Kupfer statt Silber

Stromerzeugung aus Solarenergie boomt wie nie – allerdings wird das Silber für die Leiterbahnen knapp.

Solarzellen Kupfer
Kupfer ist rund 100-mal günstiger als Silber. Die Gewinnung ist darüber hinaus deutlich umweltverträglicher und weniger energieintensiv. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Leitfähigkeit (Bild: Fraunhofer ISE)

Strom aus Solarzellen wird aus diesen über Metallbahnen abgeführt, die meist aus einer silberhaltigen Paste bestehen. Silber ist jedoch knapp und teuer. Auf der Suche nach Alternativen haben Forschende am Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE ein Galvanikverfahren entwickelt, das auf Kupfer setzt.

Kupfer ist nicht nur günstiger und besser verfügbar als Silber, es hat auch noch eine Reihe weiterer vielverprechender Vorteile. Das rötliche Metall soll bereits in wenigen Jahren für die Herstellung der nächsten Generation von Silicium-Solarzellen genutzt werden. Getestet wurde es jetzt bei zwei aussichtsreichen Kandidaten für die Solarzelle der Zukunft – TOPCon-Solarzellen und Silicium-Heterojunction-Solarzellen. Sie stehen in den Startlöchern, um den heutigen Solarzellenstandard PERC zu verdrängen.

Eine zentrale Säule der künftigen Energieversorgung wird die Photovoltaik sein – die inzwischen günstigste Technologie, um elektrischen Strom zu erzeugen. In Deutschland liegt ihr Anteil an der Stromerzeugung bereits bei rund zehn Prozent. Insgesamt sind derzeit etwa 65 Gigawatt Leistung installiert. Auch weltweit boomt die Solarstromerzeugung. Der jährliche Zubau hat sich in den vergangenen zehn Jahren von 30 auf derzeit rund 250 Gigawatt Leistung vervielfacht. Kumuliert ist inzwischen ein Terawatt Photovoltaikleistung installiert. Und das ist noch nicht alles: 2040 wird sich der jährliche Zuwachs auf drei Terawatt und mehr belaufen, so Fachleute – ein Plus von rund 1.100 Prozent.

Dieses Wachstum könnte jedoch schon vorher an seine Grenzen kommen. Der Grund: Für die Leiterbahnen und Kontakte derzeit marktgängiger Silicium-Solarzellen, die rund 90 Prozent des Marktes abdecken, wird knappes und teures Silber genutzt. Schon heute benötigt die Solarindustrie für die Produktion circa 15 Prozent des weltweit in Minen abgebauten Silbers. Das Wachstumspotenzial ist daher begrenzt, zumal es auch noch andere Nutzungen von Silber gibt. Beispiele sind die Elektromobilität und der Mobilfunk. Hinzu kommt der Kostenfaktor: Die Preise für das Edelmetall sind hoch, schon heute macht Silber rund 10 Prozent des Herstellungspreises für ein Photovoltaikmodul aus.

 

Alternatives Verfahren Kupfergalvanik

In der Photovoltaik suchen Forschung und Industrie aus diesem Grund fieberhaft nach Alternativen zu dem Edelmetall. Eine vielversprechende Lösung des Problems haben nun Forscherinnen und Forscher am Fraunhofer ISE gefunden: Kupfer. Das Metall ist weltweit deutlich besser verfügbar, etwa um den Faktor 1.000. Auch in Deutschland ist viel zu holen: Die Recyclingquote ist groß. Das verkürzt die Lieferketten und die Abhängigkeit von internationalen Rohstoffmärkten. Zudem ist Kupfer rund 100-mal günstiger als Silber. Die Gewinnung ist darüber hinaus deutlich umweltverträglicher und weniger energieintensiv. Ein wichtiger Aspekt, die Leitfähigkeit, schlägt auch positiv zu Buche.
Das Problem bisher war, dass Kupfer das Siliciummaterial schädigen kann, wenn es in dieses eindringt. Das reduziert die Leistung der Zelle. Diesen Nachteil vermeidet das Fraunhofer ISE nun mit einem neuen Galvanikverfahren. Wirkungsgrad und Leistung der so produzierten Solarzellen sind mindestens genauso hoch wie beim Einsatz von Silber, teilweise sogar etwas besser. Auswirkungen auf den Leistungsverlust durch Alterung, die sogenannte Degradation, hat das Verfahren nicht.

