Mehr Produktivität für Hydraulikzylinder

Effizientere Nasslackbeschichtung mit Elektrostatik

Grundierung applizieren
Ein Großteil der Hydraulikzylinder erhält nur eine Grundierung, deshalb erfolgt diese automatisiert, während die Decklackierung manuell erfolgt (Bild: Wagner)

Bei der KMF-Maschinenfabrik wurden Hydraulikzylinder für Land- und Baumaschinen bisher ausschließlich manuell beschichtet. Eine umfangreiche Modernisierung führte nun zu erheblichen Verbesserungen bei Qualität und Produktivität.

Die Maschinenfabrik KMF ist ein mittelständisches Maschinenbauunternehmen in Kempten im Allgäu. Mit rund 200 Mitarbeitern produziert die KMF seit 2002 hochwertige Hydraulikzylinder für die Land- und Baumaschinenindustrie, außerdem Schnellwechselplatten für Rad- und Teleskoplader sowie kundenspezifische hydraulische Baugruppen. Nach der Gründung 1954 begann KMF als Zuliefer- und Komponentenwerk der Firma Fendt. Das Kerngeschäft ist die Produktion von Front- und Heckkrafthebern für Nutzfahrzeuge des Agrarsektors.

Am Standort Kempten gibt es eine hohe Fertigungstiefe – unter anderem findet hier auch die Oberflächenbeschichtung statt, die für einen robusten Korrosionsschutz der Zylinder entscheidend ist. Die KMF hat diesbezüglich einen entsprechend hohen Anspruch an die Lackierung. Gefordert sind geschlossene und glatte Oberflächen, gleichmäßige Schichtdicken und ein hoher Glanzgrad. Bisher wurden die Werkstücke dort von Hand beschichtet. Bernhard Wirnharter, Mitglied des Projektteams bei der KMF, blickt zurück: „Die alte Lackieranlage stammte noch aus den 1960er Jahren und das Verfahren war einfach nicht mehr wirtschaftlich genug. Um die Produktion effizienter zu machen, haben wir den Beschichtungsprozess daher in Teilen automatisiert.“

Im März 2020 investierte das Unternehmen etwa 4 Millionen Euro in den Bau einer neuen, 800 Quadratmeter großen Produktionshalle inklusive einer modernen Nasslackieranlage mit Applikations-, Dosier- und Mischtechnik von Wagner. Eine Pulverbeschichtung stand in der Diskussion, kam aber nicht in Frage, da die bereits verbauten Teile, darunter auch Dichtungen, den hohen Temperaturen beim Aushärten des Lackes nicht standhalten würden. Ziel der KMF war es, die Ressourcen bestmöglich einzusetzen. Außerdem sollte die Beschichtungstechnologie eine große Farbvielfalt ermöglichen, da die Bauteile häufig in der Markenfarbe des jeweiligen Kunden beschichtet werden.

 

2 K Farbversorgung
Die Farbversorgung wurde gründlich modernisiert mit der 2K Smart Misch- und Dosieranlage sowie modernen Hochdruckpumpen (Bild: Wagner)

Nachhaltig mit High-Solid-Lacken

In der neuen Anlage fahren die Werkstücke an der Aufhängung mit einer Taktzeit von 7,5 Minuten nach der Waschanlage durch einen Haftwassertrockner und anschließend in die erste Lackierkabine, in der die Grundierung vollautomatisiert appliziert wird. Um die VOC-Emissionen zu reduzieren, sollte ursprünglich wasserbasierender Lack eingesetzt werden, wofür die Kabinenzuluft allerdings aufwändig konditioniert werden müsste, um den Wasserlack prozesssicher verarbeiten zu können. Dies wäre ein immenser Kostenfaktor gewesen. Aufgrund des einfacheren Handlings entschied sich die KMF daher für Lösemittellack. Um trotzdem Lösemittel einzusparen, kommen High-Solid-Lacke mit einem hohen Festkörperanteil zum Einsatz. Da diese Lacke ergiebiger sind als solche mit weniger Festkörperanteil, ist darüber hinaus der Verbrauch für Grundierung und Decklack niedriger, was zu einer Reduzierung der Kosten führt.

