Schichtsysteme in der Elektronik

Chemisch Nickel Legierungen als wichtige korrosionsfreie High-End-Oberflächenveredelungen

Mit dem neuen Fischerscope X-Ray XDV-μ mit DPP+ können typische Goldschichten mit Schichtdicken unter 100 nm mit einer Präzision von <1 nm in weniger als 10 Sekunden gemessen werden (Bild: istockphoto/chinaface)

Die Qualitätsprüfung wird in der industriellen Produktion immer wichtiger. Hochkomplexe Schichtsysteme und Bauteilgeometrien sowie die geforderte Präzision der Messergebnisse und die möglichst kurze Dauer der Messung sorgen für einen beständigen Innovationsdruck. Dies gilt auch für die Elektronikindustrie.

In der Elektronikindustire stellen Chemisch Nickel Chemisch Gold (ENIG) oder Chemisch Nickel Chemisch Palladium Chemisch Gold (ENEPIG) wichtige korrosionsfreie High-End-Oberflächenveredelungen für beschichtete Leiterplatten dar. Bei der Schichtdickenmessung mit einem Gerät mit digitalem Pulsprozessor DPP+ und Polykapillaren zeigt sich, dass die Messzeit deutlich reduziert werden kann, ohne Abstriche bei der Messpräzision hinnehmen zu müssen. Aufgrund seiner hohen Leitfähigkeit und moderaten Kosten ist Kupfer das bevorzugte Material in der Leiterplattentechnologie. Chemische Reaktionen mit der Atmosphäre oder ungeschützter Umgang führen zu unkontrollierten Alterungseffekten der Kupferoberfläche. Aus diesem Grund ist die Herstellung eines elektrischen Kontakts direkt auf Kupfer, zum Beispiel durch Löten, nicht prozesssicher. Als Lösung wurden Oberflächenbeschichtungen über der stromführenden Kupferschicht entwickelt.

Chemisch Nickel Chemisch Gold (ENIG oder Electroless Nickel Immersion Gold) und Chemisch Nickel Chemisch Palladium Chemisch Gold (ENEPIG oder Electroless Nickel Electroless Palladium Immersion Gold ) sind wichtige korrosionsfreie High-End-Oberflächenveredelungen für hochzuverlässige elektrische Kontaktierungen beziehungsweise Bondverbindungen. Hierbei ist die Dicke der einzelnen Gold (Au)-, Palladium (Pd)- und chemisch Nickel-Schichten ausschlaggebend für deren optimale Funktion und Langlebigkeit. Eine präzise Kontrolle dieser Schichten ist somit entscheidend. Die Goldschichtdicke ist relevant für den Kontaktwiderstand, die Palladium-Schicht dient als Diffusionssperre und trägt zur Optimierung der Bondeigenschaften bei. Die ENEPIG Palladium-Schicht verhindert auch, dass es zu einem so genannten Brown-Powder-Effekt kommt, bei dem sich ein brauner Kontaktbelag bildet und hohen Kontaktwiderstand verursacht. Dies kann ein Problem bei ENIG sein. Die gleichzeitige Minimierung der Materialkosten für die Gold- und Palladium-Beschichtungen sind aus wirtschaftlichen Gründen ein nicht zu vernachlässigender Aspekt – insbesondere durch die gestiegenen Rohstoffpreise für Edelmetalle.

Normen und Messtechnik

Der globale Verband für die Elektronikfertigung IPC veröffentlichte im Jahr 2021 die neueste Version der Norm IPC-4552 (ENIG /PCB) als IPC-4552B. Diese legt fest, welche Anforderungen für die Schichtdicke von ENIG bei Anwendungen wie Löten, Drahtbonden sowie als Kontaktoberfläche gelten. Es wird die aufgetragene Goldmenge spezifiziert zur Optimierung der Produktleistung. Eine genaue Qualitätskontrolle der Goldschichtdicke ist hierfür erforderlich. Der Nachweis einer geeigneten Qualitätskontrolle ist laut IPC-4552B und IPC-4556A durch eine Messmittelanalyse sicherzustellen. IPC-4552B (für ENIG) und IPC-4556A (für ENEPIG) definieren also die Anforderungen an Messgeräte zur Überprüfung der Schichtdicke. IPC-4552B erlaubt neu auch Reduction Assisted Immersion Gold (RAI Gold). Die ENIG-Abscheidung mit RAI Gold erfüllt die höchste Bewertung im Hinblick auf die Haltbarkeit der Beschichtung entsprechend der IPC-J-STD-003-Spezifikation für die Lötbarkeit von Leiterplatten.

