Betrieblicher Arbeits- und Gesundheitsschutz in der Oberflächentechnik

Gesetze, Verordnungen, Technische Regeln und berufgenossenschaftliches Regelwerk

Während sämtliche Anforderungen in Bezug auf die Beschaffenheit von Geräten, Maschinen und Anlagen über Europäische Richtlinien (nach Artikel 114, bisher Artikel 95 des EG-Vertrages) bereits seit längerem im europäischem Recht verankert sind, greift in den letzten Jahren verstärkt auch im betriebsbezogenen, sozialen Arbeitsschutz die Rechtsetzungskompetenz der Europäischen Union nach Artikel 153, bisher Artikel 137 des EG-Vertrags, unter anderem mit der Konsequenz der Abschaffung der UVVen (s. o.). Allerdings steht es hier im Unterschied zu Beschaffenheitsanforderungen den Mitgliedsstaaten frei, die in den Richtlinien enthaltenen Regelungen national zu verschärfen; es handelt sich also um Mindestanforderungen. Vom Recht zur Verschärfung einzelner Anforderungen wurde auch in Deutschland in Einzelfällen Gebrauch gemacht. Europäische Richtlinien zum sozialen Arbeitsschutz werden in Deutschland als Gesetze oder Verordnungen umgesetzt. Eine Übersicht der wesentlichen staatlichen Regelwerke zeigt Anhang 2.

Die relevanten Gefährdungsarten in der Oberflächentechnik sind, immer in Abhängigkeit von den Eigenschaften des verwendeten Beschichtungsstoffes, der Brand- und Explosionsschutz und die Gesundheitsgefährdungen durch Umgang mit Gefahrstoffen. Daneben kommen die „üblichen“ Gefährdungsarten zum Tragen: Mechanische, elektrische und thermische Gefährdung und Gefährdung durch Lärm. Im Folgenden wird auf das Regelwerk zu den relevanten Gefährdungsarten eingegangen.

Betrieblicher Explosionsschutz

Eine der wichtigsten Veränderungen der letzten Jahrzehnte im betrieblichen Arbeitsschutz ist die am 3. Oktober 2002 in Kraft getretene Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV). Mit dieser neuen Verordnung wurde eine ganze Reihe europäischer Richtlinien in deutsches Recht überführt, unter anderem auch die Richtlinie 1999/92/EG, die den betrieblichen Explosionsschutz regelt. Gleichzeitig wurde eine Reihe von Einzelverordnungen aufgehoben und in die BetrSichV überführt.

Weiter konkretisiert werden die Anforderungen an den betrieblichen Explosionsschutz durch eine Reihe von Technischen Regeln zur Betriebssicherheit – TRBS, insbesondere die Reihe der TRBS 2152, die im Wesentlichen die Regelungsinhalte der Explosionsschutz-Regeln (EX-RL – BGR 104) übernommen hat. Da auch die Gefahrstoffverordnung Anforderungen zum Explosionsschutz enthält, sind diese Regeln inhaltsgleich als TRGS 720 ff veröffentlicht worden. Eine Liste der bis jetzt veröffentlichten TRBS enthält der Anhang 4.1, diese sind kostenlos unter www.baua.de herunterzuladen.

Die BetrSichV fordert in § 6 ein betriebsbezogenes Explosionsschutz-Dokument, in dem alle diesbezüglichen Gefährdungsermittlungen und Maßnahmen zusammenzufassen sind.
Wichtige Veränderungen für den Betreiber einer Lackieranlage ergeben sich in Hinblick auf Prüfungen von Arbeitsmitteln, deren Art und Umfang auf Basis der Gefährdungsbeurteilung vom Verantwortlichen selbst festgelegt werden sollen. Hier eröffnen sich vom Gesetzgeber gewollt Freiräume für die Unternehmen, die jedoch nur verantwortungsbewusst und nach sorgfältiger Risikobeurteilung genutzt werden sollten. Im Dezember 2006 sind in diesem Zusammenhang zwei Regeln zur Betriebssicherheit erschienen: die TRBS 1201 „Prüfungen von Arbeitsmitteln und überwachungsbedürftigen Anlagen“ und TRBS 1201 Teil 1 „Prüfungen von Anlagen in explosionsgefährdeten Bereichen und Überprüfung von Arbeitsplätzen in explosionsgefährdeten Bereichen“.

Hinweis

Um die Anwendung des genannten Regelwerks hinsichtlich der Prüfanforderungen für den Betreiber einer Lackieranlage zu erleichtern, wurde eine Handlungshilfe zu „Prüfungen an Lackieranlagen“ erarbeitet. Diese Handlungshilfe ist als VDMA Einheitsblatt 24365 erschienen.

Besonders hinzuweisen in Zusammenhang mit Prüfanforderungen auf Geräte (jetzt auch die „nichtelektrischen“, zum Beispiel Rührwerke und Pumpen) zur Verwendung in exgefährdeten Bereichen, welche häufig in Lackierbetrieben vorkommen. Diese Arbeitsmittel zählen nach BetrSichV zu den überwachungsbedürftigen Anlagen und sind einer Prüfung durch eine „befähigte Person“, und zwar vor erstmaliger Inbetriebnahme und wiederkehrend mindestens alle 3 Jahre, zu unterziehen. Für Altanlagen und -geräte gelten besondere Übergangsbestimmungen.

Die zur ehemaligen VbF (Verordnung über brennbare Flüssigkeiten) gehörenden Technische Regeln für brennbare Flüssigkeiten TRbF (Anhang 4.4) werden in naher Zukunft sukzessive vom Ausschuss für Betriebssicherheit (ABS) an die BetrSichV angepasst.

Von den zahlreichen berufsgenossenschaftlich Regeln und Informationsschriften (Anhang 6) bietet die BGI 740 „Lackierräume und -einrichtungen für flüssige Beschichtungsstoffe, bauliche Einrichtungen, Brand- und Explosionsschutz, Betrieb“ in der derzeit aktuellen Ausgabe 6/2008 einen umfassenden und verständliche Überblick zu den wesentlichen Anforderungen des Brand- und Explosions-schutzes. Es wird sowohl auf die wesentlichen Beschaffenheitsanforderung eingegangen als auch wichtige Informationen zum Betrieb gegeben, so ist zum Beispiel ein für kleine bis mittlere Betriebe geeignetes Muster des Explosionsschutzdokumentes enthalten.

Die BGI 764 „Elektrostatisches Beschichten“ informiert über alle betrieblichen Anforderungen aller elektrostatisch unterstützten Lackierverfahren für Flüssiglack, Pulver und Flock einschließlich Klebstoff. Es werden die wesentlichen Beschaffenheitsanforderungen an die Einrichtungen zum Versprühen und an die Sprühbereiche einschließlich aller notwendigen Prüfungen benannt. In einer kompletten Neuauflage dieser Informationsschrift (10/2009) wurde bereits die aktuelle Generation der Produktnormen für elektrostatische Lackiereinrichtungen berücksichtigt. Weitere Handlungshilfen, zum Beispiel Beispiele zur Zoneneinteilung und eine Muster-Prüfanweisung wurden ergänzt.