Vorbereitet wird die Grundierung mit der intuitiv bedienbaren, elektronischen Misch- und Dosieranlage 2K Smart. Die genaue Messung der Materialströme über Zahnradmesszellen und die präzise Dosierung sorgen für konstante und reproduzierbare Mischverhältnisse.

Für die Grundierung kommt die auf einem Roboter montierte AirCoat-Pistole GA 5000 EAC mit dem Steuergerät VM 5000 zum Einsatz. Durch die Elektrostatik und homogene Zerstäubung wird bei den großflächigen Hydraulikkomponenten ein sehr hoher Auftragswirkungsgrad mit wenig Overspray erzielt. Der weiche Sprühstrahl beschichtet auch Rundungen und schwer zugängliche Stellen sehr zuverlässig. Die AirCoat-Technologie trägt somit dazu bei, dass der Lösemittellack sparsam eingesetzt wird, was sowohl den VOC-Ausstoß als auch die Materialkosten senkt. „Die Automatikbeschichtung reduziert natürlich auch die Arbeitsbelastung der Lackierer: Wo früher ein Mitarbeiter den ganzen Tag mit Schutzausrüstung in der Grundierkabine stehen musste, übernimmt heute der Roboter die Arbeit“, zeigt sich Wirnharter von dem Konzept überzeugt.

In einer zweiten Kabine wird der Decklack manuell aufgetragen. Da nur 50 Prozent der grundierten Werkstücke einen Decklack benötigen, hatte sich die KMF dafür entschieden, aus wirtschaftlichen Gründen vorerst nur die Grundierung zu automatisieren. Auch bei der manuellen Applikation bringt die elektrostatische AirCoat-Pistole GM 5000 EAC – das Pendant zur Automatikversion – deutliche Vorteile und ermöglicht sehr effizientes Arbeiten und hochwertige Beschichtungsergebnis. Die Misch- und Dosieranlage 2K Comfort ermöglicht einen schnellen automatischen Farbwechsel. Ein großer Vorteil für die KMF, da insgesamt sechs verschiedene Farben regelmäßig im Einsatz sind. 2023 ist eine Erweiterung des Mischraums auf zehn Farbstationen geplant, um auch Sonderfarben einfach und effizient verarbeiten zu können. Für eine zuverlässige Farbversorgung sind mehrere Wagner Hochdruck-Kolbenpumpen installiert, die für einen stets gleichmäßigen Materialfluss mit niedriger Pulsation sorgen.

Elektrostatische AirCoat-Pistole
Der Roboter arbeitet mit der elektrostatischen AirCoat-Pistole GA 5000 EAC, wodurch sich der Auftragswirkungsgrad deutlich erhöht (Bild: Wagner)

Effizienz und Produktivität erhöht

Der automatische Farbwechsel für den Decklackauftrag trägt erheblich zu diesem Produktivitätsgewinn bei: Dauerte das Spülen, manuelle Wechseln und Anmischen der Farbe bei der alten Anlage 30 Minuten, beträgt die Rüstzeit mit der neuen 2K Comfort jetzt nur noch etwa fünf Minuten. Der schnellere Farbwechselprozess mit der automatischen Steuerung ermöglicht KMF nicht nur eine hohe Flexibilität und Farbvielfalt, sondern spart pro Woche auch rund 10 Arbeitsstunden ein. Ersparnisse zeigen sich auch beim Lösemitteleinsatz: Durch den effizienteren Farbwechsel und kürzere Leitungswege, die gespült werden müssen, wurden 2021 im Vergleich zum Vorjahr 1.500 Kilogramm Lösemittel eingespart. Der hohe Auftragswirkungsgrad der Elektrostatikpistolen führt außerdem zu einem geringeren Materialverbrauch.

Die neue Anlage steigerte die Effizienz deutlich, wie Wirnharter erklärt: „Früher haben wir täglich rund 1.500 Zylinder im 3-Schicht-Betrieb lackiert, inklusive Samstagsarbeit. Heute können wir dieselbe Menge von Montag bis Freitag im 2-Schicht-Betrieb abdecken.“ Damit führte die Modernisierung zu einem ganz erheblichen Produktivitätsgewinn und Einsparungen von Ressourcen, ganz abgesehen von der Entlastung der Mitarbeiter, was in Zeiten knapper Fachkräfte einen enormen Vorteil bedeutet.

Wagner-Group
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