ausreichend, um den Farbton zu vermessen. Der Farbton eines Effektlackes, zum Beispiel bei Metallic- Farbtönen oder Perlglanzfarbtönen, ist hingegen abhängig vom Betrachtungswinkel. Aus diesem Grund muss ein Mehrwinkelfarbmessgerät angewendet werden, bei dem der Farbton meist über die Messwinkel 15° / 25° / 45° / 75° und 110°, teilweise auch -15° vermessen wird (siehe Abbildung 2).

Je nach Intensität des Farb- oder Helligkeitswechsels können sich die Messwerte der jeweiligen Messwinkel mehr oder weniger stark voneinander unterscheiden. Da es sich in diesem Streitfall um eine Effektbeschichtung handelte, wurden die Messungen der DFO auch mit einem Mehrwinkelfarbmessgerät durchgeführt und letztlich stark differierende Messwerte bei den Betrachtungswinkeln 15° und 25° zwischen den verschiedenen Platten gemessen.

Bei dem ebenfalls gemessenen Werten des 45°-Messwinkels, der auch meist bei Einwinkelmessgeräten verwendet wird, zeigten sich keine gravierenden Unterschiede. Die Verwendung eines 45°-Einwinkelmessgerätes wurde vom ersten Gutachter bestätigt, was erklärt, dass er zu dem Ergebnis kam, dass keine Farbtonunterschiede festzustellen waren.

Der zweite Gutachter verwendete ein Kugelspektralfotometer mit einer sogenannten d/8° Messgeometrie, bei der die Probe diffus beleuchtet wird. Hierbei handelt es sich ebenfalls um eine für Effektbeschichtungen ungeeignete Messmethode. Als Ergebnis sind folglich eher zufällig Farbtonwerte gemessen worden, die in einem inakzeptablem ΔE resultierten.

Fazit

Beide Gutachter haben mit ungeeigneten Messmethoden gearbeitet. Die Messergebnisse des Mehrwinkelmessgerätes, mit dem die DFO gemessen hatte, bestätigten jedenfalls teils deutliche Farbtonabweichungen mit inakzeptablen ΔE-Werten in den Betrachtungswinkeln 15° und 25°. Bei Farbmessungen muss vor der Auswahl eines Farbmessgerätes immer geklärt werden, um welche Art von Farbton es sich handelt und welche Messmethode dafür geeignet ist.

Fehlerbid des Monats

In dieser Rubrik berichtet die Deutsche Forschungsgesellschaft für Oberflächenbehandlung (DFO) e.V. über aktuelle Schadensfälle aus der Praxis, die von der DFO aufgeklärt wurden. Ziel ist es, Anregungen zu geben, wie Fehlerbilder interpretiert werden können und welche Ursachen für außergewöhnliche Beschichtungsfehler infrage kommen. Deutsche Forschungsgesellschaft für Oberflächenbehandlung (DFO) e.V., Neuss Heike Schuster, Tel. +49 2131-40811-28 schuster@dfo-online.de www.dfo-service.de