Eingesetzt werden soll das neue Verfahren in wenigen Jahren in der nächsten Generation von Solarzellen. Aussichtsreiche Kandidaten sind bifaziale TOPCon-Solarzellen und Silicium-Heterojunction-Solarzellen. Im Vergleich zur aktuellen Standardtechnologie, der PERC-Solarzelle, erhöht sich hier der Silberverbrauch pro Solarzelle, so dass der Einsatz einer silbersparenden Alternativtechnologie noch dringender gebraucht wird.

Einsatz bei TOPCon-Solarzellen

Beispiel TOPCon-Solarzellen: Im Rahmen zweier, durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Klima (BMWK) geförderter Projekte metallisierte ein Forschungsteam am Institut bifaziale TOPCon-Solarzellen mit galvanischen Nickel/Kupfer/Silber-Kontakten. Sie erzielten dabei einen Spitzenwirkungsgrad von 24 Prozent und lagen damit sogar um 0,5 Prozent höher als die beim Industriepartner mit Silber-Siebdruck metallisierten Vergleichszellen. Durch die Nickel/Kupfer/Silber-Verbindung reduzierten die Zellen den Silberverbrauch um mehr als 90 Prozent im Vergleich zu den Zellen mit gedruckten Silberkontakten.

Möglich macht dies unter anderem die Reduzierung der Laserkontaktöffnung auf bis zu 5 Mikrometer Breite. Auch in der industriellen Fertigung ermöglicht diese Galvanikmetallisierung signifikante Silbereinsparungen, ohne dass man Abstriche beim Wirkungsgrad machen müsste. Im Projekt wurden die am Fraunhofer ISE entwickelten Prozesse zur galvanischen Metallisierung auf Anlagen der Firma Rena Technologies GmbH auf ihre Industrietauglichkeit überprüft. Beide Partner arbeiten nun in einem Folgeprojekt an Prozessoptimierungen für weitere Wirkungsgradsteigerungen sowie der Weiterentwicklung der Anlagentechnik.

Inlinegalvanikabscheidung
Einseitige Inlinegalvanikabscheidung einer TOPCon-Solarzelle. Mittels Galvanikverfahren lässt sich der Silberverbrauch bei der Solarzellenerstellung entscheidend verringern (Bild: RENA Technologies GmbH www.rena.com)

Kupfer für Silicium-Heterojunction-Solarzellen

Das Fraunhofer ISE entwickelte neben den TOPCon-Solarzellen auch für die ebenso zukunftsträchtigen Silicium-Heterojunction-Solarzellentechnologie ein Verfahren zur galvanischen Kupfermetallisierung, das den Silberverbrauch verringert. Um die Technologie schneller auf den Markt zu bringen, wurde das Spin-off PV2+ GmbH gegründet. Es will bereits 2023 starten, gemeinsam mit Industriepartnern eine Pilotproduktion aufzubauen.

Die Kupferleiter der Silicium-Heterojunction-Solarzellen sind dank der genutzten Laserstrukturierung besonders schmal. Durch die extrem geringe Breite von nur 19 Mikrometern ist die Verschattung der lichtaufnehmenden Siliciumschicht geringer als bei den Silberbahnen. Das verbessert die Leistung und letztlich den Stromertrag. Für die Maskierung des Silicium-Wafers im Elektrolyt-Bad setzt die Industrie bisher teure Lacke oder Folien auf Polymer-Basis ein. Die Polymere, die bei der Galvanik zur Strukturierung der Abscheidung üblicherweise anfallen, konnten die Forschenden ersetzen. Sie nutzen stattdessen Aluminium zur Maskierung, ebenso wie Kupfer lässt sich dieses vollständig recyceln. Der doppelte Umstieg führt dazu, dass diese neuen Solarzellen nachhaltiger und deutlich kostengünstiger werden.

Galvanikverfahren können den Silberverbrauch bei der Solarzellenerstellung verringern. Nur so kann der erforderliche Ausbau der Solarstromerzeugung gestemmt werden. Genutzt werden sollen die neuen Verfahren für die nächste Generation von Solarzellen. Das wird dem Ausbau der Photovoltaik vorantreiben und der Photovoltaik-Branche einen Schub verleihen.

Dr. Sven Kluska, Dr. Thibaud Hatt

Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE
www.ise.fraunhofer.de