Reinigung und Vorbehandlung

Während bei der Reinigung Verunreinigungen von der entsprechenden Oberfläche ohne gezielte Beeinflussung des Substratwerkstoffes entfernt werden, hat die Vorbehandlung zur Aufgabe, die Effizienz nachfolgender Fertigungsschritte, wie z.B. Kleb-, Dicht- oder Lackierprozesse zu optimieren. Dafür müssen Verfahren verwendet werden, die die entsprechende Oberflächenrandschichte des Grundmaterials so beeinflussen, dass sich ihre Eigenschaften verändern. Das Ziel ist hierbei meist, eine Verbesserung der Haftung aufzubringender Dünn- oder Dickschichten zu erreichen. Diese materialverändernde Vorbehandlung wird auch als Aktivierung bezeichnet.

Zum einen wird hierzu die Oberfläche beispielsweise aufgeraut, um durch die Oberflächenvergrößerung bzw. die entstehenden Hinterschneidungen eine Mikroverklammerung des Schichtmaterials zu ermöglichen und die mechanische Adhäsion zu erhöhen. Zum anderen wird die Oberflächenenergie für eine gute Benetzbarkeit erhöht, was auch als Steigerung der spezifischen Adhäsion bezeichnet wird. Mit Oberflächenenergie sind die aufsummierten Differenzen der Bindungsenergien aller Atome im oberflächennahen Bereich gemeint. Da Oberflächenatome auf der freien Seite keine Bindungen mit ihresgleichen eingehen können, besitzen sie eine höhere freie Bindungsenergie und somit auch eine höhere Oberflächenenergie. Da die Oberflächenenergie nicht durch eine direkte Messung ermittelt werden kann, werden indirekte Messungen z.B. über die Benetzbarkeit der Oberfläche durchgeführt. Gängige Prüfverfahren hierfür sind die Wasserablaufprobe, der Sprühnebeltest, die Kontaktwinkelmessung und Prüfung mit Testtinten.

Je höher die Oberflächenenergie, desto besser lässt sich eine Oberfläche benetzen.

Darüber hinaus wird bei aktivierten Materialoberflächen auch eine Veränderung des Versagensverhaltens nach dem Fügen beobachtet. Während im Falle des Klebens von unbehandeltem Material ein Adhäsionsbruch, d.h. ein Bruch an der Grenzfläche zwischen Klebstoff und Oberfläche entsteht, erfolgt bei aktiviertem Material ein Kohäsionsbruch, d.h. ein Bruch innerhalb des Klebstoffs, oder ein Fügeteilbruch. Nach geeigneter Vorbehandlung wird die Klebefestigkeit deshalb idealerweise nicht durch Adhäsion, sondern durch die strukturelle Festigkeit des Fügeteils oder des Klebstoffes bestimmt. Durch eine geeignete Vorbehandlung der Oberflächen gelingt es auch, Materialien, die nicht oder nur schwer beschichtbar sind, mit einer haftfesten Schicht zu versehen. Das Verbundsystem aus Grundmaterial und Schicht gewinnt durch die Vorbehandlung an Festigkeit, Klimastabilität und Funktionalität.