Vorrichtung, mit der die galvanische Metallschicht auf das Wälzlager abgeschieden wird: Ein spezielles System aus Antriebs- und Kontaktrollen ermöglicht eine kontaktstellenfreie Beschichtung (Bild: Fraunhofer IPA)

Zukunftsweisende Beschichtung für robustere Wälzlagerringe

(Nov. 2019/OM) - Mit neuartigen galvanischen Schichten wollen Forscher Wälzlager gegen Korrosion so robust machen, dass Gehäuse und Schmiermittel überflüssig werden. Die Energieeffizienz von Windkraftanlagen könnte dadurch um bis zu 30 Prozent gesteigert werden.

In Rotoren von Windkraftanlagen befindliche Wälzlager sind enormen Reibungskräften ausgesetzt. Der Feuchtigkeits- und Salzgehalt der Luft ist in Offshorewindparks und an Standorten, die nahe der Küste liegen, sind besonders hoch. Dies verstärkt zusätzlich die Korrosion des Stahls, aus dem die Bauteile hergestellt sind. Bisher hält man den Verschleiß mit Öl und anderen Schmierstoffen gering. Bei Einsätzen in aggressiven Medien wie Meerwasser, Säuren oder auch Laugen bieten abgedichtete Gehäuse guten Schutz. Doch Einhausungen mindern durch Reibungsverluste die Energieeffizienz der gesamten Anlage um bis zu 30 Prozent.

Im Forschungsprojekt Poseidon II sind Wissenschaft und Industrie deshalb gemeinsam auf der Suche nach Wälzlagerwerkstoffen, Beschichtungen und Oberflächenbehandlungsverfahren, die auch ohne Schmierstoffe und Einhausungen eine lange Lebensdauer der Wälzlager ermöglichen. Denn nur so können aufwendige und teure Wartungsarbeiten vermieden werden. Einen Lösungsweg beschreiten die Forscher der Abteilung Galvanotechnik des Fraunhofer IPA mit der Entwicklung hauchdünner galvanischer Schichten aus Nickel und anderen chemischen Elementen.

Nickel-Wolfram schneidet am besten ab

Eine Legierung aus Nickel und Wolfram, mit der herkömmlicher Wälzlagerstahl beschichtet wird, hat sich bei den bisherigen Untersuchungen in Stift-Scheibe-Versuchen als am wenigsten anfällig für Verschleiß und Korrosion erwiesen. Für den Einsatz in Offshore-Windparks und Gezeitenkraftwerken könnte diese Legierung also geeignet sein. »Wir prüfen aber auch Verbindungen wie Nickel-Kobalt, Nickel-Zinn, Nickel-Molybdän oder Nickel-Phosphor. Denn extreme Betriebsbedingungen und hohe Energieverluste durch Reibung gibt es auch fernab der Küste und sie betreffen Gaspipelines, Pumpen, Kompressoren oder sogar den Antrieb von Elektrofahrzeugen«, sagt Katja Feige, die die Gruppe Galvanische Prozesse und Werkstoffe am Fraunhofer IPA leitet.

Galvanisieren ohne festen Auflagepunkt

Doch nicht nur die Suche nach den jeweils besten galvanischen Schichten beschäftigt die Forscher am Fraunhofer IPA, sondern auch die nach einem neuen Verfahren, mit der die galvanische Metallschicht auf das Wälzlager abgeschieden wird. Herkömmliche Galvanikgestelle haben nämlich einen entscheidenden Nachteil: „An den Stellen zur elektrischen Kontaktierung des Lagerrings wird die aufgebrachte Metallschicht gestört“, warnt Feige. „Genau da kann dann die Korrosion ansetzen.“ Die Wissenschaftler haben deshalb eine Anlage für die vollflächige Lagerringbeschichtung entwickelt. Ein spezielles System aus Antriebs- und Kontaktrollen ermöglicht eine kontaktstellenfreie Beschichtung.

Wenn Wälzlager in Zukunft weder Gehäuse noch Schmiermittel brauchen, um unter extremen Betriebsbedingungen zu laufen, spart das nicht nur Ressourcen und erhöht die Energieeffizienz der Anlage. Es kann auch kein Schmieröl mehr austreten, zu Verunreinigungen führen und so die Umwelt schädigen. Langlebige Lagerringe, die unter aggressiven Bedingungen – wie im oder in der Nähe von Meerwasser – eingesetzt werden, können somit auch einen Beitrag zur Energiewende leisten.

► Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA

www.ipa.fraunhofer.de