Traditionell setzt man in der Elektronikindustrie, insbesondere in der Leiterplattentechnik, zur zerstörungsfreien Qualitätskontrolle auf Röntgenfluoreszenzgeräte. In IPC-4552B und IPC-4556A sind Messflecken bis zu 0,6 mm Durchmesser vorgesehen. Traditionell wurde diese Messaufgabe mit Kollimator-Geräten gelöst. Allerdings steigen die Anforderungen an Schichtsysteme stetig: Beschichtungen werden komplexer, dünner und auf kleineren Proben aufgetragen, so dass beispielsweise in der Galvanik Messflecken mit einer Größe von unter 0,3 mm benötigt werden. Komplexere Bauteilgeometrien bedingen einen größeren Abstand zwischen Messgerät und Probe und dünnere Beschichtungen bis in den nm-Bereich verlangen nach der Fähigkeit, sehr dünne Schichten zuverlässig zu messen.

 

Röntgenfluoreszenz-Messtechnik in der Elektronikindustrie

Eine Alternative, die diesen Herausforderungen gewachsen ist, sind Optiken mit so genannten Polykapillaren. Diese bestehen aus einem System mit einer großen Anzahl von hohlen Kapillarkanälen. Ihre Wirkungsweise beruht auf dem Effekt der äußeren Totalreflektion von Röntgenstrahlung an den inneren glatten Oberflächen der Kapillarkanäle, die aus Spezialglas bestehen. Dieser Optiktyp ermöglicht die Fokussierung von polychromatischer Röntgenstrahlung, also weißem Röntgenlicht. Je nach Anwendungsziel können einzelne Parameter der Optik optimiert werden. So ist es möglich, kleine Messflecke unter 100 µm mit sehr hohen Intensitäten zu erzeugen.

Messung von ENIG und ENEPIG

Für eine vergleichende Analyse wurden ENIG- beziehungsweise ENEPIG- Kalibrierstandards im Hinblick auf die erreichbare Wiederholpräzision der simultan gemessenen Schichtdicken bei einer Messzeit von 1...30 Sekunden vermessen. Der Vergleich basiert auf Werten, gemessen mit dem neuen Fischerscope X-RAYXDV-μ mit dem weiterentwickelten digitalen Pulsprozessor DPP+, und einem Fischerscope X-RAY XDV-μ mit DPP. Die verwendeten Geräte sind jeweils mit 50 mm2 Silizium-Drift-Detektoren (SDD), 20-μm halofreien Polykapillaren sowie Röntgenröhren mit Wolframanode ausgestattet. Die Leistungsfähigkeit wurde anhand der erreichten Wiederholpräzision für beide Geräte ermittelt und ins Verhältnis gesetzt. Der Zugewinn an Präzision ist in Grafik 1  für die unterschiedlichen Proben veranschaulicht. Eine Verbesserung von 50 Prozent entspricht einer Halbierung der Messunsicherheit. Der Vergleich zeigt, dass das Fischerscope X-RAY XDV-μ mit DPP+ bei festgehaltener Messzeit eine deutlich verbesserte Präzision für die Schichtdickenmessung von ENIG und ENEPIG-Metallstrukturen aufweist. Es kann abhängig von der Schichtdicke und der spezifischen Applikation eine Verbesserung der Präzision von etwa 20 bis 50 Prozent erreicht werden. Somit können typische Goldschichten mit Schichtdicken unter 100 nm mit einer Präzision von <1 nm in weniger als zehn Sekunden gemessen werden. Alternativ kann bei konstanter Präzision im Vergleich zum Vorgänger XDV-μ mit DPP die Messzeit signifikant reduziert und somit der Durchsatz entsprechend deutlich gesteigert werden.

Das neue Röntgenfluoreszenzgerät ist ideal geeignet für die Qualitätskontrolle in der Elektronikindustrie, da dort Chemisch Nickel Chemisch Gold (ENIG) oder Chemisch Nickel Chemisch Palladium Chemisch Gold (ENEPIG) wichtige korrosionsfreie High-End-Lösungen für beschichtete Leiterplatten darstellen und man diese mit dem XDV-µ schnell und präzise messen kann.

 

Helmut Fischer GmbH Institut für Elektronik und Messtechnik
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